Reisemangel und Verschulden des Veranstalters

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Mit Urteil vom 6. Dezember 2016 (X ZR 117/15 sowie X ZR 118/15) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein unabwendbarer Verkehrsunfall, der sich auf der zum Reisevertrag gehörenden Fahrt vom Flughafen zum Hotel ereignete, einen Reisemangel darstellt.

Was war geschehen?

Die Kläger buchten eine Pauschalreise in die Türkei. Reisezeit war die zweite Hälfte des Dezember 2013. Während des Bustransfers vom Flughafen zum Hotel wurde der Bus Opfer eines Geisterfahrers, d. h. der Bus wurde auf der eigenen Spur durch ein entgegenkommendes Auto gerammt. Die Kläger wurden zum Teil schwer verletzt. Sie verlangten vom Reiseveranstalter den gesamten Reisepreis zurück.

Urteile I. und II. Instanz

Das zunächst angerufene Amtsgericht hatte den Klagen teilweise stattgegeben. Gegen diese Urteile hatte der Reiseveranstalter Berufung zum Landgericht eingelegt. Dieses hat die erstinstanzlichen Urteile abgeändert und die Klagen insgesamt abgewiesen. Das Landgericht hat das Vorliegen von Reisemängeln verneint und angenommen, der durch den Geisterfahrer verursachte Unfall sei Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos der Reisende, für das der Reiseveranstalter nicht einzustehen hat. Das Landgericht hat die Revision zugelassen, die von den Klägern eingelegt wurde.

Die Auffassung des Bundesgerichtshofs

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Reiseleistung insgesamt mangelhaft gewesen ist und aus dem Grund der Reiseveranstalter den gesamten Reisepreis zurückzahlen muss.

Zur Leistungsverpflichtung des Reiseveranstalters gehörte es nach Auffassung der Bundesrichter, die Reisenden unbeschadet vom Flughafen zum Hotel zu befördern. Dies sei dem Reiseveranstalter nicht gelungen und aus dem Grund konnten die Reisenden auch die weiteren Reiseleistungen nicht mehr in Anspruch nehmen. Für die Erstattung des Reisepreises (Minderung gemäß § 651d Abs. 1 BGB) ist es unerheblich, dass der Reiseveranstalter an der Entstehung des Unfalls kein Verschulden trägt.

Diese Auffassung ist zutreffend. Die Minderung des Reisepreises tritt nämlich kraft Gesetzes unabhängig vom Verschulden des Veranstalters ein. Mit der Entstehung des Reisemangels mindert sich der Reisepreis, ohne dass der Reiseveranstalter in irgendeiner Form auf den Mangel Einfluss haben muss. Der Reiseveranstalter haftet daher umfassend für das Gelingen der Reise. Zu den Reiseleistungen gehörte im vorliegenden Fall die Beförderung vom Flughafen zum Hotel mittels Bus. Damit war der Transfer Bestandteil des Reisevertrages. Leistungsstörungen müssen daher zur Minderung des Reisepreises führen. Folge des Reisemangels ist es gewesen, dass die nachfolgenden Reiseleistungen von den Klägern nicht mehr in Anspruch genommen werden konnten. Die Minderung des Reisepreises in Höhe von 100 % ist daher konsequent.

Auch wenn Reiseveranstalter zur Abwehr von Minderungsansprüchen oft die Verantwortlichkeit für den Reisemangel in Abrede stellen, haften sie dennoch auf die Rückzahlung des Reisepreises. Lediglich die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen scheitert dann, wenn sich der Reiseveranstalter darauf berufen kann, dass ihm ein Verschulden an der Entstehung des Schadens nicht zur Last gelegt werden kann. Die Reisenden werden daher wohl weder Schmerzensgeld noch Ersatz der Heilbehandlungskosten fordern können. Diese Ansprüche können sie allenfalls beim Halter des den Unfall verursachenden Fahrzeuges geltend machen.

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