Opferschutz: Was passiert mit mir, kurz nachdem ich Opfer einer Straftat wurde?

  • 7 Minuten Lesezeit

Was passiert jetzt mit mir?

Sobald Sie Opfer einer Straftat geworden sind, passieren tatsächlich auf unterschiedlichen Gebieten viele unterschiedliche Sachen.
Die Situation kann medizinische, also körperliche und psychische Folgen mit sich bringen. Sie kann (häufig auf Ihre Entscheidung hin) rechtliche Folgen mit sich bringen. Zu den jeweiligen Folgen können Sie in Ihrer Situation Ärzte, Anwälte und Therapeuten am besten beraten. 

Bei den Beratungen durch Experten können Sie erst einmal nur zuhören und die Situationen auf sich wirken lassen. Wichtig ist nur, dass Sie diese Situation nicht alleine mit sich ausmachen. Es gibt extra ausgebildete Profis, die mit Ihnen die einzelnen Schritte durchlaufen. 

Hängt die Verfolgung der Straftat von ihrer Strafanzeige (hier: "Strafantrag") ab, müssen Sie oft noch keine unmittelbare Entscheidung treffen, wenn Sie dazu noch nicht bereit sind. Sie hätten in der Regel drei Monate nach dem Vorfall Zeit, in denen Sie die Behörden einschalten könnten. Ratsam ist es unabhängig einer endgültigen Entscheidung trotzdem, alle möglichen Beweise - insb. Verletzungen - zu dokumentieren bzw. zu sichern.

Bei bestimmten Straftaten wird Ihnen die Entscheidung, ob ein Strafverfahren eingeleitet wird, von den Behörden abgenommen - hängt also nicht von einem einem Strafantrag ab. In diesen Fällen kann es sich anfühlen, als würde man die Kontrolle über die Situation verlieren, weil einem viele Schritte behördlich vorgegeben werden. Es ist wichtig, auch hier so gut es geht die Fassung zu bewahren und sich beraten zu lassen, um die eigenen Möglichkeiten, Grenzen, Rechte und Pflichten besser greifen zu können.

Polizei

Rufen Sie die Polizei, sofern Sie auf die Tat aufmerksam machen möchten. Dies ist selbstverständlich ratsam, um Ihre Rechte durchzusetzen und sich nach oder in der Situation sicherer zu fühlen. Die Polizei kann sodann auch den Tatort aufnehmen und Beweismittel sichern.

Medizinische Soforthilfe

Sie sollten sich im akuten Fall bitte niemals scheuen, sich medizinisch behandeln zu lassen und etwaige Infektionen oder andere Folgeschäden zu verhindern. 


Die Ärzte stehen unter einer Schweigepflicht. Die Schweigepflicht ist weit auszulegen und umfasst so ziemlich alles, was Ihr Arzt-Patienten-Verhältnis betrifft.
Der Arzt untersteht dabei keiner Offenbarungspflicht, das heißt, er muss bzw. darf in Deutschland nicht melden, dass Sie Opfer einer Straftat wurden, um Ihr Verhältnis nicht zu schädigen. Eine Ausnahme besteht für Ihren Arzt nur dann, wenn noch andere Personen oder die Allgemeinheit in Gefahr sind. Sollte dies der Fall sein, ist es aber sicherlich auch klug, dass diesen Menschen geholfen werden muss. Im Regelfall betrifft die Situation aber ja nur Sie und den Täter und der Arzt muss schweigen.

Das alles bedeutet für Sie nicht, dass Sie schutzlos sind. Sondern es bedeutet, dass Sie die Ärzte medizinisch schützen und Sie sich sodann nach anwaltlicher Beratung selbst dazu entscheiden können, ob Sie die Tat anzeigen möchten und dagegen vorgehen wollen. Eine solche Entscheidung fällt vielen angesichts bestimmter Lebenssituationen oft schwer und niemand wird nach Inanspruchnahme von Hilfe zu irgendeiner Entscheidung gedrängt.

Es ist wichtig, dass Sie sich medizinische Hilfe suchen und mit Ihrem Arzt kurz über das Geschehene reden, damit dieser genau weiß, worauf er achten muss. Es ist wichtig, dass der Arzt bzw. die Ärztin ein Gutachten bzw. Attest zu Ihren Verletzungen erstellt. Auch soll er oder sie Fotos hiervon machen. Die Verletzungen müssen zwingend als Beweismittel dokumentiert werden - egal wie Sie sich später entscheiden möchten. Weisen Sie Ihren Arzt/Ihre Ärztin auf die Dokumentation hin, wenn sie oder er es nicht von selbst vornimmt. Sie werden hierbei so sanft wie möglich untersucht.
Es wird sich vermutlich nicht gut anfühlen, mit einer fremden Person über das zu reden, was passiert ist. Untersucht zu werden. Das kann man leider auch nicht schön reden. Wir wissen aber, dass die untersuchende Person so sanft wie möglich sein wird. Dass Sie in einem geschützten Bereich sind. Dass das, was passiert ist, hinter Ihnen liegt und Sie jetzt gerade umsorgt werden. Sie müssen nicht viel denken oder entscheiden. 


Wenn Sie aber schon jetzt wissen, dass Sie sich gegen den Täter wehren möchten, können die Ärzte weitere Hilfe durch Polizistinnen anfordern. Diese würden direkt das Verfahren aufnehmen.
Sollten Sie Bedenkzeit brauchen, holen Sie sich im besten Fall anwaltliche Hilfe. 

