Rentenversicherungsbeiträge für Pflegepersonen

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In Zeiten einer immer älter werdenden Gesellschaft, eines erheblichen Personalmangels in der professionellen Pflege und damit einhergehender stärkerer Einbindung von Angehörigen (oder sonstiger Privatpersonen) in die Pflege stellt sich die Frage, inwieweit Pflegepersonen, die ggf. berufliche Einschränkungen in Kauf nehmen, hierfür einen Ausgleich im Hinblick auf ihre gesetzliche Altersversorgung erhalten.

Mit Einführung der neuen Pflegegrade zum 01.01.2017 wurde auch die rentenrechtliche Absicherung der Pflegepersonen neu geregelt. Dieser Rechtstipp soll Ihnen hierzu einen Überblick verschaffen.

Voraussetzungen für die Anerkennung von Beitragszeiten:

Für die Anerkennung von Rentenzeiten für die jeweilige Pflegeperson müssen die folgenden Voraussetzungen (Mindestpflegeumfang) erfüllt sein:

  • mindestens Pflegegrad 2 bei der pflegebedürftigen Person festgestellt;
  • Pflegetätigkeit darf nicht erwerbsmäßig ausgeübt werden;
  • Pflegetätigkeit wird mindestens zehn Stunden wöchentlich an regelmäßig mindestens 2 Tagen pro Woche ausgeübt;  
  • Pflegetätigkeit wird voraussichtlich mehr als zwei Monate bzw. 60 Tage im Jahr ausgeübt;
  • keine Erwerbstätigkeit neben der Pflegetätigkeit von regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich (einzelne Ausnahmen sind unschädlich);
  • Pflegetätigkeit muss in der häuslichen Umgebung der pflegebedürftigen Person erfolgen.

Sofern diese Voraussetzungen erfüllt sind, tritt Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ein (Ausnahme für Regelaltersrentner*innen siehe unten).

Die Feststellung des Pflegegrades 1 genügt nicht für die Anerkennung von Beitragszeiten, da diesem Pflegegrad eher leichte Beeinträchtigungen zugrunde liegen, die nicht zu der Bewilligung von Pflegegeld oder Pflegesachleistungen führen. Der Pflegegrad 1 entspricht der früheren „Pflegestufe 0“ bzw. „unter 1“.

Höhe der Rentenbeiträge (Stand 2020):

Die Höhe der abzuführenden Rentenversicherungsbeiträge hängt von dem festgestellten Pflegegrad sowie der der jeweils in Anspruch genommenen Pflegeleistung (Pflegegeld, Pflegesachleistung, Kombinationsleistung) ab.

Bei einem Bezug von Pflegesachleistungen im Pflegegrad 2 werden monatlich 111,97 € (alte Bundesländer) bzw.105,81 € (neue Bundesländer), bei dem Bezug von Pflegegeld im Pflegegrad 5 monatlich 592,41 € (alte Bundesländer) bzw. 559,86 € (neue Bundesländer) dem Rentenkonto gutgeschrieben.

Bei dem Bezug einer Kombinationsleistung im Pflegegrad 3 belaufen sich die Rentenbeiträge auf monatlich 216,53 € (alte Bundesländer) bzw. 204,63 € (neue Bundesländer). Einschlägige Tabellen zu den einzelnen Graden bzw. Leistungsarten finden sich im Internet.

Eine anerkennungsfähige Pflegetätigkeit führt nicht nur zu einer Erhöhung der Rentenanwartschaft, sondern kann auch bestimmte Wartezeiten im Hinblick auf eine Erwerbsminderungsrente oder eine Altersrente für besonders langjährig Versicherte erfüllen.

Besonderheit bei pflegenden Altersrentnern/Altersrentnerinnen:

Sofern die Regelaltersgrenze, die je nach Geburtsjahr individuell ist, noch nicht erreicht ist, müssen Sie nichts unternehmen. Die Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person wird die Rentenbeiträge automatisch abführen und Ihnen zuvor einen entsprechenden Fragebogen zusenden, um alle erforderlichen Daten zu erfassen. Dies gilt auch für Personen, die eine Erwerbsminderungsrente oder eine vorgezogene Altersrente, z.B. die Altersrente für schwerbehinderte Personen oder eine Altersrente für (besonders) langjährig Versicherte, beziehen.

Sofern Sie jedoch bereits die für Sie maßgebliche Regelaltersgrenze erreicht haben und mithin eine Regelaltersrente beziehen, sind Sie grundsätzlich nicht mehr versicherungspflichtig in der Rentenversicherung, so dass eine Anerkennung von rentenerhöhenden Pflegezeiten zunächst ausscheidet. Durch die Einführung der sog. Flexi-Rente besteht jedoch die Möglichkeit, jederzeit von einer Voll- in eine Teilrente zu wechseln. Im Gegensatz zu der früheren Regelung ist es nun möglich, auf lediglich ein Prozent der Altersrente zu verzichten, also eine Teilrente in Höhe von 99% zu beziehen. Beiträge, die während des Bezuges einer Teilrente eingezahlt werden, z.B. durch eine Pflege- oder Erwerbstätigkeit, werden dann zum 01. Juli des Folgejahres dem Rentenkonto gutgeschrieben. Sobald die Pflegetätigkeit endet, kann die Teilrente zum jeweils nächsten Monatsersten wieder in eine Vollrente umgewandelt werden. Die für die Pflegetätigkeit gutgeschriebenen Rentenbeiträge bleiben erhalten. Lediglich während des Bezuges der Teilrente musste auf 1% der Bruttorente verzichtet werden.

Um von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, ist es erforderlich, einen entsprechenden Antrag bei dem eigenen Rentenversicherungsträger zu stellen. Im Zweifel kann Ihr zuständiger Rentenversicherungsträger auch eine Vergleichsberechnung durchführen, um zu überprüfen, ob Sie durch eine Teilrente und die Gutschrift von Pflegezeiten bessergestellt sind.

Mit freundlichen Grüßen aus Braunschweig!

Sebastian Berg

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Sozialrecht


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