Scheinselbstständigkeit: Sozialversicherungspflicht von Fitnesstrainern?

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Die Entscheidung:

Fitnesstrainer, die neben der Betreuung der Kunden eines Fitnessstudios auch allgemeine Arbeiten für das Studio verrichten und keine nennenswerten Sachmittel einsetzen müssen, stehen diesem gegenüber in einem Beschäftigungsverhältnis. 

Dies hat das Landessozialgericht Schleswig-Holstein durch Beschluss vom 02.05.2019 – L 5 BA 37/19 B ER entschieden. 

Aus Sicht des Senats liegen zwingende Gründe für eine abhängige Beschäftigung vor. Ein solches Indiz sei das Fehlen eines Unternehmerrisikos bei den Trainern. Allein das Risiko, nicht durchgehend arbeiten zu können, sei ein Risiko, das auch jeden Arbeitnehmer treffe, der nur auf der Grundlage von Zeitverträgen arbeite. Deshalb werde ein Unternehmerrisiko auch erst dann angenommen, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen aus der Arbeit erzielt werde, sondern zusätzlich auch Kosten für betriebliche Investitionen brachliegen. Ein solches Unternehmerrisiko sei hier nicht gegeben, da die Trainer weder über eine Betriebsstätte noch über wesentliche Betriebsmittel verfügten und das Training ausschließlich mit den von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Geräten in ihrer Betriebsstätte vornahmen ohne dafür ein Entgelt entrichten zu müssen. Soweit die Antragstellerin ein Unternehmerrisiko aus dem Umstand herleite, dass die Trainer keinerlei Absicherung durch Kündigungsschutzgesetze hatten, handele es sich hierbei um einen Zirkelschluss. Sofern eine abhängige Beschäftigung vorliege, bestehe auch eine entsprechende Absicherung durch das Kündigungsschutzgesetz mit entsprechenden Kündigungsfristen.

Ein weiteres Indiz für ein Beschäftigungsverhältnis sei die Höhe der gezahlten Entgelte. Den Trainern wurde ein Stundenhonorar von 10,50 Euro, das später auf 11,00 Euro erhöht wurde, gezahlt. Diese geringen Stundensätze sprechen für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Nach der Entscheidung des BSG vom 31.03.2017 – B 12 R 7/15 R – spreche ein Entgelt erst dann für eine selbstständige Tätigkeit, wenn es deutlich über dem Arbeitseinkommen eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liege und dadurch eine Eigenvorsorge zulasse. Darüber hinaus entspreche ein fester Stundensatz als Gegenleistung für eine Tätigkeit der typischen Entlohnung eines abhängigen Beschäftigten und gegen ein Unternehmerrisiko. Dass die Trainer überwiegend ein Gewerbe angemeldet hatten, sei kein aussagekräftiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, da entgegen der Behauptung der Antragstellerin eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens von Selbstständigkeit nicht stattfinde. Die Trainer waren auch umfassend in die Betriebsorganisation eingegliedert. Sie waren in den Räumlichkeiten mit Bekleidungsstücken, auf den das Firmenlogo zu erkennen war, tätig. Neben Trainingsstunden mit den Kunden führten die Trainer auch andere Arbeiten für das Fitnessstudio, wie Reinigung der Geräte und Toiletten, Tresendienste, Vertragsabschlüsse, Materialannahme und Materialbestellung, aus. 

Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass vorherige Betriebsprüfungen ohne Beanstandungen blieben. Nach der Rechtsprechung des BSG seien diese regelmäßig nur auf Stichproben bezogen. 

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Bescheide auch in Hinblick auf die Säumniszuschläge rechtmäßig waren. Hier sei die Antragsgegnerin zutreffend von jedenfalls bedingtem Vorsatz ausgegangen. Für einen Vorsatz der Antragstellerin spreche, dass seitens der Antragsgegnerin bei der letzten Betriebsprüfung im Jahre 2011 zwar Statusfeststellungsverfahren eingeleitet wurden, diese jedoch nach Beginn der Befragung durch die Antragstellerin wieder zurückgenommen wurden. 

Fazit:

Das Schleswig-Holsteinische LSG hat die betroffenen Mitarbeiter als scheinselbstständig angesehen. Soweit diese neben der Betreuung der Kunden auch allgemeine Arbeiten für das Studio verrichten und keinerlei Unternehmerrisiko tragen, stehen sie in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und unterliegen der Sozialversicherungspflicht. 

Tipp:

Hinsichtlich der Feststellung der Sozialversicherungspflicht empfiehlt sich die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. So hätte man auch hier den sozialversicherungsrechtlichen Status eines Fitnesstrainers im Vorfeld klären und einer Nachforderung von Beitragszahlungen entgegenwirken können. 

Bitte beachten Sie, dass dieser Beitrag – für den wir keine Haftung übernehmen – eine Beratung im Einzelfall nicht ersetzen kann.

Andreas Klinger

Rechtsanwalt und

Fachanwalt für Sozialrecht

Fachanwalt für Verwaltungsrecht

Gaßmann & Seidel, Rechtsanwälte Partnerschaft mbB Stuttgart


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