Anwaltliche Soforthilfe

Wie auch immer Sie sich in der jeweiligen Situation entscheiden sollten (direkt anzeigen oder nicht), ist anwaltlicher Rat essentiell. 

Kontaktieren Sie uns gerne für eine unverbindliche und kostenfreie Erstberatung an und wir besprechen Ihren Fall. Das was auf Sie zukommt, Ihre Sorgen und Möglichkeiten. 

Wir wissen, dass Ihnen bestimmte Entscheidungen niemand abnehmen kann und sollte. Wir werden Sie für keinen Weg verurteilen. Es ist zwar immer die richtige Entscheidung für sich einzustehen und niemanden mit seinen Taten davon kommen zu lassen. Aber das Leben und die jeweilige Lebenssituation sind selten einfach. Entscheiden Sie sich so, wie es für Sie das beste wäre.
Um von Anfang an rechtliche Sicherheit zur Situation zu bekommen und das Verfahren gegen den Täter zu sichern, ist es wichtig, so früh wie möglich eine Anwältin dazu zu holen. Sie müssen sich nicht fürchten oder schämen. Wir werden erstmal nur reden und Sie werden Zeit bekommen, in Ruhe entscheiden zu können. Sich zu Ihren Möglichkeiten zu informieren, ist aber für Sie absolut wichtig.

Psychologische Soforthilfe

Unter Absprache mit Ihrer Anwältin sollten Sie sich auch psychologische Hilfe suchen. Dies sollten Sie deswegen mit der Anwältin absprechen, damit Ihre spätere mögliche Zeugenaussage nicht angegriffen werden kann, weil sie angeblich "therapeutisch verfälscht" sein könnte.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie sich keine therapeutische Hilfe suchen können. Es gibt bei der gesamten Situation nur ein paar Punkte zu beachten, um letztendlich alles richtig zu machen.

Sollten Sie akut psychologische Nothilfe brauchen, sollten die rechtlichen Folgen zweitrangig sein. 

Anlaufstellen und Telefonnummern

  • 110 für die Polizei

  • 112 für Feuerwehr und Rettungsdienste (körperlich oder psychisch)
  • 116117 für den ärztlichen Bereitschaftsdienst
  • 0800-1110111 und 0800-1110222 für den psychologischen Notdienst als Telefonseelsorge 
  • 030-443509821 für eine muslimische Telefonseelsorge
  • Anwaltlicher Notdienst


Suchen Sie im Zweifel auch ohne Telefonat die Notaufnahme für Ihre akute medizinische oder psychologische Not auf (und lassen Sie die Behandlung dokumentieren).

Auf der Website der Stiftung Deutsche Depressionshilfe sind Kliniken und Anlaufstellen mit Schwerpunkt Psychiatrie und Psychotherapie per Schnellsuche zu finden. Nutzer geben den Wohnort ein und erhalten eine Liste mit Einrichtungen in nächster Nähe. Ebenfalls können Betroffene Krisendienste und Beratungsstellen in ihrer Umgebung finden. 

Angst

Das bohrende Gefühl von Panik. Noch nicht aus dieser Situation raus zu sein, obwohl sie vielleicht eigentlich schon beendet ist. Angst kann lähmen und einen um den Verstand bringen. Angst soll dem Körper zeigen, dass man wachsam sein muss und die Kontrolle über die Situation zurück erlangen sollte. Zeigen Sie Ihrer Psyche und Ihrem Körper, dass Sie sich Hilfe suchen und Kontrolle haben. Damit die Alarmbereitschaft etwas abklingen kann. Begeben Sie sich in die richtigen Hände und lassen Sie sich helfen.

Scham

Opfer oder Überlebende zu sein, ist mit vielen Gefühlen verbunden. Absurderweise ist oftmals eines der prägnantesten Gefühle neben Angst auch Scham. Sei es vor den Personen, die einem helfen, einem selbst oder den nächsten Angehörigen.
Hilfspersonen wie Ärzte, Therapeuten und Anwälte sind extra ausgebildet, um Sie aufzufangen. Sie haben Ihre Situation schon in allen möglichen Facetten erlebt und es gibt keinen Grund, sich zu schämen. Egal, was vorher passiert ist. Und wir betonen das nochmal, weil es so wichtig ist: Egal, wie Sie sich vorher oder bei der Tat verhalten haben, Sie sind nicht Schuld daran. Sie müssen sich nicht schämen für das, was passiert ist. Kein Mensch ist daran Schuld, wenn er oder sie zum Opfer wird. Auch wenn es sich manchmal so anfühlen kann.  

Gerade bei Sexualdelikten und der Einbeziehung von Eltern/Vertrauenspersonen oder Gleichaltrigen kann es oft dazu kommen, dass die Opfer sich schämen. Ihre Vertrauenspersonen werden Sie schützen wollen. Sie müssen sich nicht vor ihnen schämen. Sie werden nichts böses oder unanständiges von Ihnen denken, sondern sich um Sie sorgen. So wie Sie sich um andere sorgen würden, wenn sie Ihnen so etwas erzählen würden. Sie werden nicht von Ihnen enttäuscht sein. Und falls es Ihnen schwer fällt, allein den Einstieg zu finden, helfen wir Ihnen dabei. Sprechen Sie uns einfach drauf an.

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Rechtsanwältin Hannah Funke

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Foto(s): Hannah Funke

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