Pflichtteil vor Vermächtnis und Auflagen

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In § 2333 BGB sind die eng begrenzten Alternativen genannt, unter denen ein Erblasser einem Pflichtteilsberechtigten dessen Pflichtteil entziehen kann. Da die Möglichkeiten eines Pflichtteilsentzugs sehr begrenzt und auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sind, kommt so mancher Erblasser auf die Idee, den Nachlass dadurch auszuhöhlen, dass er testamentarisch viele und/oder sehr werthaltige Vermächtnisse anordnet.

Einer deratigen Vorgehensweise hat das OLG Koblenz in seinem Beschluss vom 3.7.2020 - 12 U 107/20 einen deutlichen Riegel vorgeschoben. 

Sind in einem Testament Vermächtnisse oder Auflagen angeordnet so kann dadurch die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs nicht geschmälert werden. Denn: Pflichtteil geht vor Vermächtnis und Auflage.

Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs errechnet sich aus dem bereinigten Nachlasswert. Angeordnete Vermächtnisse dürfen hierbei jedoch nicht vom Nachlasswert vor Berechnung des Pflichtteilsanspruchs den Wert mindernd abgezogen werden, schmälern also nicht den Pflichtteilsanspruch.

Der Gesetzgeber will mit diesem Vorrang des Pflichtteilsanspruchs vor dem Vermächtnisanspruch erreichen, dass der Pflichtteilsanspruch eines Pflichtteilsberechtigten durch den Erblasser nicht zu Fall gebracht werden kann, wenn Gründe für einen Pflichtteilsentzug nicht vorliegen. 

Der Wert eines Vermächtnisses oder einer Auflage bleibt somit bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs unbeachtlich, indem er nicht vorweg vom Nachlasswert abgezogen wird, § 1991 Abs. 4 BGB.


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