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Mietminderung wegen Baulärms: Kann die Miete von Ihnen als Mieter gekürzt werden?

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Mietminderung wegen Baulärms: Kann die Miete von Ihnen als Mieter gekürzt werden?

Experten-Autor dieses Themas

Wo gehobelt wird, da fallen Späne – beziehungsweise entstehen Staub oder Baulärm, wenn Maßnahmen zum Erhalt der Bausubstanz einer Immobilie oder zu deren Modernisierung durchgeführt werden. An jeder Immobilie muss bekanntlich früher oder später in irgendeiner Weise auch gebaut werden.

Diese Baustellen sorgen jedoch nicht nur für Schmutz und eine unangenehme Geräuschkulisse in den Nachbargebäuden und in den Wohnungen von Mietern, sondern nicht selten auch irgendwann für Frust bei den Anwohnern. Der Baulärm, der beispielsweise von Schuttrutschen, Presslufthämmern, lange anhaltenden Baggergeräuschen oder lange anhaltendem Hämmern ausgeht, treibt viele Mieter zu der Frage: „Mit welchen Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten muss ich eigentlich leben und wie lange noch?“, und: „Kann ich wegen des Lärms die Miete mindern?“

Das sind verständliche und durchaus berechtigte Fragen, die auch unsere Gerichte regelmäßig beschäftigen. Notwendige Baumaßnahmen müssen zwar grundsätzlich bis zu einem gewissen Grad geduldet werden, unter gewissen Voraussetzungen aber ist auch eine Mietminderung möglich. Welche Voraussetzungen das sein können, erfahren Sie in diesem Ratgeber.

Wird die vertragsgemäße Nutzung der Wohnung nämlich erheblich beeinträchtigt oder gar unmöglich, stehen die Chancen auf eine Minderung der Miete grundsätzlich gut, denn gemäß § 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) hat der Vermieter diese während der gesamten Mietzeit zu gewährleisten. Baulärm stellt in einigen Fällen eine solche Beeinträchtigung dar.

Vorausgesetzt wird immer, dass es bei Abschluss des Mietvertrages keine sogenannte anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung gab – zum Beispiel die Vereinbarung, aufgrund derer der Mieter einen bestimmten, im Vertrag genau definierten Lärm duldet oder der Vermieter andauernde Ruhe zusichert. Solche mietvertraglichen Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache können auch konkludent getroffen werden – das bedeutet, durch schlüssiges Verhalten beziehungsweise eine stillschweigende Willenserklärung. Sie sind jedoch eher die Ausnahme. Es genügt nicht, wenn der Mieter bei Unterzeichnung des Mietvertrages hinsichtlich des zu erwartenden Lärms eine bestimmte Vorstellung hat, sondern der Vermieter muss darauf in irgendeiner Form zustimmend reagieren (können).

Mietminderung wegen Baulärms im Haus: Ursachen des Lärms

Bauarbeiten im oder am Haus muss der Vermieter den Mietern rechtzeitig ankündigen, hier besteht eine Informationspflicht des Vermieters (§ 555a Abs. 2 BGB). In dieser Zeit sollen sich die Mieter ausreichend auf die Bauarbeiten einstellen können. Bei Bauarbeiten im und am Haus ist zu unterscheiden:

Baulärm wegen Instandhaltung

Das sind Erhaltungsmaßnahmen, die vor allem die vertragsgemäße Nutzung der Mietsache, sprich der Wohnung, gewährleisten sollen. Meist handelt es sich um Renovierungsarbeiten. Diese sind dem Mieter formfrei (also auch mündlich möglich) und rechtzeitig kundzutun. Eine Frist ist hierbei gesetzlich nicht festgelegt und einzelfallbezogen durchaus unterschiedlich. Allgemein wird für Instandhaltungsmaßnahmen innerhalb der Mietsache eine Frist von zwei Wochen, und außerhalb der Mieträume eine Frist von drei Tagen als ausreichend erachtet. Dabei ist eine Mietminderung eher unwahrscheinlich. 

Baulärm wegen Modernisierung

Eine Modernisierung dagegen wertet die Mietsache selbst auf. Die Frist zur Ankündigung der Maßnahmen zur Modernisierung ist gesetzlich festgelegt und beträgt drei Monate vor ihrem Beginn, § 555c Abs. 1 BGB. Hier kann bei Baulärm, der einen nicht unerheblichen Mangel der Mietsache darstellt, die Miete gemindert werden (Mietmangel, § 536 BGB).

