OLG Stuttgart entscheidet zur Verjährung von Ordnungswidrigkeiten

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Ist eine Ordnungswidrigkeit verjährt, bleibt kein Raum für die Prüfung, ob sich der Betroffene wegen Rechtsmissbrauchs auf die Unwirksamkeit einer Ersatzzustellung des gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheides berufen darf, da die Verjährung im Bußgeldverfahren nicht der Dispositionsfreiheit des Betroffenen unterliegt.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 240 Euro und ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt. Hiergegen legte der Betroffene Form-und fristgerecht Rechtsbeschwerde ein, die er mit der Sachrüge begründete. Die Rechtsbeschwerde hatte Erfolg.

Das OLG Stuttgart entschied, dass die Ordnungswidrigkeit verjährt ist. Das Amtsgericht hatte die Ansicht vertreten, Verjährung sei nicht eingetreten bzw. der Betroffene könne sich hierauf nicht berufen. Es schloss sich dabei der Rechtsansicht des OLG Hamm (Beschluss vom 27.01.2015, NStZ 2015, 525) an, wonach ein Betroffener sich wegen Rechtsmissbrauchs nicht auf die Unwirksamkeit einer Ersatzzustellung des gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheides soll berufen können, wenn er bei der Verwaltungsbehörde einen Irrtum über seinen tatsächlichen Lebensmittelpunkt bewusst und zielgerichtet unter Verstoß gegen die Meldegesetze der Länder herbeigeführt hat.

Dieser Rechtsansicht des OLG Hamm ist das OLG Stuttgart nicht gefolgt.

Im Strafprozess wie auch (§ 46 Abs. 1 OWiG) im Bußgeldverfahren entsteht mit dem Eintritt der Verjährung ein Verfolgungs- und Prozesshindernis, das von Amts wegen zu prüfen und bei dessen Vorliegen das Verfahren einzustellen sei. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 31 Abs. 1 OWiG werde durch die Verjährung die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Anordnung von Nebenfolgen ausgeschlossen. Sie unterliegt daher nicht der Disposition des Rechtsunterworfenen.

Zwar mag das Abstellen auf den Zeitpunkt der Zustellung in § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich den Zweck verfolgen, die Bußgeldbehörden zu zügiger Erledigung der Zustellungen anzuhalten und nicht dazu dienen, Betroffene, die gegen die landesrechtlichen Meldegesetze verstoßen, gegenüber anderen, die Meldegesetze beachtenden Betroffenen, zu bevorzugen (so OLG Hamm aaO Rn. 30 ff. m.w.N.). Indes steht es dem Gesetzgeber frei, wie er tatsächlich oder vermeintlich zögerlichem Verwaltungshandeln entgegenwirkt; insbesondere hätte – wohl rechtlich unbedenklich – die Möglichkeit bestanden, auf die Rechtzeitigkeit der Anordnung der Zustellung oder der Absendung des Bußgeldbescheids zur Zustellung abzustellen, wie es auch bei der Verjährungsunterbrechung durch die erste Anhörung bzw. deren Anordnung oder Bekanntgabe nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG allein auf das Handeln der Bußgeldbehörde und nicht darauf ankommt, dass oder wann der Betroffene von dieser Handlung erfährt oder erfahren kann.

(OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 1 Ss 732/16 –)

Quelle: juris


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