Radfahrer stürzt über Bodenschwelle: Schadensersatz?

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Die Verkehrswende soll noch mehr Fahrräder auf die Straße bringen. Doch schon heute ist der Zustand mancher Straßen beklagenswert und es kommt häufig zu Stürzen bei Unebenheiten. Wer aber haftet, wenn ein Radfahrer über eine erkennbare Bodenschwelle stürzt? Muss die zuständige Gemeinde dann Schadensersatz zahlen? Oder hätte der Radfahrer besser aufpassen und seine Fahrweise an die Gegebenheit der Straße anpassen müssen? Über einen solchen Fall hat das Landgericht Köln entschieden (LG Köln, Urteil v. 11. Mai 2021, Az.: 5 O 86/21).

Fahrradsturz: wann haftet die Gemeinde?

Im Frühjahr 2020 war ein Fahrradfahrer zusammen mit einem Bekannten unterwegs. Beide fuhren mit einer Geschwindigkeit von 20 bis 30 km/h in eine Ortschaft hinein. Kurz nachdem sie das Ortsschild passiert hatten, stürzte der Fahrradfahrer über eine geteerte Bodenschwelle. Hierbei brach er sich ein Schlüsselbein und sein Fahrrad wurde schwer beschädigt.

Der Fahrradfahrer ist der Ansicht, dass die Gemeinde für den Sturz verantwortlich ist und auf die Bodenschwelle hätte hinweisen müssen. Er selbst habe so – also ohne Hinweis – das Hindernis nicht erkennen können. Er verlangte daher von der Gemeinde knapp EUR 5.000 Schadensersatz.

Die Gemeinde war zur Zahlung allerdings nicht bereit. Sie habe ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt. Vielmehr sei die Bodenschwelle ordnungsgemäß in den Straßenbelag verbaut. Zudem sei die Straße aber auch um die Bodenschwelle herum in einem so schlechten Zustand, dass ohnehin erhöhte Aufmerksamkeit des Fahrradfahrers gefordert gewesen wäre.

Damit gab der Fahrradfahrer sich nicht zufrieden und erhob Klage. Das allerdings ohne Erfolg.

LG Köln: kein Schadensersatz wegen Erkennbarkeit

Das Landgericht wies seine Klage ab. Nach Ansicht des Gerichts hatte die Gemeinde keine Amtspflicht verletzt. Daher stehe dem Fahrradfahrer auch kein Schadensersatz aus § 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. Art. 34 Grundgesetz (GG) zu. Der Zustand der Straße sei nicht verkehrswidrig gewesen. Nur durch die Bodenschwelle sei es überhaupt möglich, dass Oberflächenwasser abgeführt und so Überschwemmungen und Vereisungen verhindert werden. Sie trage daher – im Gegenteil – zum ordnungsgemäßen Zustand der Straße bei und sei außerdem klar zu erkennen gewesen.

Darüber hinaus hätte der Radfahrer in dem Bereich ohnehin besonders vorsichtig fahren müssen, so das Gericht. Angesichts der Schlaglöcher und Risse in der Straße in unmittelbarer Nähe zur Bodenschwelle hätte er seine Fahrweise diesen widrigen Verkehrsverhältnissen anpassen müssen. Es sei nicht die Verpflichtung der Gemeinden, sämtliche Gefahren von den Straßen fernzuhalten, sondern nur solche, die für sorgfältige Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die sie sich daher auch nicht – rechtzeitig – einstellen können. Das Hindernis sei derart offensichtlich gewesen, dass die Gemeinde auch nicht verpflichtet war, ein Warnschild aufzustellen.

Folgen für die Praxis

Verkehrsteilnehmer sollten sich nicht „blind“ darauf verlassen, dass die zuständige Gemeinde alle Gefahren von „ihren“ Straßen fernhält. Gemeinden haben zwar eine Verkehrssicherungspflicht. Diese verpflichtet sie aber nur dazu, solche Gefahren auszuräumen, die auch bei sorgfältiger Betrachtung nicht zu erkennen sind und denen man daher nicht rechtzeitig ausweichen kann.

Sie sind trotz größtmöglicher Aufmerksamkeit auf einer öffentlichen Straße zu Schaden gekommen? Sie sind davon überzeugt, dass die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hat? Sprechen Sie mich an. Ich prüfe gerne für Sie, ob ein Schadensersatzanspruch besteht, und setze ihn ggf. für Sie durch – außergerichtlich oder, wenn nötig, auch vor Gericht.

Foto(s): ©Adobe Stock/WavebreakmediaMicro

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