OLG Frankfurt: Versicherer haftet wegen Falschberatung und fehlerhafter Darstellung auf Rückabwicklung

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OLG Frankfurt zu X-PLAN: Versicherer haftet auf Rückabwicklung und Schadenersatz

Nachdem Klagen von enttäuschten Anlegern gegen Anbieter und Vermittler von Kapitalanlagen seit Jahrzehnten zur festen Praxis der Gerichte gehören, häufen sich in den letzten Jahren die Urteile, bei denen Schadenersatz wegen der Vermittlung von Lebensversicherungsprodukten begehrt wird.

Grundlegend waren dabei die Entscheidungen des BGH zum Bereich Clerical Medical, da seitdem gesichert ist, dass die Aufklärungspflichten sich an den von der Rechtsprechung entwickelten strengen Pflichten für Kapitalanlagen orientieren, wenn die Versicherung wirtschaftlich betrachtet der Kapitalanlage dient. Dies dürfte bei fondsgebundenen oder kapitalbildenden Lebensversicherungen der Regelfall sein.

Nun hat das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 04.09.2013 (7 U 135/12) die Grundsätze der Haftung und Verjährung der Schadenersatzansprüche konkretisiert.

Der Sachverhalt betraf die Vermittlung eines komplexen Anlageprodukts bei dem die Einzahlung in eine englische Lebensversicherung i.H.v. 250.000 EUR über ein langlaufendes Darlehen in Schweizer Franken finanziert wurde. Die Darlehensraten sollten über Auszahlungen der Lebensversicherung bedient werden. Schon kurz nach Vertragsschluss konnten die prognostizierten Auszahlungen nicht mehr gezahlt werden.

Die Klägerin hat den Vermittler vor dem LG und OLG Hamburg auf Schadenersatz in Anspruch genommen. Die Klage wurde wegen Verjährung abgewiesen.

Daraufhin verklagte die Klägerin den englischen Versicherer auf Erfüllung der vertraglich versprochenen Leistungen, hilfsweise auf Rückabwicklung der Beteiligung und Freistellung von etwaigen weiteren Schäden.

Das OLG legte die vertraglichen Vereinbarungen im Versicherungsschein entsprechend der Rechtsprechung des bereits mit ähnlichen Sachverhalten befassten BGH aus und lehnte die Erfüllungsansprüche ab.

Allerdings verurteilte das OLG den beklagten Versicherer auf Rückabwicklung des Vertrags und Freistellung von weiteren Schäden, insbesondere Ansprüchen der finanzierenden Bank.

Grundlage war dabei, dass der Versicherer auch schon vor der Einführung der Beratungspflicht in § 6 VVG im Jahre 2008 verpflichtet war, den Versicherungsnehmer über Struktur und Risiken der Anlage entsprechend der Rechtsprechung zu Kapitalanlage aufzuklären. Dem hat die Beratung bei Vertragsschluss nach Ansicht des OLG nicht genügt.

Das OLG sah auch keine Verjährung. Zwar habe die Klägerin schon kurz nach Vertragsschluss festgestellt, dass die prognostizierten Erträge nicht erwirtschaftet wurden. Sie hatte aber noch keine Kenntnis davon, dass der Versicherer mit Zinserträgen geworben hatte, die nach den eigenen Einschätzungen des Versicherers überhöht waren. Hierauf hätte der Versicherer aufklären müssen (BGH, Urteil vom 11.07.2012, IV ZR 271/10).

Das Urteil ist zu begrüßen und wird nur eines von vielen sein, die sich in Zukunft mit der Haftung für fehlerhafte Beratung und Produktdarstellung beim Vertrieb von Versicherungsprodukten beschäftigen werden. Denn in der Praxis kann festgehalten werden, dass eine Beratung nach den Grundsätzen des Kapitalanlagerechts nie erbracht wurden, auch, weil die Anbieter selbst streng zwischen Bankprodukten, grauem Kapitalmarkt und Versicherungen unterschieden und vielfach die Vertriebswege auch unabhängig von einander organisiert waren.

Aufgrund der schlechten Entwicklung der Versicherungsleistungen besteht auch ein wirtschaftlicher Anreiz für die Versicherungsnehmer, Schadenersatzansprüche auf Rückabwicklung geltend zu machen.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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