Online-Scheidung – geht das auch ohne Anwalt? Oder nur mit einem Anwalt?

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Ohne Anwalt geht es nicht. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie die Scheidung als Online-Scheidung betreiben und sich direkt an einen im Familienrecht erfahrenen Rechtsanwalt vermitteln lassen oder den herkömmlichen Weg gehen und sich selbst einen Rechtsanwalt suchen. 

Sie sollten auf jeden Fall die Option, Ihre Scheidung nur mit einem Anwalt zu bewerkstelligen, als Chance sehen. Wir erklären Ihnen, warum es nicht ganz ohne Anwalt geht und warum die Scheidung nur mit einem Anwalt von Vorteil ist.

Das Wichtigste für Sie

  • Der bei den Familiengerichten bestehende Anwaltszwang gibt vor, dass Sie einen Rechtsanwalt beauftragen müssen, um Ihren Scheidungsantrag bei Gericht einzureichen. Sie müssen sich zudem im mündlichen Scheidungstermin anwaltlich vertreten lassen.
  • Gelingt Ihre Scheidung im Einvernehmen mit Ihrem Ehepartner, kommen Sie tatsächlich mit einem Anwalt aus und sparen die Gebühren eines weiteren Anwalts.
  • Einen gemeinsamen Rechtsanwalt können Sie jedoch nur dann in Anspruch nehmen, wenn keine Interessenkonflikte bestehen und Sie eventuelle Scheidungsfolgen in einer Scheidungsfolgenvereinbarung notariell beurkundet haben.

Inhalt

  1. Geht meine Scheidung auch ganz ohne Anwalt?
  2. Benötigt auch mein Ehepartner unbedingt einen eigenen Rechtsanwalt?
  3. Wann benötigt mein Ehepartner einen eigenen Rechtsanwalt?
  4. Können wir uns denn einen gemeinsamen Rechtsanwalt nehmen?
  5. Gibt es Ausnahmefälle, die einen gemeinsamen Anwalt erlauben?
  6. Kann ein gemeinsamer Anwalt für uns eine Scheidungsfolgenvereinbarung entwerfen?
  7. Welche Vorteile bietet die einvernehmliche Scheidung mit nur einem Anwalt?
  8. Wie gelingt die einvernehmliche Scheidung mit nur einem Anwalt?
  9. Was kann ich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln?

1. Geht meine Scheidung auch ganz ohne Anwalt?

Bei den Familiengerichten besteht der sogenannte Anwaltszwang. Der Ehepartner, der den Scheidungsantrag stellt, muss sich anwaltlich vertreten lassen. Ohne Ihren Anwalt können Sie Ihren Scheidungsantrag nicht bei Gericht einreichen. 

Auch in der mündlichen Verhandlung können Sie nicht selbst verhandeln und nichts beantragen. Grund für den Anwaltszwang ist, dass das Gericht einen geordneten und rechtlich aufbereiteten Vortrag erwartet und gerade im Scheidungsverfahren nicht durch emotionale Erwägungen belastet werden soll.

2. Benötigt auch mein Ehepartner unbedingt einen eigenen Rechtsanwalt?

Wenn Sie die Chance nutzen, Ihre Scheidung einvernehmlich abzuwickeln, braucht Ihr Ehepartner Ihrem Scheidungsantrag lediglich zuzustimmen. Dafür braucht er keinen eigenen Rechtsanwalt zu beauftragen. Insoweit kommen Sie tatsächlich mit einem Anwalt aus. Da er der Scheidung zustimmt, gibt es im mündlichen Scheidungstermin nichts zu verhandeln. 

Es bietet sich dann an, dass Sie Ihre einvernehmliche Scheidung als Online-Scheidung in die Wege leiten.

3. Wann benötigt auch mein Ehepartner einen eigenen Rechtsanwalt?

Bestreitet Ihr Ehepartner die Voraussetzungen der Scheidung (z. B. den Ablauf des Trennungsjahres) oder will er eine Scheidungsfolge partout gerichtlich verhandeln, muss er selbst einen Rechtsanwalt beauftragen. 

