Prämiensparvertrag falsch abgerechnet und gekündigt? Der Weg zum Recht!

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Unwirksame Kündigung der Banken und unwirksame Zinsanpassungsklauseln

Mit aktuellem Urteil vom 06.10.2021 stärkt der BGH in Karlsruhe mit seiner Entscheidung erneut den Rücken der Verbraucher.

In seinem Urteil befasst sich der elfte Zivilsenat des BGH erneut den elementarsten Fragen rund um die Kündigung von Prämiensparverträgen. Dabei drehte es sich in der Vergangenheit immer wieder um die Fragen, ob Kündigungen von Finanzinstituten wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken bzw. die in den Verträgen enthaltenen Zinsanpassungsklauseln wirksam sind und wie sich ggf. die Zinsanpassung nachträglich errechnen lässt.

  1. Unwirksamkeit der Kündigung von Prämiensparverträgen

Auch heute noch wirbt die Stadtsparkasse München, wie etliche andere Banken, auf Ihrer Website im Internet für den Abschluss von Prämiensparverträgen.

               "Flexibel sparen mit steigenden Prämien Je länger, desto lieber – so heißt Ihr Motto beim Prämiensparen. Denn je länger Sie regelmäßig sparen, umso höher fällt die Prämie aus. Die erhalten Sie zusätzlich zu den Zinsen. Und trotzdem bleiben Sie mit dieser Anlage ganz flexibel. Sie kommen immer an Ihr Geld ran, wenn Sie es benötigen."

Verbraucher könnten angesichts der Geschäftspraxis vieler Sparkassen lange laufende Prämiensparverträge aus der Vergangenheit zu kündigen die von der Sparkasse oder anderen Banken für den Kunden die mit der Werbeaussage vermeintlich in Aussicht gestellte Verpflichtung der Sparkasse zur höherer Zinszahlung mit zunehmenden Dauer als ggf. nicht ganz so ernst abgegebenes unverbindliches Werbeversprechen verstehen. Es ist ja das Motto der Verbraucher und deren Erwartungshaltung wen dies Sparkasse in der Werbung von einem Motto mit beim Prämiensparen spricht.  Wenn die Chance hoher Prämien mit einer Kündigung zu Nichte gemacht wird verkehrt dies das das vermeintlich von der Sparkasse in der Vergangenheit abgegebene Versprechen jedenfalls ins "Gegenteil" . Es ist ja nun das Motte der Sparer, nicht mehr aber das der Bank? Soweit sich eine Bank oder Sparkasse derart positioniert ist dass ggf. noch für Produkte die heute angeboten werden nachzuvollziehen. Werden aber Versprechungen aus der Vergangenheit, die als Rechtspflicht in einem Vertrag ausgestaltet ist einfach gekündigt ist dies zu Recht mit dem Rechtsempfinden vieler nicht vereinbar.

Mit dieser Geschäftspolitik vernichtet die Sparkasse nicht selten Verträge, welche die Anleger bereits vor vielen Jahren zur Altersvorsorge auf lange Sicht abgeschlossen haben und primär dem Zweck dienen sollen, an den vereinbarten und bei Vertragsschluss beworbenen Prämien zu profitieren. Die Sparkasse geht als ursprünglich sehr zuverlässiger Vertragspartner in Sachen Altersvorsorge oder Vermögensbildung hier einen Weg, der auch von der Justiz kritisch bewertet wird.                                                                                                                                                              Vielfach sind die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam, die Verträge in der Vergangenheit unzureichend verzinst. Hier sollten betroffene Sparkassenkunden aber auch Kunden von Genossenschaftsbanken Kündigungen nach meiner Einschätzung nicht unkritisch hinnehmen. 

Im Rahmen der ausgesprochenen Kündigungen beruft sich insbesondere die Sparkasse in nahezu allen der uns bekannten Fällen auf Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbeziehungen der Sparkassen und gibt hierbei an, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich vor allem durch die seit zehn Jahren andauernde Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank grundlegend verändert.

Betrachtet man diesen Standpunkt unter Verbraucherschutzgesichtspunkten, so darf diese Tatsache aber gerade nicht das Risiko der Verbraucher darstellen.

So verweisen Kreditinstitute, wie Sparkassen, gerne auf eine Entscheidung des BGH vom 14.05.2019 – Az.: XI ZR 345/18, wonach unter bestimmten Umständen ein Kündigungsrecht der Kreditinstitute bestätigt wurde und die o.g. Klausel als wirksam betrachtet wird. Danach werden Sparkassen die Möglichkeit eingeräumt, unbefristete Prämiensparverträge nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ordentlich zu kündigen.

Dies betrifft aber genau den Bruchteil der Fälle, in denen eine Vertragslaufzeit nicht vereinbart wurde. In allen weiteren Fällen, in denen der Verbraucher aufgrund der Angaben im Rahmen seiner Vertragsunterlagen von einer festen Laufzeitbindung ausgehen darf, ist eine frühzeitige Kündigung durch die Finanzinstitute - auch unter Einhaltung der obligatorischen 3-Monatsfrist – nicht möglich.

Dies bestätigt der BGH auch in seinem Urteil vom 14.05.2019 – Az.: XI ZR 345/18, wenn er ausführt:

„Der Umstand, dass die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise auf bis zu 50% bis zum 15. Sparjahr ansteigen, lasse nicht den Schluss darauf zu, dass die Beklagte sich für zumindest 15 Jahre binden soll.

