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Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

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(BAG v. 13.9.2022 – 1 ABR 22/21, NZA 2022, 1616)

„Der Arbeitgeber ist nach § 3 II Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst wird“, so die Kernaussage der Pressemitteilung des Beschlusses des BAG vom 13.9.2022. Anlass war ein Rechtsstreit zu der Frage, ob der Betriebsrat aus § 87 I Nr. 6 BetrVG ein Initiativrecht zur Einführung eines Systems zur Zeiterfassung herleiten kann. Dass eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung unter Befolgung der Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie dem Grunde nach auch in Deutschland besteht, durfte nach dem „Stechuhr-Urteil“ des EuGH aus Mai 2019 und dessen Diskussion unstreitig sein. Allerdings ging man bis zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass keine unmittelbare Wirkung der Richtlinienvorgaben bestehe, es also zunächst einer vorherigen Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bedürfe. Mit seinem aktuellen Beschluss – dessen Gründe seit Anfang Dezember 2022 veröffentlicht sind – sieht das BAG hingegen eine bereits jetzt bestehende unmittelbare Pflicht zur Zeiterfassung. Unternehmen werden nunmehr tätig werden müssen und Systeme zur Erfassung der Arbeitszeit nicht nur bereithalten, sondern auch einführen und nutzen müssen. Ob Vertrauensarbeitszeit noch möglich sein wird, wurde kontrovers diskutiert. Es dürfte sich insoweit um eine Definitionsfrage handeln: Versteht man hierunter Arbeiten mit freier Zeiteinteilung, so wird dies weiter möglich sein. Versteht man hierunter Arbeiten ohne Zeiterfassung, so dürfte dies problematisch sein. Der Gesetzgeber hat sein Tätigwerden bereits angekündigt und wird die Vorgaben des BAG zur Ausgestaltung der praktischen Regelungen unter Beachtung der ihm durch den EuGH eingeräumten Spielräume nutzen. Es bleibt abzuwarten, wie schnell eine nationale gesetzliche Regelung hierzu kommen wird und wie diese gestaltet sein wird.


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