Damit verteuert sich natürlich die Scheidung erheblich. Es handelt sich dann nicht um eine einvernehmliche, sondern um eine streitige Scheidung.

4. Können wir uns einen gemeinsamen Rechtsanwalt nehmen?

Wenn Sie sich wegen der Scheidung und der Scheidungsfolgen einigermaßen einig sind, liegt natürlich der Gedanke nahe, dass Sie sich einen gemeinsamen Rechtsanwalt nehmen, der in Ihrer beider Namen die Scheidung abwickelt. Vielleicht möchten Sie auf diesem Weg eventuelle Konflikte durch einen weiteren Anwalt vermeiden. Doch Vorsicht: Dieser Gedanke ist nicht unbedingt empfehlenswert. 

Auch wenn Sie sich einig sind, besteht trotzdem das Risiko potentieller Interessenkonflikte. Sie sehen die Regelung des Umgangsrechts so oder so, während der Ehepartner eine vielleicht ganz andere Vorstellung hat, die sich erst dann herauskristallisiert, wenn Sie darüber verhandeln. Würden Sie jetzt gemeinsam vor einem Rechtsanwalt sitzen, käme der Anwalt selbst in einen Interessenkonflikt. 

Als Anwalt ist er Interessenvertreter seiner Partei. Er darf nur die Partei, die ihn mandatiert hat, beraten und vertreten. Der Anwalt muss sich entscheiden, für welche Partei er anwaltlich handelt. Insoweit können Sie sich grundsätzlich keinen gemeinsamen Anwalt nehmen.

5. Gibt es Ausnahmefälle, die einen gemeinsamen Anwalt erlauben?

Sie können sich ausnahmsweise einen gemeinsamen Anwalt nehmen, wenn das Risiko eines Interessenkonfliktes ausgeschlossen ist. Dieser Ausnahmefall kommt in Betracht, wenn Sie das Trennungsjahr vollzogen und sämtliche in Ihrer Lebenssituation in Betracht kommende Scheidungsfolgen in einer notariellen Vereinbarung geregelt haben. Dann sind Interessenkonflikte ausgeschlossen. 

Auch der Anwalt, der den Scheidungsantrag für Sie einreicht, kommt nicht in einen Interessenkonflikt. Es kommt nicht mehr darauf an, dass der Anwalt die Interessen eines Ehepartners vertritt. Die Tatsache, dass er den Scheidungsantrag bei Gericht einreicht ist dann rein formaler Natur.

6. Kann ein gemeinsamer Anwalt für uns eine Scheidungsfolgenvereinbarung entwerfen?

Sind Sie sich wegen der Scheidung und der Scheidungsfolgen einig, kann ein gemeinsamer Anwalt ausnahmsweise auch eine Scheidungsfolgenvereinbarung entwerfen. Allerdings ist der Anwalt aus standesrechtlichen Gründen verpflichtet, Sie von vornherein darauf hinzuweisen, dass er Sie nur wegen des Ausgleichs Ihrer eventuell gegensätzlichen Interessen beraten kann. 

Führt das gemeinsame Informationsgespräch nicht zum Entwurf einer Scheidungsfolgenvereinbarung und wird Ihr gegensätzliches Interesse wegen der Regelung einer Scheidungsfolge offenbar, muss er das Mandat gegenüber beiden Ehepartnern sofort niederlegen. Er darf dann keinen der Ehepartner im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten.

In diesem Fall müssen Sie einen anderen Anwalt beauftragen, der den Scheidungsantrag für Sie formuliert. Diesen Anwalt müssen gleichfalls ordnungsgemäß bezahlen. In Anbetracht dieser Risiken sind Sie besser beraten, wenn Sie einen Anwalt alleine beauftragen und ihn bitten, den Entwurf einer Scheidungsfolgenvereinbarung zu fertigen. 

Diesen Entwurf legt der Anwalt Ihrem Ehepartner zur Stellungnahme vor. Wünscht Ihr Ehepartner dann Änderungen, können Sie diese übernehmen oder im Detail verhandeln.

