Personalkostenreduzierung und Kündigungen in Russland

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Gehaltskürzungen und Kurzarbeit spielen in Russland in Krisenzeiten eine erhebliche Rolle für Unternehmen, um Personalkosten zu reduzieren – sowohl für inländische als auch ausländische.

Das russische Arbeitsrecht ist tendenziell arbeitnehmerfreundlich. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten haben Arbeitgeber insbesondere ihren Gehaltszahlungspflichten nachzukommen. Einen freiwilligen Gehaltsverzicht lehnen Arbeitnehmer meist ab. Es ist daher für Unternehmen wichtig zu wissen, welche rechtlichen Instrumente zur Personalkostenreduzierung zur Verfügung stehen. Wichtigste Instrumente sind die Einführung eines verkürzten Arbeitstages oder einer verkürzten Arbeitswoche – die für eine Dauer von bis zu sechs Monaten eingeführt werden können. Das Gehalt wird für diesen Zeitraum proportional zur geleisteten Arbeitszeit gekürzt.

Allerdings kann eine verkürzte Arbeitszeit nur unter engen Voraussetzungen eingeführt werden. Die Arbeitszeitverkürzung hat dazu zu dienen, Massenentlassungen zu verhindern und Arbeitsplätze zu erhalten. Gleiches gilt bei Änderungen von „organisatorischen oder technischen Arbeitsbedingungen“. Darüber hinaus hat formell der Betriebsrat bzw. die Gewerkschaft der Einführung von Kurzarbeit zuzustimmen. Arbeitnehmer können der Einführung von Kurzarbeit widersprechen. In diesem Fall kann der Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber gekündigt werden. Insgesamt sind die Verfahren formell ausgestaltet und vom Arbeitgeber entsprechend zu dokumentieren. Hierzu gehört auch eine vorherige ordnungsgemäße Benachrichtigung des Arbeitsamtes (Arbeits- und Beschäftigungsdienst).

Darüber hinaus besteht noch die – begrenzte – Möglichkeit für Arbeitgeber, einseitig Gehälter zu kürzen. Eine einvernehmliche Kürzung durch Abschluss einer Zusatzvereinbarung mit dem Arbeitnehmer ist stets möglich, insbesondere wenn die Dienstpflichten gekürzt werden.

Eine einseitige arbeitgeberseitige Gehaltskürzung ist nur möglich, falls sich die organisatorischen oder technologischen Arbeitsbedingungen ändern und dies Auswirkungen auf das individuelle Arbeitsverhältnis hat. Der Arbeitgeber ist verpflichtet den Arbeitnehmer zwei Monate im Voraus über die geplanten Maßnahmen zu informieren. Arbeitnehmer, die mit den neuen Arbeitsbedingungen nicht einverstanden sind, können ihrerseits kündigen, wenn der Arbeitgeber nicht in der Lage ist, ihnen eine Arbeitsstelle mit dem vorherigen Gehalt zu bieten. Die Änderungen sind in einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag zu regeln.

Wenn der Arbeitnehmer den Vorschlag ablehnt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine der Qualifikation des Arbeitnehmers entsprechende freie Stelle oder eine freie niedrigere Stelle anzubieten. Wenn keine vakanten Stellen vorhanden sind, kann das Arbeitsverhältnis gekündigt werden.

Betriebsbedingte Kündigungen

In Krisensituationen sind betriebsbedingte Kündigungen möglich. Diese erfolgen in Russland über eine „Kürzung der Mitarbeiterzahl“ oder des „Stellenplans“. Diese Unternehmensentscheidungen unterliegen nach russischem Recht grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung. Allerdings unterliegen betriebsbedingte Kündigungen einer Missbrauchskontrolle (z.B. wenn diese nur dazu diente, einen unerwünschten Mitarbeiter „loszuwerden“ und seine Stelle später durch einen anderen Mitarbeiter besetzt wird). Darüber hinaus hat die Sozialauswahl fehlerfrei zu erfolgen und für einige Arbeitnehmergruppen besteht Sonderkündigungsschutz (Alleinerziehende, Schwerbehinderte etc.).

Hauptvorteil gegenüber personenbedingten Kündigungen ist, dass dem Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Kündigung keine persönlichen Pflichtverletzungen nachgewiesen werden müssen. Der Arbeitgeber kann selbstständig entscheiden, ob es notwendig ist, den Personalbestand zu kürzen. Die Mitarbeiter sind mindestens zwei Monate vor der Kündigung zu benachrichtigen. Sofern vakante Stellen vorhanden sind, hat der Arbeitgeber diese den Arbeitnehmern anzubieten.

Da das Kündigungsverfahren recht kompliziert und formell ist und bei Massenentlassungen besondere Benachrichtigungspflichten bestehen, versuchen viele Arbeitgeber mit ihren Mitarbeitern Aufhebungsvereinbarungen abzuschließen. Diese erlauben eine jederzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Allerdings hat der Arbeitnehmer die Aufhebungsvereinbarung freiwillig und ohne Druck seitens des Arbeitgebers zu unterzeichnen. Andernfalls kann er auf Wiedereinstellung klagen. Bei Kündigung wegen Stellenabbau ist eine gesetzlich zwingende Abfindung zu zahlen. Auch Aufhebungsvereinbarungen sehen daher stets eine Abfindung vor, die sich zumeist an der gesetzlichen Abfindung orientiert und zwischen zwei und fünf Monatsgehältern beträgt.

Generaldirektoren russischer Tochtergesellschaften können jederzeit fristlos auf Grundlage eines Abberufungsbeschlusses des Gesellschafters gekündigt werden. Bei verschuldensunabhängigen Kündigungen steht dem Generaldirektor eine gesetzliche Mindestabfindung von drei Monatsgehältern zu.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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