Rückforderung der Miete bei Flächenabweichung

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Bei der Anmietung einer neuen Wohnung wird bereits in der Anzeige oder spätestens während des Besichtigungstermins die Sprache auf die genaue Größe der Wohnung kommen. Häufig geben Vermieter hier bereitwillig Auskunft, ohne jedoch die genaue Größe der Wohnung zu kennen. Sie beziehen sich meist auf Unterlagen Dritter, deren Richtigkeit nicht überprüft worden ist.


Was passiert jedoch, wenn die tatsächliche Fläche von der genannten Fläche erheblich abweicht?

Ist das ein Mangel? Und wenn ja, welche Ansprüche hat man?


§ 536 BGB ist die maßgebliche Regelung und lautet wie folgt:


(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder ……., So ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten.

 (2) Abs. 1 S. 1 und 2 gilt auch, wenn eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt.


Für die Frage, ob die Flächenabweichung einen Mangel darstellt, kommt es darauf an, ob der Vermieter die Eigenschaft (Größe der Wohnung) zugesichert hat ( § 536 Abs.2 BGB)


Aber stellt jede Unterhaltung, in der die Größe der Wohnung erwähnt wird, bereits eine zugesicherte Eigenschaft dar?


Nein, die Zusicherung einer Eigenschaft setzt voraus, dass eine Partei die Gewähr für das Vorhandensein der Eigenschaft derart übernommen hat, dass sie für diese unbedingt einstehen will.

Die bloße Unterhaltung im Vorfeld des Vertrages reicht hierfür nicht aus. Darüber hinaus muss der Mieter diese mündliche Zusage beweisen. Dies wird in den allermeisten Fällen nicht gelingen.  


Wann liegt also eine zugesicherte Eigenschaft vor?


Eine zugesicherte Eigenschaft soll vorliegen, wenn die Größe der Wohnung im Mietvertrag mit einer konkreten Zahl, z.B. 100 m², bestimmt wird.


Ist jede Abweichung ein Mangel?


Ja; aber nicht jeder Mangel berechtigt den Mieter zur Minderung.

Nach der sog. 10 % Rechtsprechung des BGH liegt ein Mangel vor, wenn die tatsächliche Wohnfläche um mehr als 10 % von der zugesicherten Wohnungsgröße abweicht.

Das gilt auch dann, wenn die als Beschaffenheit vereinbarte Wohnfläche mit einer „ca.“-Angabe versehen ist.


Was bedeutet das?


Weicht also die tatsächliche Wohnfläche von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche um mehr als 10 % ab, liegt darin ein Mangel. Dem Mieter stehen aufgrund dieses Mangels die Gewährleistungsansprüche des Mietrechts zur Verfügung. 

1.Die Mieter können die Miete also für die Zukunft in angemessener Höhe mindern. 

2.Die Mieter haben aber auch bereits in der Vergangenheit für eine Wohnung einen Mietzins bezahlt, in der Annahme, dass die Wohnung größer ist.  Die Mieter haben auch für die Vergangenheit einen Anspruch auf Rückzahlung der zuviel gezahlten Miete.


Anhand eines Rechenbeispiels soll die Tragweite dieses Anspruchs verdeutlicht werden:

In einem Mietvertrag vom 31.03.2017 trägt der Vermieter eine Fläche von ca. 170 m² ein. Gleichzeitig verlangte hierfür eine Miete i.H.v. 1.100,00 €.

Tatsächlich misst die Wohnung 132,39 m². Der Flächenunterschied der Wohnung beträgt 37,61 m², was 22 % der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche entspricht. Dies bedeutet eine monatliche Überzahlung des Mieters i.H.v. 242 €.

Für die Zeit von April 2017 (Beginn des Mietverhältnisses) bis Dezember 2021 beläuft sich also der Rückzahlungsanspruch des Mieters auf einen Betrag i.H.v. 13.552 € (56 Monate mal 242,00 €).

Der Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Rückzahlung beruht auf §§ 812 1 Alt. 1, 818 Abs.2 BGB. Dieser Bereicherungsanspruch entsteht mit Zahlung der monatlichen Miete, da sich diese wegen der zu kleinen Wohnfläche nach § 536 Abs.1 BGB automatisch mindert. Eine Mangelanzeige nach            § 536 c 1 BGB ist entbehrlich, weil die Flächenunterschreitung unbehebbar ist.


Für welchen Zeitraum kann der Mieter die überzahlte Miete zurückfordern?


Höchstens für 10 Jahre.

Für die Verjährung des Rückzahlungsanspruchs gilt zunächst eine Höchstfrist von zehn Jahren ab Anspruchsentstehung (§ 199 Abs. 4 BGB).

Unabhängig davon beginnt die dreijährige Regelverjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Mieter Kenntnis von der Flächenabweichung erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§§199 Abs.1, 195 BGB).


Ab wann hat der Mieter Kenntnis? 


Allein der optische Eindruck von der Wohnung reicht hierfür nicht aus. Nicht überzeugend ist die Ansicht, dass der Mieter mit Bezug der Wohnung Kenntnis von der Flächenabweichung erlangt, weil er die Längen und Breiten der Räume zum Stellen seiner Möbel ausmisst. Die Berechnung der Wohnfläche ist jedoch komplexer. So sind Grundflächen in Abhängigkeit von der Raumhöhe nicht oder nur teilweise anrechenbar und die Anrechnung von Freiflächen hängt teils von deren Nutzbarkeit oder Überdachung ab.

Daher erlangt der Mieter erst mit Neuvermessung der Wohnung Kenntnis von der Flächenabweichung.


Fazit


Es kann sich aus Sicht eines Mieters also durchaus lohnen, die Wohnungsgröße zu überprüfen und gegebenenfalls Ansprüche gegen den Vermieter gelten zu machen. 

Doch Vorsicht: Keinesfalls sollten vorschnell Ansprüche geltend gemacht werden!!

Denn in Mietverträgen können wiederum Regelungen enthalten sein, die zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung führen können. 

Daher sollte der Vertrag in jedem Fall vorab vollständig durch einen Rechtsanwalt geprüft werden.



Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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