Patient erhält Schmerzensgeld aufgrund unzureichender Aufklärung , Urteil des OLG Hamm

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OLG Hamm, Urteil vom 15.12.2017 (26 U 3/14)

Der 26. Zivilsenat des OLG Hamm hat am 15.12.2017 entschieden, dass – falls nur eine relative Indikation zur Vornahme einer Operation besteht – der Patient ausführlich und mündlich über die Alternative einer konservativen Behandlung, d.h. keine Operation, aufgeklärt werden!

Der 1951 geborene Kläger litt seit vielen Jahren unter Rückenschmerzen. Trotz Therapien blieben diese Rückenschmerzen.

Nach Vorstellung bei der Beklagten, einigen Tagen stationären Aufenthalts mit einer konservativen Behandlung und Erstellung eines CTs, führte der Beklagte ein Gespräch mit dem Kläger. In diesem Aufklärungsgespräch riet er dem Kläger zu einer Operation des verengten Wirbelkanals der Lendenwirbelsäule.

Der Kläger stimmte zu und es wurde eine OP durchgeführt mit einer Discektomie, einer Dekompression, einer Neurolyse und einer Spondylodese aus.

Folge der Operation waren neurologische Ausfälle in beiden Beinen des Klägers. Es kam zu erheblichen Dauerschäden, wobei zwei Revisionsoperationen keine Verbesserung des Gesundheitszustands des Klägers brachten.

Das OLG Hamm verurteilte den Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und ein Schmerzensgeld in Höhe von 75.000 Euro.

Der Beklagte haftet, weil er den Kläger vor dem ersten Eingriff im August 2010 unzureichend aufgeklärt hat und damit die erteilte Einwilligung des Klägers nicht wirksam ist.

Auch konnte nicht von einer hypothetischen Einwilligung des Klägers ausgegangen werden, denn der Kläger hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass er bei ausreichender Aufklärung der Operation nicht zugestimmt hätte.

Zwar ist die Wahl der Behandlungsmethode die Entscheidung des Arztes, gibt es aber wie hier mehrere Behandlungsmöglichkeiten, unter denen der Patient eine echte Wahlmöglichkeit habe, muss ihm nach vollständiger Aufklärung die Entscheidung überlassen werden. Hier hätte der Kläger abwarten können und zunächst von einer OP absehen können.

Zudem führte das Gericht aus: „Je weniger dringlich sich der Eingriff – nach medizinischer Indikation und Heilungsaussicht – in zeitlicher und sachlicher Hinsicht darstelle, desto weitgehender seien Maß und Genauigkeitsgrad der Aufklärungspflicht. So sei bei einer nur relativ indizierten Operation regelmäßig auch eine Aufklärung über die Möglichkeit einer abwartenden Behandlung oder das Nichtstun geboten.“

Das bedeutet, dass der Patient gerade bei Operationen, die nicht dringend sind und zudem nicht zwingend erforderlich sind, eine besondere Sorgfaltspflicht des Arztes bei der Aufklärung besteht.

Julia Fellmer

Fachanwältin für Medizinrecht, Düsseldorf



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