Baulärm: Zulässige Höchstwerte

Eine erhebliche Einschränkung der Wohnqualität liegt beispielsweise vor, wenn das zumutbare Maß an Baulärm während der Baumaßnahmen lang andauernd überschritten wird. Dafür sind die sogenannten Immissionsrichtwerte von Bedeutung, die in der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen“ genau benannt werden. Diese wurden wie folgt festgesetzt:

Gebiet


Zulässige Höchstwerte der Geräusche (Lautstärke), dB = Dezibel


Gewerbegebiet

70 dB

vorwiegend Gewerbegebiet

tagsüber 65 dB, nachts 50 dB

Mischgebiete (ca. 50 % Gewerbegebiet, 50 % Wohngebiet

tagsüber 60 dB, nachts 45 dB

vorwiegend Wohngebiet

tagsüber 55 dB, nachts 40 dB

ausschließlich Wohngebiet

tagsüber 50 dB, nachts 35 dB

Kurgebiete, Krankenhäuser und Pflegeanstalten

tagsüber 45 dB, nachts 35 dB

Entsprechend der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen vom 19. August 1970 gilt als Nachtzeit die Zeit von 20:00 Uhr bis 7:00 Uhr. Mittagsruhezeiten werden darin nicht gesondert erwähnt, der Samstag gilt als Werktag. Bei Modernisierungsmaßnahmen mit erheblichem Baulärm, der die Richtwerte der Geräuschimmissionen überschreitet, könnte eine Minderung der Miete durchaus Aussicht auf Erfolg versprechen.

Zuerst einmal muss der Mieter den Vermieter schriftlich über den Mangel (Baulärm) in Kenntnis setzen (§ 536c BGB). 

Zum Nachweis des Baulärms empfiehlt es sich, ein detailliertes Lärmprotokoll zu führen und darin die Beeinträchtigungen – mit Datum, Uhrzeit, Art und Frequenz – so exakt wie möglich anzugeben. Im Zweifel kann die Miete auch erst einmal unter Vorbehalt gezahlt werden. Der Umfang der Mietminderung hängt vom Grad der Beeinträchtigung oder auch von der Schwere des vorhandenen Mangels ab.

Ausnahme von der Mietminderung wegen Baulärms: Energetische Modernisierung

Baulärm durch Bauarbeiten, die der energetischen Modernisierung eines Mietobjekts dienen, müssen für eine Dauer von drei Monaten ohne eine Mietminderung vom Mieter geduldet werden (§ 536 Absatz 1a in Verbindung mit § 555b Nr. 1 BGB). Zu einer energetischen Sanierung zählt in der Regel die Dämmung des Daches, die Erneuerung der Heizanlage, der Einbau von Solarpaneelen, der Einbau von Lüftungsanlagen für eine Wärmerückgewinnung und Ähnliches. Im Grunde sind das Maßnahmen, die dazu führen, dass der Energieverbrauch sinkt. Eine Minderung der Miete ist hier nur statthaft, wenn die Wohnung während der Modernisierungsmaßnahmen vollkommen unbewohnbar wird.

Wichtig: Hatte der Mieter schon beim Unterzeichnen des Mietvertrags Kenntnis über geplante Bauarbeiten im oder am Haus, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine Mietminderung. Auch bei Einzug in ein Neubaugebiet, in Baulücken oder in baufällige Mietobjekte gehen Gerichte immer öfter von Kenntnis bzw. grob fahrlässiger Unkenntnis – beispielsweise bei öffentlich bekannten Bauprojekten – aus und entscheiden gegen eine Mietminderung. Dabei geht es natürlich immer um die expliziten Umstände jedes einzelnen Falls.

Mietminderung aufgrund einer Baustelle

Wo sich die Quelle der Lautstärke befindet, spielt für das Recht des Mieters, die Miete zu mindern, keine Rolle. Ebenso ist es unerheblich, ob der Vermieter für den Lärm verantwortlich ist oder nicht. Deshalb kann unter besonderen Umständen auch bei Baulärm, der durch Straßenarbeiten oder durch Lärm durch von der Stadt beauftragte Baumaßnahmen entsteht, die Miete gemindert werden. Bei Baumaßnahmen, die dem Allgemeinwohl dienen, sehen einige Gerichte aber das Recht des Mieters, die Miete zu mindern, als nicht gegeben an.

Oft geht es bei einer Mietminderung wegen Baulärms auch um Baustellen aufgrund von Straßenbauarbeiten. Da aber fast jeder von uns Straßen nutzen möchte, ist eine Mietminderung nicht immer erfolgreich. Straßenbauarbeiten sind meist unumgänglich. Sie finden nur gelegentlich statt und sind in ihrer Dauer absehbar. Deshalb stellt kurzfristiger Baulärm wegen Straßenbauarbeiten in der Regel keinen Grund zur Mietminderung dar. Straßenbauarbeiten gehören zum Alltags- und Lebensrisiko eines jeden Bürgers.

Ob eine Mietminderung erfolgen kann, richtet sich speziell nach jedem Einzelfall und danach, inwieweit die Wohnung noch gebrauchstauglich ist. So hieß es in der Entscheidung des Amtsgerichts Berlin Pankow-Weißensee, Beschluss vom 12.10.2009 (102 C 207/09), dass man gerade in einer Großstadt damit rechnen muss, dass Straßen auch einmal saniert werden müssen. In einem anderen Urteil vom 17.10.2006 (310 C 1727/06) entschied das Amtsgericht Fürth beispielsweise, dass Baulärm wegen Brückensanierungsmaßnahmen nicht zur Mietminderung berechtigt, da er ein allgemeines Lebensrisiko darstellt, das beim Mieter verbleibt und nicht auf den Vermieter übergeht.

