Online Coaching - Verträge häufig unwirksam - Geld zurück?

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Im Internet häufen sich Angebote für Coaching und Schulungen mit dem Schwerpunkt auf Geldverdienen oder Geldanlage, die oft wenig seriös sind und hohe Preise haben. Viele Kunden sind enttäuscht und suchen nach Möglichkeiten, sich vom Vertrag zu lösen und gegebenenfalls ihr Geld zurückzuerhalten. Rechtliche Unwirksamkeiten der Verträge können sich aus verschiedenen Gründen ergeben, wie beispielsweise mangelhafter Widerrufsbelehrung, arglistiger Täuschung oder Sittenwidrigkeit. Eine weniger bekannte Ausstiegsmöglichkeit bietet das Fernunterrichtsgesetz, das bei Online-Coachings oft Anwendung findet. Es schützt Verbraucher und auch gewerbliche Kunden, wenn keine entsprechende Zulassung vom Coach vorliegt. Rechtsanwalt Kim Oliver Klevenhagen empfiehlt, sich frühzeitig anwaltliche Hilfe zu holen, um eine individualisierte Beratung und eine erfolgversprechende Strategie für Rückforderungsansprüche zu entwickeln. Die Kanzlei AdvoAdvice vertritt bereits Klienten in gerichtlichen Verfahren gegen Coaching-Anbieter und bietet eine Ersteinschätzung sowie anwaltliche Begleitung an.

Es gibt immer mehr sogenannte Coaching- und Schulungsangebote im Internet. Über Social-Media und andere Kanäle werden gezielt Verbraucher oder Selbständige über speziell ausgespielte Werbung angesprochen und sodann, beispielsweise bei einem Telefonat oder einem Videoanruf, zum Abschluss eines Coaching-Vertrags gebracht. 

Die angebotenen Coachings weisen überwiegend einen Bezug zu dem Thema Geld verdienen oder Geldanlage auf. Meist ist die Rede von dem „schnellen Erfolg“ durch eine Persönlichkeitsschulung oder Geschäftsoptimierung, sei es im Multi-Level-Marketing oder im Rahmen der Vermittlung einer Methodik, die den eigenen Geschäfts- oder Anlageerfolg günstig beeinflussen soll. Leider ist es wie so oft der Fall, dass es an der tatsächlichen Seriosität solcher Angebote häufig mangelt oder ein Coaching in dieser angebotenen Form für das eigene Geschäftsmodell oder die eigene Anlagestrategie nur wenig oder gar nicht tauglich ist.

Solche Coachings sind in der Regel so ausgestaltet, dass ein Coach einer Vielzahl an Personen, z.B. bei Videoanrufen, eine Schulung zu einem bestimmten Thema gibt und den Kunden vermeintliches Wissen aus der Praxis vermittelt. Daneben werden den Kunden häufig auch Dokumente, wie Leitfäden oder auch Tests zum eigenständigen Lernen mitgegeben.

Die Preise für derartige Coachings reichen mitunter bis in den fünfstelligen Bereich. Neue Coaching Angebote im Netz gibt es quasi täglich. Viele YouTuber und Influencer haben dieses einträgliche Geschäftsmodell  für sich entdeckt und auch professionelle Anbieter, die bislang kleinere und größere Hallen mit Ihren Angeboten bespielt haben, verstärken ihren Online-Auftritt.

Es verwundert also ebenfalls nicht, dass Viele bereits nach kurzer Zeit von der Qualität des für teueres Geld gebuchten Coachings enttäuscht sind oder merken, dass sie eine Fehlentscheidung getroffen haben. Die Nutzer solcher Angebote fragen sich dann, ob es Möglichkeiten gibt, sich von dem Vertrag zu lösen oder sogar das Geld oder zumindest einen Anteil davon zurück zu bekommen.

Rechtliche Mängel von Coaching-Verträgen

Coaching-Verträge können aus vielen Gründen unwirksam sein oder nachträglich vom Kunden beendet werden. In Betracht kommt für Verbraucher zunächst ein Widerrufsrecht. Dieses kann grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsschluss gegenüber dem Unternehmen ausgeübt werden. Ist die Widerrufsbelehrung des Unternehmers falsch oder wird sie dem Verbraucher nicht oder nicht ordnungsgemäß zur Verfügung gestellt, dann verlängert sich die Widerrufsfrist um ein Jahr.

Auch ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung kann den betroffenen Kunden zur Seite stehen. Wird vor Vertragsschluss über die zu erbringenden Leistungen getäuscht, dann kann dies eine arglistige Täuschung gemäß § 123 Abs. 1 BGB darstellen.

Daneben kommen noch zahlreiche weitere Unwirksamkeitsgründe in Betracht, wie eine Nichtigkeit gem. § 138 BGB (Sittenwidrigkeit).

Das Fernunterrichtsgesetz als Joker der Kunden

Eine weitere, vielfach gar nicht bekannte Möglichkeit für Kunden, die Unwirksamkeit des Vertrags geltend zu machen, liegt in § 7 FernUSG. Danach sind Fernunterrichtsverträge, die von einem Veranstalter ohne eine Zulassung geschlossen werden, nichtig. In aller Regel besitzen die Online-Coaches nicht über die entsprechende Zulassung oder ein erforderliches Listung bei der zuständigen Stelle.