7. Welche Vorteile bietet die einvernehmliche Scheidung mit nur einem Anwalt?

Gelingt es Ihnen sich einvernehmlich scheiden zu lassen, profitieren Sie von den erheblichen Kostenvorteilen. Bei der einvernehmlichen Scheidung berechnen Gericht und Anwalt ihre Gebühren lediglich nach den Verfahrenswerten für Ihr Scheidungsverfahren und dem eventuell von Amts wegen durchzuführenden Versorgungsausgleich. 

Die Mindestverfahrenswerte betragen für das Scheidungsverfahren 3.000 EUR und für den Versorgungsausgleich 1.000 EUR. Diese Werte erhöhen sich in Abhängigkeit von Ihren Einkommensverhältnissen.

Sollten Sie jedoch über eine Scheidungsfolge gerichtlich verhandeln, verursachen Sie einen zusätzlichen Verfahrenswert. Dadurch erhöhen sich die Gebühren für Gericht und Anwalt. Hinzu kommt, dass der Ehepartner, der streitig verhandelt, ebenfalls einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen muss, den er bezahlen muss. 

Eine streitige Scheidung führt also erfahrungsgemäß zu einer gebührenerhöhenden, zeitaufwendigeren und nervenaufreibenderen Auseinandersetzung. Sie sollten also alles daran setzen, eine einvernehmliche Scheidung zu ermöglichen.

8. Wie gelingt die einvernehmliche Scheidung mit nur einem Anwalt?

Streitige Scheidungen haben ihre Ursache meist darin, dass die Ehepartner emotional denken und dabei vergessen, dass sie vor der Aufgabe stehen, mit der Scheidung ihre gescheiterte Ehe abzuwickeln. Dann wird meist über jede Kleinigkeit verhandelt. Zugeständnisse und Kompromisse erscheinen ausgeschlossen. Es besteht der unselige Irrglaube, man müsse jede Scheidungsfolge vor dem Richter verhandeln und entscheiden lassen.

Wenn Sie sich jedoch vor Augen führen, dass Sie eventuelle Scheidungsfolgen außergerichtlich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung dokumentieren können, sollte es wesentlich einfacher sein, die einvernehmliche Scheidung herbeizuführen. Ziel ist Ihre Vergangenheit hinter sich lassen und die Grundlagen für Ihre neue Lebensperspektive zu schaffen. 

Es versteht sich, dass beide Ehepartner zu Kompromissen bereit sein müssen. Trotz und Rachedurst sind die denkbar schlechtesten Berater, wenn es um die Abwicklung der ehelichen Lebensverhältnisse geht. 

Auf jeden Fall sollten Sie alles tun, damit Ihre Scheidung nicht in eine Schlammschlacht oder einen Rosenkrieg ausartet. Jeden Euro, den Sie nicht für Gebühren für Gericht und Anwälte aufwenden, können Sie besser in den Aufbau neuer Lebensperspektiven investieren.

9. Was kann ich in einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln?

In einer Scheidungsfolgenvereinbarung regeln Sie alles, was Sie im Hinblick auf Ihre Scheidung regeln wollen. Im günstigsten Fall entwirft Ihr Anwalt den Text, den Ihr Ehepartner gegebenenfalls nach eigener anwaltlicher Beratung vollumfänglich oder mit Abänderungen akzeptiert. 

In Betracht kommt alles, was sich im Hinblick auf Ihre Lebenssituation infolge Ihrer Scheidung ändert. Meist geht es um den nachehelichen Ehegattenunterhalt, Zugewinnausgleich oder das Umgangsrecht für das gemeinsame Kind.

Fazit

Was auch immer Sie von Anwälten denken: Der Anwalt im Scheidungsverfahren steuert die Scheidung so, dass Sie Ihr Ziel erreichen und Ihre Ehe so angemessen wie möglich abwickeln. Ohne Anwalt wären Sie angesichts der komplexen Rechtsmaterie und der prozessualen Gegebenheiten kaum imstande, Ihre Scheidung ins Ziel zu führen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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