Reparaturkostenersatz trotz (wirtschaftlichem) Totalschaden?

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Bei einem (wirtschaftlichen) Totalschaden übersteigen die voraussichtlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert. In solchen Fällen kann der Geschädigte grundsätzlich nur Ersatz des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeuges (abzüglich dem Restwert des Unfallfahrzeuges) von der Kfz.-Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers verlangen. Eine Ausnahme gilt in den Fällen in denen die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um nicht mehr als 130 % übersteigen und der Geschädigte ein Integritätsinteresse am Fortbestand des Fahrzeuges hat. Letzteres kann der Fall sein wenn es sich bei dem beschädigten Fahrzeug um ein Liebhaberfahrzeug, einen „Oldtimer" oder ein besonders gepflegtes Fahrzeug handelt.

Bisher haben die Kfz.-Haftpflichtversicherer bei Vorlage einer Reparaturrechnung in diesen Fällen den Schaden anstandslos reguliert. Zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes haben dies mittlerweile geändert.

Mit Urteil vom 27.11.2007, AZ: VI ZR 56/07 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass der Geschädigte dieses Integritätsinteresse im Regelfall nur dadurch hinreichend zum Ausdruck bringt, dass er das Fahrzeug nach der Reparatur für einen längeren Zeitraum, der auf mindestens 6 Monate bemessen wird, nutzt. Diese Rechtsauffassung hat der BGH in einem weiteren Urteil (BGH VI ZR 237/07) bestätigt.

Beide Urteile werden von vielen Kfz.-Haftpflichtversicherern in der Korrespondenz zwischen Geschädigten, Sachverständigen und Werkstätten zitiert und die volle Schadensregulierung (zunächst) verweigert.

Zahlreiche Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte haben allerdings bereits entschieden, dass eine sechsmonatige Wartefrist in den „Normalfällen" in denen sich die Reparaturkosten innerhalb der 130 % Regelung bewegen, der Geschädigte sein Fahrzeug sofort reparieren lässt und nicht veräußert, nicht einzuhalten ist. All diese Entscheidung wurden trotz der aktuellen BGH Rechtsprechung getroffen. Bei der Auseinandersetzung mit den Versicherern ist nämlich zu beachten, dass den vom BGH entschiedenen Fällen nicht der „Normalfall" einer Regulierung aus Basis der „130 % Regelung" zu Grunde lag.

Im ersten zitierten Fall hat der Geschädigte lediglich auf fiktiver Basis den Schaden reguliert, im zweiten Fall hat der Geschädigte ausdrücklich mitgeteilt, dass er kein Interesse daran habe das Fahrzeug zu behalten und hat dies kurz nach dem Unfall sogar veräußert. Die von den Versicheren zitierten Entscheidungen sind somit in der Mehrzahl der genannten Fälle nicht einschlägig.

Bisher ist noch kein „Normalfall" einer Regulierung auf Basis der 130 %- Regelung zum BGH vorgedrungen. Es bleibt daher abzuwarten ob der BGH die (beachtlichen) Argumente teilt, die in den Instanzengerichten vertreten werden.

 



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