(…)

Eine Kündigung vor Erreichen der Höchstprämie lasse sich aber nicht mit einer Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse begründen, weil die Beklagte für 15 Jahre das Risiko der Zinsentwicklung übernommen habe.“

Dies geht auch aus einem Urteil des Amtsgericht Zwickau vom 27.06.2018 - Az.: 22C 127/18 hervor.

Hier heißt es wie folgt:

„1.    Grundsätzlich sind für Sparverträge wie den streitgegenständlichen die gesetzlichen  Vorschriften über den Darlehensvertrag, §§788 ff. BGB, einschlägig. (…)

(…) Die Auffassung der Beklagten, die Klägerin habe durchschauen müssen, dass das nicht ernstlich gemeint sei, ist nach Auffassung des Gerichts abwegig. Sie durfte darauf vertrauen, dass der von der Beklagten verwendete Vordruck ernstzunehmen war. Im Gegenteil: Wenn die Beklagte die Zahl von 1.188 Monaten in ihr Formular eintrug, obwohl sie das in Wirklichkeit nicht wollte liegt ein geheimer Vorbehalt im Sinne des §116 S. 1 BGB vor, der für die Klägerin unbeachtlich ist. (…) Die Beklagte muss sich daher an ihre formulierte Frist von 99 Jahren oder 1.188 Monaten festhalten lassen.

Es liegt also ein befristeter Vertrag vor, der von der Beklagten vor Ablauf der Frist gekündigt wurde.

Der Beklagten stand kein einschränkungsloses ordentliches Kündigungsrecht aus §489 Abs. 1 Nr. 2 BGB zu, da erforderlich für die Kündigung ist, dass der Darlehensnehmer die Darlehensvoluta vollständig empfangen hat. Da dies erst mit der Einzahlung der letzten geschuldeten Sparrate der Fall ist, ist dies nicht gegeben. Die Beklagte durfte also nicht einschränkungslos ordentlich kündigen.“

Unwirksame Zinsanpassungsklauseln

Im Übrigen verwenden Kreditinstitute in ihren Sparverträgen unwirksame Zinsanpassungsklauseln, weshalb über Jahre eine zu geringe Verzinsung des Guthabens erfolgte.

So heißt es dort u.a.:

„Der für die Spareinlage jeweils geltende Zinssatz wird durch Aushang im Kassenraum bekannt gemacht.“

Woran sich dieser variable Zinssatz jedoch bemisst, ist vielfach nicht geregelt. Es handelt sich hierbei um eine Vereinbarung der Vertragsparteien, die gemäß §§307 Abs. 1 S. 2, 308 Nr. 4 BGB für den Verbraucher intransparent ist. Dies, da sie nicht das erforderliche Mindestmaß an Kalkulierbarkeit möglicher Zinsänderungen aufweist (vgl. LG Kaiserslautern, Urteil vom 27.07.2018 . Az.: 3 O 65/18; BGH, Urteil vom 21.12.2010 – Az.: XI ZR 52/08).

Für den Verbraucher ist damit nicht erkennbar, wann und nach welchen Kriterien eine

Zinsanpassung vorgenommen wird. 

Diese Tatsache wurde zwischenzeitlich durch die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) bestätigt. So sind nach Angaben der Verbraucherzentrale Sachsen den Kunden der Sparkasse Leipzig auf diese Weise durchschnittlich 3.100,00 € entgangen.

Neue Erkenntnisse bzgl. der Zinsberechnung

Bisher unklar war, wie genau sich die unwirksamen Zinsanpassungsklauseln auf die Nachberechnung der Zinsen auswirken und wie sich letztendlich die Höhe des Anspruchs, den die Verbraucher gegen die Finanzinstitute besitzen, nachträglich bestimmen lässt.

Mit aktuellem Urteil vom 06.10.2021 stärkt der BGH in Karlsruhe mit seiner Entscheidung dann aber erneut den Rücken der Verbraucher. So hatte die Verbraucherzentrale mit der eingereichten Musterfeststellungsklage vor dem BGH in allen o.g. wichtigen Punkten Erfolg.

Die Richter am BGH haben dabei genaue Vorgaben für die Zins- und Berechnungsmethode gemacht: Für die Berechnung der Zinsen bei Altverträgen müsse ein Referenzzinssatz gerichtlich festgelegt werden. Dabei müsse die Bank einen relativen Abstand zum Referenzzinsatz halten und den Zinssatz monatlich anpassen, entschied der BGH.

Letztendlich hat das OLG Dresden jetzt zu klären, mit welchem Referenzzinssatz die Verträge nachzurechnen sind.

Es steht allerdings fest, dass Prämiensparer, deren Verträge nicht bereits 2017 oder früher endeten einen Nachschlag erhalten. Hierzu müssen die Sparkassen die Verträge neu abrechnen. Die Zinsen wie bisher nach „Gutsherrenart“ anzupassen, sei eine unangemessene Benachteiligung der Kunden und damit unwirksam, sagte Jürgen Ellenberger, Vize-Präsident des BGH.

Kostenfreie Ersteinschätzung

Wenn auch Sie im Besitz eines solchen Sparvertrages sind und dieser frühzeitig gekündigt wurde, dann lassen Sie diesen vollumfänglich prüfen. Oft liegt der Unterschied im Detail. Dies kann unter Umständen tausende von Euro ausmachen.

Gerne können Sie uns Ihre Unterlagen eingescannt an

info@kanzlei-haas.de

zukommen lassen.

Wir werden die Sach- und Rechtslage im Rahmen einer kostenfreien Ersteinschätzung prüfen und ihnen ein unverbindliches Angebot bzgl. einer rechtlichen Interessenvertretung zukommen lassen.

Foto(s): Martin Josef Haas

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