Schmerzensgeld und Hinterbliebenengeld im Falle eines Verkehrsunfalls

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Das Schmerzensgeld

Im Falle eines Verkehrsunfalls kommt es schnell neben Schäden am eigenen Fahrzeug leider auch oft zu Personenschäden. Grundsätzlich kommt in solchen Konstellationen für den Betroffenen nicht nur ein rein wirtschaftlicher Schadensersatz, etwa wegen Behandlungskosten oder Verdienstausfall, sondern auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld in Betracht.

Schmerzensgeld ist eine als Ausgleich angesehene Zahlung für einen immateriellen Schaden, also einen Schaden, der kein Vermögensschaden ist. Hierbei steht die Entschädigung in Form einer angemessenen Geldzahlung für das erlittene Unrecht im Vordergrund. Die geschädigte Person soll nicht per se einen Ersatz für finanzielle Einbußen erhalten, sondern eine Art der immateriellen Genugtuung erfahren.

Abzugrenzen ist das Schmerzensgeld folglich vom reinen Schadensersatz für die erlittenen wirtschaftlichen Einbußen.

Für die Höhe des Schmerzensgeldes sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit der unzähligen Fallgestaltungen bei Schadensfällen können dabei bereits ergangene Entscheidungen von Gerichten nur begrenzt als Maßstab herangezogen werden und einen individuellen Schmerzensgeldanspruch im Einzelfall nicht begrenzen.

Schon hieran ist ersichtlich, dass eine frühzeitige anwaltliche Beratung für die Betroffenen von immenser Bedeutung ist.

Versicherungen möchten die Vielzahl an Schadensfällen gern aus Gründen der Effizienz vereinheitlichen und ziehen daher auch Gerichtsurteile für die Bewertung des Schmerzensgeldes heran, die nicht der Wirklichkeit des Schadensereignisses entsprechen. Oftmals soll dieses Vorgehen dem Zweck dienen, den Schadensfall möglichst schnell abzuwickeln oder auch einen niedrigeren Schmerzensgeldbetrag entrichten zu müssen.

Ein Rechtsanwalt hingegen vertritt allein die Interessen seiner Mandantschaft. Insoweit beachtet er die Besonderheiten eines jeden einzelnen Falles und kann verhindern, dass die berechtigten Forderungen von Geschädigten zu einem reinen Verwaltungsvorgang der Versicherungen verkommen. Er kann in der Folge auch prüfen, ob ein Schädiger oder seine Versicherung sich durch den Verweis auf ein für diese vorteilhaftes Urteil lediglich ihrer Regulierungspflicht entziehen wollen.

Für die angemessene Bewertung von Schmerzensgeld kommt es vor allem auf das Ausmaß der erlittenen Schäden, die Dauer des Heilungsprozesses sowie auf etwaige Folgeschäden an. Allerdings können auch andere Faktoren im Einzelfall eine Rolle spielen. Beispielsweise kann auch eine absichtliche Verzögerung der Schadensregulierung durch die einstandspflichtige Versicherung den Anspruch auf Schmerzensgeld erhöhen.

Es muss zudem unbedingt umgehend nach einem Verkehrsunfall ein Arzt konsultiert werden, auch wenn der Schmerz zunächst nicht sonderlich stark erscheint. Denn verschlimmert sich die körperliche Situation anschließend ist es kaum mehr möglich, zu einem späteren Zeitpunkt den Nachweis zu führen, dass die Schmerzen vom schädigenden Ereignis herrühren.

Sobald man einen Arzt aufgesucht hat gilt es, diesem ehrlich und möglichst ausführlich seinen persönlichen Zustand zu schildern. Falsche Tapferkeit ist hierbei fehl am Platze. Denn der Arzt kann keine Beschwerde dokumentieren und die Notwendigkeit einer Behandlung beurteilen, wenn der Patient die entsprechenden Schmerzen verschweigt. Auch in solchen Fällen können sich der Schädiger oder seine Versicherung darauf berufen, dass die erlittenen Schäden nicht mit dem eigentlichen Schadensereignis im Zusammenhang stehen.

Dies ist jedoch oft von entscheidender Bedeutung. Insoweit muss nämlich der Schaden dem schädigenden Ereignis eindeutig zugeordnet werden können. Denn nur wenn diese Kausalität gegeben ist sind entsprechende Ansprüche wie eben Schadensersatz als auch Schmerzensgeld begründet und praktisch durchsetzbar. Deshalb ziehen sich insbesondere Versicherungen oft auf die Position zurück, eine fehlende Unfallkausalität für die Schädigungen zu behaupten, um sich auf diese Weise der Regulierungspflicht zu entziehen. Aus diesem Grund ist eine kompetente anwaltliche Beratung auch unter diesem Aspekt im ureigenen Interesse der Geschädigten. Spezialisierte Rechtsanwälte wissen um die Fallstricke der mitunter schwierigen Fragen rund um die haftungsbegründende Kausalität und können auf diesem Gebiet wertvolle Hilfe leisten.

Insbesondere sollten Geschädigte darauf achten, dass sämtliche wirtschaftliche Einbußen sorgfältig dokumentiert und die anspruchsentscheidenden medizinischen Unterlagen gut aufbewahrt werden. In solchen Fällen kann ein Rechtsanwalt sodann fachlich fundiert in die rechtliche Auseinandersetzung eintreten und die Geschädigten bestmöglich vertreten.

Das Hinterbliebenengeld

Zusätzlich kommt ein Schmerzensgeld seit 2017 auch in einer neuen Ausprägung in Betracht, nämlich in Form des sogenannten Hinterbliebenengeldes.