Mietminderung wegen Baulärms auf dem Nachbargrundstück

Auch hier muss der Baulärm die Mietsache über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen, bevor eine Mietminderung erfolgreich durchgesetzt werden kann. Zwar wesentliche, aber ortsübliche Beeinträchtigungen haben Mieter zu dulden, wenn sie vom Benutzer des anderen Grundstücks nicht mit wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen verhindert werden können (Duldungspflicht gemäß § 906 BGB). So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 29.04.2020 (Az.: VIII ZR 31/18), dass der Mieter nicht den Vermieter für den Lärm des Nachbargrundstücks verantwortlich machen kann, wenn der Vermieter selbst gar keine Möglichkeit hat, rechtlich gegen den Lärm vorzugehen, und keine Entschädigungsansprüche gegen den Lärmverursacher durchsetzen kann.

Mietminderung Baulärm: Musterbrief an den Vermieter


Name des Mieters

Anschrift des Mieters

Telefon

E-Mail

Ort, Datum



Name des Vermieters

Anschrift des Vermieters


Betreff: Mängelanzeige und Ankündigung einer Mietminderung, Fristsetzung Mängelbeseitigung bis (Datum)

Mietsache: Anschrift, Stockwerk, links/rechts,


Sehr geehrte Damen und Herren,


hiermit zeige ich folgenden Mangel an, der mir seit (Datum) bekannt ist: Gebrauchsminderung der Mietsache durch Baulärm im Haus.


Seit (Datum) werden im Haus Bauarbeiten durchgeführt. Der dadurch verursachte Baulärm ist sehr massiv. Schmutz und Staub gelangen permanent in meine Wohnräume. Die Gebrauchstauglichkeit der genannten Wohnung wird dadurch ganz erheblich beeinträchtigt.


Der Baulärm wird durch folgende Bauarbeiten verursacht:

(Hier konkrete Bauarbeiten nennen, die die Mängel verursachen, beispielsweise: Einsatz von Presslufthämmern).


Der Lärm tritt in der Zeit zwischen … Uhr und … Uhr durchgehend auf. Es ist mir dadurch nicht möglich, meiner Tätigkeit im Homeoffice nachzugehen oder nach der Arbeit zu entspannen. Die Arbeiten erfolgen auch zu den Ruhezeiten.


Deshalb bitte ich um Beseitigung des dargestellten Mangels zeitnah, spätestens jedoch bis zum (Datum). Sollte der Mangel danach weiter bestehen, werde ich gemäß § 536 BGB die Miete ab (Datum) um (X) Prozent mindern. Bis dahin zahle ich ab sofort die Miete unter Vorbehalt.


Mit freundlichen Grüßen


Mieter



Tabelle: Mietminderung wegen Baulärms

Die nachfolgende Tabelle führt einige Beispiele auf, in welcher prozentualen Höhe verschiedene Gerichte eine Mietminderung für angemessen hielten. Jeder Fall ist jedoch ein Einzelfall.

Grund für die Minderung

Minderung

Aktenzeichen

Schmutz und Baulärm einer Großbaustelle in der Nachbarschaft

20 %

5 S 60/85

LG Göttingen

Stemm- und Sägearbeiten, Dachgeschossausbau

10 %

63 S 439/93 

LG Berlin

Umfangreiche Bau- und Sanierungsarbeiten im Haus und Dachgeschoss

60 %

44 C 1605/86

AG Hamburg

Erhebliche Bauarbeiten über sechs Monate

22 %

1 S 46/86

LG Hannover

Sanierung

14,5 %

212 C 210/82

AG Köln

Neubau einer Bundesbahnstrecke

10 %

1 S 805/88

LG Kassel

Abriss eines Weltkriegsbunkers in unmittelbarer Nachbarschaft

50 %

AG Hannover, Entsch. vom 10.12.2020

Gerüst und Bauarbeiten am Haus

20 %

93 C 2696/11

AG Wiesbaden

Gerüst vor Dachgeschosswohnung, inklusive Dacharbeiten

50 %

VIII ZR 181/12

BGH

Lärmbelästigung durch Bautrockner, Lärmpegel 50 dB

100 %

109 C 256/07

AG Schöneberg

Grundsätzlich würde ich empfehlen, als Mieter zuerst das Gespräch mit dem Vermieter zu suchen, um miteinander über die vorliegenden Probleme zu reden und im besten Fall eine Einigung mit dem Vermieter zu erzielen, denn jeder Streit vor Gericht kostet Nerven, Zeit und Geld.

Foto(s): ©Adobe Stock/toxicoz

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