Sanktionen im Jugendstrafrecht

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Das Jugendstrafrecht wird in besonderem Maße vom Erziehungsgedanken geprägt. Daher sieht das Jugendgerichtsgesetz (JGG) besondere Sanktionen vor, die dem Erziehungsgedanken und dem Entwicklungsprozess der Jugendlichen oder Heranwachsenden besser gerecht werden als die Sanktionen des StGB. In der Palette der Sanktionsmöglichkeiten im Jugendstrafrecht ist zunächst zwischen Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und der Jugendstrafe zu unterscheiden.

Erziehungsmaßnahmen

An erster Stelle ist die Verhängung von Erziehungsmaßnahmen denkbar. Ziel dieser ist es, Erziehungsmängel zu beseitigen und so eine erneute Straffälligkeit zu verhindern. Dies kann auf zwei Weisen geschehen. Zum einen ist es möglich Weisungen i.S.d. § 10 JGG zu erteilen. Dabei handelt es sich um Ge- oder Verbote, wie z. B. die Weisung, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen. Bei der Auswahl solcher Weisungen ist der Richter grundsätzlich frei und nicht an einen speziellen Katalog gebunden. Wenn nötig, ist es auch möglich, die Weisung zu ändern oder ihre Laufzeit zu verlängern. Wird die Weisung nicht befolgt, so kann Jugendarrest von bis zu vier Wochen verhängt werden. Im Rahmen der Erziehungsmaßnahmen ist darüber hinaus auch die Anordnung von Hilfe zur Erziehung gem. § 12 JGG möglich. Unter Umständen ist so z. B. eine Heimunterbringung möglich, wenngleich solche Anordnungen eher selten erfolgen. Erst wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen, können Zuchtmittel und Jugendstrafe verhängt werden.

Zuchtmittel

Zuchtmittel kommen dann zur Anwendung, wenn eine Jugendstrafe noch nicht geboten ist, Erziehungsmaßregeln aber nicht ausreichen. Dies kann z. B. dann der Fall sein, wenn der Täter bereits vorbestraft ist oder der Unrechtsgehalt der Tat besonders gravierend ist. Im Gegensatz zu Erziehungsmaßnahmen dienen Zuchtmitteln der Vergeltung des begangenen Unrechts. Bei der Auswahl und Höhe der Zuchtmittel ist jedoch auch hier der Erziehungsgedanke zu beachten. Zu den Zuchtmitteln gehören die Verwarnung, die Auflage und der Jugendarrest:

Die Verwarnung nach § 14 JGG stellt das mildeste Zuchtmittel dar. Es handelt sich zunächst nur um eine förmliche Zurechtweisung, die in der Begründung des Urteils festgehalten wird. Allerdings wird sie in der Praxis häufig mit Erziehungsmaßregeln kombiniert. Zweck einer Verwarnung ist es, dem Jugendlichen das Unrecht seiner Tat zu verdeutlichen und ihm die Folgen weiterer Straftaten vor Augen zu führen. 

Ebenfalls zu den Zuchtmitteln gehören Auflagen nach § 15 JGG. Inhalt einer Auflage kann eine Schadenswiedergutmachung, eine Entschuldigung bei den Verletzten, die Erbringung von Arbeitsleistungen und/oder die Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung sein. 

Bei Nichtbefolgung von Auflagen droht wie bei Erziehungsmaßnahmen ein Jugendarrest.

Auch der Jugendarrest wird zu den Zuchtmitteln gezählt. Es handelt sich um einen kurzfristigen Freiheitsentzug, der vor allem der Abschreckung dienen soll. Er wird insbesondere dann verhängt, wenn andere Zuchtmittel oder Erziehungsmaßnahmen keine Wirkung zeigen. In der Ausgestaltung des Arrestes lassen sich Freizeit-, Kurz- und Dauerarrest unterscheiden. Der Freizeitarrest ist, wie der Name schon sagt, auf die Freizeit des Jugendlichen beschränkt und wird daher oft an Wochenenden vollstreckt. Statt eines Freizeitarrestes kann auch ein Kurzarrest von zwei bis vier Tagen verhängt werden, wenn dies aus erzieherischen Gründen sinnvoller erscheint. Als dritte Form des Arrestes kommt der Dauerarrest in Betracht, der mindestens eine, maximal jedoch vier Wochen dauert. Bei der Verhängung eines Arrestes soll jedoch die Ausbildung oder Arbeit des Jugendlichen nicht zusätzlich beeinträchtigt werden. Wichtige Veranstaltungen sollen also weiterhin besucht werden können.

Jugendstrafe

Als härteste Maßnahme des Jugendstrafrechts kann eine Jugendstrafe verhängt werden. Die Jugendstrafe ist dabei das letzte Mittel („ultima ratio“) des Jugendstrafrechts. Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel sind daher immer vorrangig anzuwenden. Zudem müssen besondere Voraussetzungen erfüllt sein: 

Eine Jugendstrafe ist nur wegen schädlicher Neigungen oder wegen der Schwere der Schuld möglich. Schädliche Neigungen können bejaht werden, wenn sich in der Tat erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel zeigen (es sich also nicht um reine Konflikts- oder Nottaten handelt) und die Gefahr von weiteren Straftaten besteht. Aufgrund der Subsidiarität der Jugendstrafe muss die schädliche Neigung dann gerade eine längere Gesamterziehung erforderlich machen. Darüber hinaus kann eine Jugendstrafe auch wegen der Schwere der Schuld ausgesprochen werden. Allerdings sind hier generalpräventive Gründe also die Bestrafung auch zum Zweck der allgemeinen Abschreckung unzulässig. Kriterien für die Annahme einer schweren Schuld können z. B. das Motiv der Tat oder der mit der Tat verfolgte Zweck sein. Der Anwendungsbereich der Schwere der Schuld sind daher vor allem Kapitalverbrechen, wie Mord oder Todschlag. Eine Jugendstrafe hat ein Mindestmaß von sechs Monaten und darf maximal bis zu 10 Jahren verhängt werden. Maßgeblich für die Festsetzung der Dauer ist die Erforderlichkeit der erzieherischen Einwirkung. Allerdings darf eine solche erzieherische Strafe nie die nach der Schuld angemessenen Dauer überschreiten. Liegt die Strafe unter 2 Jahren, kann sie zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungszeit dauert zwischen zwei und drei Jahren. Mit der Bewährung können darüber hinaus auch zusätzliche Weisungen oder Auflagen verbunden werden. Wird gegen diese grob oder beharrlich Verstoßen oder begeht der Jugendliche weitere Straftaten, kann die Bewährung widerrufen werden. Ist die Jugendstrafe zur Bewährung ausgesetzt, ist es in speziellen Fällen möglich, neben der Jugendstrafe auch Jugendarrest zu verhängen. 


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