Doch wann besteht ein Fernunterrichtsvertrag? Dies wird in § 1 FernUSG geregelt. Danach ist Fernunterricht die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen.

Eine mindestens überwiegende räumliche Trennung von Coach und Teilnehmer wird regelmäßig bei Online-Coachings vorliegen. Entscheidend ist, dass der überwiegende Teil des Coachings nicht in Präsenz stattfindet. Vereinzelte persönliche Treffen oder Ausflüge mit den Teilnehmern ändern nichts daran, dass der überwiegende Teil des Coachings nicht in Präsenz stattfindet.

Das gesetzliche Merkmal der Überwachung des Lernerfolgs wurde von der Rechtsprechung über Jahrzehnte hinweg konkretisiert. Der Bundesgerichtshof entschied bereits 2009, dass es hierfür ausreicht, wenn bspw. in Video-Calls mündliche Fragen zum erlernten Stoff gestellt werden können und die Teilnehmer durch Fragen die Möglichkeit haben, festzustellen, ob das bisher Erlernte richtig verstanden wurde (Urteil vom 19.06.2005 – Az. XII ZR 107/01). Auch ein oftmals von den Coaches angebotener WhatsApp-Support dürfte bereits eine Lernerfolgskontrolle im Sinne der Rechtsprechung darstellen.

Neben dem BGH haben auch das Landgericht Stralsund (Urteil vom 24.06.2015 – Az. 1 S 203/14), das Verwaltungsgericht Köln (Urteil vom 20.04.2016 – Az. 10 K 3426/14), das Landgericht Berlin (Urteil vom 15.02.2022 – Az. 102 O 42/21) und das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 01.03.2023 – Az. 3 U 85/22) das Merkmal der Lernerfolgskontrolle bereits dann bejaht, wenn eine Interaktion zwischen Teilnehmer und Coach möglich ist.

Die Kriterien eines Fernunterrichts erfüllen mithin die ganz überwiegende Anzahl an Coaching-Angeboten aus dem Internet. Es ist also zu empfehlen, sich frühzeitig anwaltliche Hilfe zu suchen und Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Vertrag prüfen zu lassen.

Vom Fernunterrichtsgesetz profitieren indes nicht nur Verbraucher. Auch gewerbliche Kunden von Coaching-Angeboten werden vom Fernunterrichtsgesetz geschützt. Dies hat erst kürzlich das Oberlandesgericht Celle erneut bekräftigt (Urteil vom 01.03.2023 – Az. 3 U 85/22). Auch weitere Gericht haben bereits in der Vergangenheit bestätigt, dass auch Unternehmer sich auf die Unwirksamkeit eines Fernunterrichtsvertrags gem. § 7 FernUSG berufen dürfen (so das Amtsgericht Aschersleben Urteil vom 22.08.2006 – Az. 3 C 404/05).

Was ist rechtlich möglich? Rat vom Anwalt

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen, Gründungspartner der Rechtsanwaltskanzlei AdvoAdvice aus Berlin rät deshalb: „ Wie bekommen immer mehr Anfragen von enttäuschten Kunden, die feststellen, dass zwischen Versprechen und tatsächlichem Erfolg oft große Unterschiede bestehen. Häufig wird diesen von den Coaches suggeriert, dass es an den Kunden selbst liegt und nicht an den Coaching-Inhalten und Ratschlägen. Aufgrund der Vielzahl der Angebote Komplexität dieses Themas sollte man nicht ohne eine einzelfallorientierte Beratung beim Rechtsanwalt in eine Auseinandersetzung bei Coaching-Verträgen einsteigen.  Nur mit einer guten anwaltlichen Beratung lässt sich eine erfolgversprechende Strategie und deren Durchsetzung bei Rückforderungsansprüchen erarbeiten. Dazu sollte man frühzeitig nach Erkennen der Problematik ansetzen. Oftmals kann es auch gelingen, offene Restforderungen nicht mehr bezahlen zu müssen.“

"Die gerichtlichen Entscheidungen der letzten Monate und Jahren zeigen, dass Kunden vielfältige Möglichkeiten offen stehen, sich von den Coaching-Verträgen zu lösen und sogar das bereits gezahlte Geld zurückzufordern.", sagt Rechtsanwalt Klevenhagen.

Rechtsanwalt Klevenhagen berät Sie gerne zu Ihren rechtlichen Möglichkeiten. Unsere Kanzlei ist bereits auf diesem Gebiet tätig und führt derzeit schon gerichtliche Verfahren gegen Coaching-Anbieter, in denen die Kunden ihr Geld zurückverlangen.

Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme und geben Ihnen gerne eine verständliche und für Sie nachvollziehbare Ersteinschätzung damit Sie wissen, wo Sie rechtlich stehen. Dann können wir gemeinsam entscheiden, ob und wie eine anwaltliche Begleitung erfolgversprechend und vor allem für Sie wirtschaftlich sinnvoll wäre.

Wenden Sie sich auch gerne per E-Mail an uns oder rufen Sie einfach an. Sie erreichen unsere Kanzlei montags bis freitags von 9.00 bis 13.00 Uhr und von 14.00 bis 17.00 Uhr.

Foto(s): pixabay.de


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