Pflegefreibetrag kann bei Erbschaftsteuer auch von Kindern geltend gemacht werden

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Der Bundesfinanzhof hat in einem aktuellen Urteil vom 10.05.2017 entschieden, dass ein Kind, welches einen pflegebedürftigen Elternteil oder beide pflegebedürftigen Elternteile zu deren Lebzeiten gepflegt hat, nach deren Ableben den sog. Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuer geltend machen kann.

Zum Sachverhalt

Geklagt hatte eine Frau, welche ihre Mutter (Pflegestufe III) ohne Entgelt bis zu deren Tod über einen Zeitraum von 10 Jahren gepflegt hatte. Nach dem Tod der Mutter machte die Frau den Pflegefreibetrag in Höhe von bis zu 20.000,00 Euro gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG bei der Erklärung zur Erbschaftsteuer geltend. Diesen verweigerte jedoch die zuständige Finanzbehörde. Das Finanzgericht gab bereits der Klage der Frau statt. Der BFH schloss sich dieser Entscheidung nun an.

Zur Begründung

Der BFH zeigte auf, dass der Begriff der „Pflege“ grundsätzlich weit auszulegen sei. Demnach sei Pflege die „regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person“. Eine tatsächliche Zuordnung zu einer Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI a. F. ist hierbei gerade nicht Voraussetzung. 

Unerheblich ist zudem, ob die Pflegende gegenüber ihrer Mutter gesetzlich zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet sei. Eine allgemeine Pflicht, dass Kinder ihre Eltern zu pflegen haben, ergibt sich hierbei weder aus dieser grundsätzlichen Unterhaltspflicht noch aus einer anderen gesetzlichen Vorschrift. Somit bleibt der Sinn und Zweck des Pflegefreibetrags, zumindest im Nachhinein die Aufopferung der pflegenden Person zu würdigen, auch hier erfüllt. Der Normzweck wird daher auch hier erreicht.

Zur Geltendmachung der Höhe des Freibetrags führte der BFH aus, dass dieser einzelfallabhängig sei. In diesem konkreten Fall sei jedoch aufgrund der hohen Pflegestufe, der Art sowie der langen Zeitdauer der Pflege die Höchstgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG in Höhe von 20.000,00 Euro auch ohne Einzelnachweise möglich. In anders gelagerten Fällen müssten hingegen die Erben konkret mittels Nachweise darlegen, welcher Betrag hier als Pflegefreibetrag anzusetzen wäre. Als Anhaltspunkt könnten hierbei die Kosten für eine „professionelle“ Pflege dienen.

Da die Ablehnung des Pflegefreibetrags bei den Finanzverwaltungen wohl gängige Praxis gewesen sein dürfte, stärkt diese aktuelle Entscheidung des BFH die Rechte der pflegenden Kinder in hohem Maße. Entsprechend raten wir den etwaig betroffenen Personen um Beachtung dieser neuen Rechtsprechung.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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