Das Hinterbliebenengeld findet in solchen Fällen Anwendung, in denen der Tod einer Person zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen einer anderen Person führt. Es entspricht bedauerlicherweise der Realität, dass der Tod eines Menschen bei dessen nahestehenden Angehörigen zu seelischem Leid führen kann. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber mit der Einführung des Hinterbliebenengeldes nach § 844 Abs. 3 BGB nunmehr ausdrücklich Rechnung getragen.

Zum Kreis der anspruchsberechtigten Personen eines Hinterbliebenengeldes gehören hierbei die nahen Angehörigen des Verstorbenen. Es ist also zunächst ein soziales Näheverhältnis notwendig. Ein solches besteht bei sozialen Bindungen, die über das normale Maß der sozialen Beziehungen hinausgeht.

In Betracht kommen hierbei naheliegenderweise grundsätzlich Eltern, Ehegatten oder Kinder. Der Gesetzgeber hat diesen Personenkreis ausdrücklich als nahe stehend schon in der Vorschrift des § 844 Abs. 3 BGB berücksichtigt. Allerdings gilt diese Aufzählung nicht abschließend. Es kommt insofern allein darauf an, dass sich die Betroffenen in einem besonderen Maße nahe gestanden haben. Insofern können  auch Großeltern, die die Fürsorge über ihre Enkelkinder ausübten oder Lebensgefährten sowie andere Personen durchaus anspruchsberechtigt sein. Allerdings ist zu beachten, dass in solchen Fällen bewiesen werden muss, das ein entsprechend nahes persönliches Verhältnis zwischen dem Verstorbenen und dem Hinterbliebenen bestand. Folglich kommt ein Hinterbliebenengeld in solchen Fällen nicht in Betracht, in denen vor dem Ableben der geschädigten Person eine Entfremdung von dem Hinterbliebenen stattgefunden hat.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Hinterbliebene durch das Ableben des Geschädigten auch ein persönliches seelisches Leid erfahren hat. Dies wird bei Eltern, Kindern oder Ehegatten kraft Gesetzes vermutet. Das seelische Leiden ist hierbei der eigentliche Grund für den Anspruch des Hinterbliebenen. Dieser soll für die erlittene Beeinträchtigung nach dem Wortlaut des Gesetzes angemessen entschädigt werden.

Die Höhe des Hinterbliebenengeldes ist einzelfallabhängig und kann daher nicht pauschal festgelegt werden. Grundsätzlich gilt jedoch, je enger die soziale Bindung und je tiefer diese auch gelebt wurde, desto höher ist das Hinterbliebenengeld anzusetzen. Folglich ist bei einem Kind, das nur von einem Elternteil aufgezogen wurde und sonst keine nahen Angehörigen hat wohl ein höherer Betrag anzusetzen als bei Angehörigen, die noch über weitere enge soziale Bindungen, etwa zum anderen Elternteil oder Geschwistern, verfügen. Bisher ist zu erkennen, dass sich die Rechtsprechung an den Ausgleichszahlungen zu orientieren scheint, die auch in Fällen des sogenannten Schockschadens den Geschädigten zugesprochen werden. Somit kommt der Höhe nach ein Hinterbliebenengeld in der Größenordnung von etwa 10.000€ in Betracht.

Der Anspruch auf Hinterbliebenengeld steht zudem jedem Hinterbliebenen unabhängig von etwaigen anderen Anspruchsberechtigten zu. Folglich können beispielsweise Geschwister im Falle des Ablebens eines Elternteils auch nebeneinander mehrere Ansprüche auf Hinterbliebenengeld geltend machen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass das Hinterbliebenengeld neben einem eventuell erbrechtlich übergegangenen Schmerzensgeldanspruch des Verstorbenen geltend gemacht werden kann.

Fazit

Eine rechtliche Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt ist somit vor dem Hintergrund der Vielzahl schwieriger Rechtsfragen dringend geboten. Dies gilt sowohl für die Bestimmung der Höhe eines Schmerzensgeldes wie auch zusätzliche Fragen etwa zum Übergang der Ansprüche auf die Erben der geschädigten Person oder die Fristen zur Verjährung.

Insbesondere sollte die notwendige Hilfe eines Rechtsanwalts auch möglichst frühzeitig in Anspruch genommen werden. Ein im Schadensrecht versierter Rechtsanwalt kann durch seine Fachkenntnis die Geschädigten von Anfang an davor bewahren, anspruchsmindernde Fehler zu begehen, die später nicht mehr korrigierbar sind. Zudem ist es für Geschädigte von Vorteil, der gegnerischen Versicherung zu signalisieren, dass ein kompetenter Rechtsbeistand das Verfahren von Beginn an begleitet. Auf diese Weise wird der eintrittspflichtigen Versicherung klar und deutlich aufgezeigt, dass eine Verweigerung der Regulierung oder eine unberechtigte Kürzung der Schadensersatzansprüche keine Aussicht auf Erfolg hat.

Gerade im Hinblick auf die zumeist emotionale Ausnahmesituation, in der sich Hinterbliebene nach dem Ableben geliebter Menschen befinden, ist die Inanspruchnahme der Hilfe von einem erfahrenen Rechtsanwalt auch deshalb empfehlenswert, weil dieser die notwendige professionelle Distanz zum Fall wahren kann, jedoch aufgrund seiner vertieften Kenntnisse auch darauf achtet, dass Hinterbliebene angemessen entschädigt werden.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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