Schadenersatz wegen höherer Gewalt – keine Panik vor dem Coronavirus!

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Muss ich Rechtsrat einholen?

Es erreichen uns in den letzten Tagen zahlreiche Fragen besorgter Unternehmer und Freiberufler, wer bei stornierten oder gekündigten Verträgen wegen des Coronavirus/Covid 19/SARS-CoV-2 haftet. Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet, sondern muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden. Betroffene Handwerker und Dienstleister werden nicht umhin kommen einen Rechtsanwalt ihres Vertrauens mit der Prüfung möglicher Ersatzansprüche zu beauftragen. 

Haftung innerhalb einer Vertragsbeziehung 

In einer bestehenden Vertragsbeziehung wird es regelmäßig mindestens einen Geschädigten geben. Wann ein Ausgleichsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz gegen den Staat in Betracht kommt, haben wir in unserem Beitrag „Corona-Virus: Schadensersatz bei behördlich angeordneter Quarantäne? 3-Monats-Frist beachten!“ beschrieben. In einer Vertragsbeziehung kommt es zunächst auf den Vertragstyp an, also liegt zum Beispiel ein Kauf-, Werk- oder Dienstvertrag vor. Enthalten der Vertrag oder die einbezogenen AGB keine von den gesetzlichen BGB-Vorschriften abweichenden Bestimmungen und können solche auch nicht durch ergänzende Vertragsauslegung ermittelt werden, richten sich die Rechtsfolgen bei höherer Gewalt regelmäßig nach den Vorschriften zur Unmöglichkeit gem. §§ 275 Abs. 1 bis 3, 326 Abs. 1 Satz 1 BGB sowie nach den Vorschriften über die Störung der Geschäftsgrundlage § 313 BGB mit der Folge, dass beide Vertragsparteien von ihrer Leistungspflicht erstmal befreit sind. 

Abweichende Vereinbarungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen

In vielen Fällen haben Vertragsparteien AGB, also allgemeine Geschäftsbedingungen einbezogen, die zur Haftungsverteilung ausdrückliche Regelungen vorsehen. Aber Vorsicht, die AGB gelten nur dann, wenn sie auch wirksam in das Vertragsverhältnis bei Vertragsabschluss miteinbezogen worden sind. Zudem unterliegen vorformulierte AGB einer gesetzlichen Kontrolle. Nicht alles, was dort steht, ist nachher auch wirksam. Auch sind Verbraucher vor belastenden Klauseln besser geschützt als Unternehmer. Im Fall einer Corona-Epidemie wird in AGB regelmäßig eine Klausel zum Umgang mit Fällen sogenannter Höherer Gewalt von Interesse sein. 

Ist eine Vertragskündigung wegen des Coronavirus höhere Gewalt? 

Im Reiserecht hat der Bundesgerichtshof höhere Gewalt wie folgt definiert:

„Höhere Gewalt im Sinne des § 651j BGB ist ein von außen kommendes, auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis, das weder der betrieblichen Sphäre des Reiseveranstalters noch der persönlichen Sphäre des Reisenden zuzuordnen ist.“ 

BGH, Urteil vom 16. Mai 2017 – X ZR 142/15

Diese Voraussetzungen werden regelmäßig von der Rechtsprechung entsprechend übernommen, wenn es zum Beispiel um die Absage einer Messe, eines Konzerts oder eines Fußballspiels geht. Nach derzeitigem Stand werden solche Veranstaltungen noch nicht von den zuständigen Behörden abgesagt, sondern die Absage steht häufig im eigenen Ermessen des jeweiligen Veranstalters. Damit liegt der „Schwarze Peter“ allein bei den Veranstaltern. Die Absage erfolgt dann aus Sicht des Veranstalters nicht nur zum Schutz der Beteiligten, sondern auch, weil die Veranstaltung wegen der potenziellen Angst der Besucher vor einer Ansteckung für den Veranstalter nicht mehr wirtschaftlich erfolgreich umsetzbar ist. Vielleicht spekuliert der Veranstalter sogar auf den Ersatz durch eine Ausfallversicherung. 

Fehlende Rentabilität ist keine höhere Gewalt

Aber Vorsicht! Mangelnde Rentabilität ist allein keine höhere Gewalt, sondern die Verwirklichung des wirtschaftlichen Risikos. Höhere Gewalt liegt deshalb wohl erst dann vor, wenn eine Veranstaltung aufgrund förmlicher behördlicher Anordnung abgesagt werden muss. Wird trotzdem abgesagt, ist der Veranstalter ggf. haftbar.

Bitte beachten Sie, dass jede vertragliche Situation aufgrund mannigfaltiger vertraglicher Besonderheiten ggf. rechtlich anders zu bewerten ist. Treffen Sie als Unternehmer deshalb erst dann eine endgültige Entscheidung, wenn Sie sich vorher rechtlich abgesichert haben. 

Besonnenes Verhalten kann in diesen unruhigen Zeiten viel Geld wert sein!



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