Schnelle Hilfe beim mangelhaften Gebrauchtwagen

  • 6 Minuten Lesezeit

Der Kauf eines Gebrauchtwagens ist für den Käufer mit erheblichen Risiken verbunden. Was ist zu tun, wenn sich bald nach den ersten Kilometern plötzlich ein Mangel zeigt? Welche Rechte stehen dem Käufer zu? Welche Hürden und Fallstricke gibt es zu beachten? Wie kann größerer Schaden abgewendet werden? Zu diesen Fragen möchte dieser Artikel hoffentlich hilfreiche Antworten geben.

1. Wann liegt ein Mangel vor?

Nicht jeder Defekt und nicht jede Unzulänglichkeit eines Gebrauchtwagens ist auch gleich ein Sachmangel im juristischen Sinn, der Gewährleistungsansprüche auslösen würde. Aufschluss gibt hier § 434 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): 

Zunächst liegt ein Sachmangel vor, wenn die Sache nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. 

Beispiel: im Kaufvertrag wird die Unfallfreiheit des Fahrzeuges, eine bestimmte Motorisierung oder das Vorhandensein von Zusatzaustattung vereinbart. 

Selbstverständlich sind auch mündliche Absprachen und Zusicherungen möglich, allerdings müssen diese für den Fall eines Rechtsstreits auch beweisbar sein. 

Achtung: Gerade hinsichtlich der Unfallfreiheit und bezüglich der Laufleistung findet sich in vielen Kaufverträgen die Angabe „laut Vorbesitzer“. In diesem Fall übernimmt der Verkäufer in der Regel gerade keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben! Er haftet aber, wenn er die Unrichtigkeit kannte und ggf. bestehen in einem solchen Fall Haftungsansprüche gegenüber dem Vorbesitzer.

Wurde eine bestimmte Beschaffenheit nicht vereinbart, liegt ein Sachmangel im Sinne des Gesetzes nur vor, wenn sich der Gebrauchtwagen entweder nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet oder wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet oder eine nachteilige Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen gleicher Art unüblich ist und vom Käufer nicht erwartet werden musste.

Was hier zunächst kompliziert klingt, ist im Grundsatz ganz einfach: wenn keine besondere Vereinbarung getroffen wurde, muss sich das Fahrzeug in einem alters- und typgerechten Zustand befinden. Während man etwa bei einem Jahreswagen mit geringer Laufleistung ein funktionierendes Getriebe erwarten darf, kommt dies bei einem Altfahrzeug mit erheblicher Laufleistung nicht in Betracht. Normaler Verschleiß und normale altersbedingte Defekte stellen also nicht ohne weiteres einen Mangel dar. Trotzdem gilt natürlich, dass eine ausdrückliche Vereinbarung vorgeht. „Bremsen neu“ heisst demnach auch bei dem Altfahrzeug, dass dieses tatsächlich über neue Bremsen verfügen muss!

2. Unterschied Garantie und Gewährleistung

Die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche haben eine weitere, sehr wichtige Voraussetzung, die in der Praxis häufig übersehen wird. Die gesetzliche Gewährleistung bezieht sich anders als eine gesonderte Garantie nur darauf, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Übergabe keinen Mangel hatte. Tritt beispielsweise erst nach der Übernahme des Fahrzeuges ein Kupplungsschaden auf, der bei der Übergabe definitiv nicht vorhanden war, scheiden Gewährleistungsansprüche grundsätzlich aus. 

Allerdings kann es auch in dieser Situation einen Ausweg geben: Der Käufer kann nachweisen – etwa durch ein Gutachten -, dass der zunächst nicht vorhandene Defekt auf einen schon vorhandenen, aber unerkannten Grundmangel zurückgeht. Kauft ein Verbraucher einen Gebrauchtwagen von einem Gebrauchtwagenhändler, wird dies zu seinen Gunsten sogar grundsätzlich vermutet, wenn sich der Mangel in den ersten sechs Monaten nach der Übergabe zeigt (§ 476 BGB). In dieser Situation ist es dann am gewerblichen Gebrauchtwagenhändler, sich zu entlasten und nachzuweisen, dass die Existenz eines versteckten Grundmangels zum Zeitpunkt der Übergabe ausgeschlossen ist.

Bei einer Garantie steht der Verkäufer oder ein Dritter (z. B. der Fahrzeughersteller) gegenüber der gesetzlichen Gewährleistung dafür ein, dass das Fahrzeug auch nach der Übergabe frei von Defekten bleibt. Solche Garantien sind allerdings gesetzlich nicht geregelt. Wann sie eingreifen und welche Ansprüche der Käufer im Garantiefall hat, wird alleine durch die Garantiebedingungen festgelegt.

3. Sonderfall Garantieversicherung

Häufig bieten gewerbliche Händler dem Käufer den Abschluss einer Gebrauchtwagengarantie an. Hierbei handelt es sich um ein Versicherungsprodukt, das im Garantiefall bestimmte Kosten übernimmt. Einzelheiten hierzu ergeben sich aus den Vertragsbedingungen der Garantieversicherung. Hierbei sind die Leistungen der Garantieversicherung in der Regel weniger weitreichend als die gesetzlichen Gewährleistungsansprüche. Ein Rückgriff auf die Garantieversicherung sollte daher gegenüber der Inanspruchnahme des Verkäufers auf Gewährleistung nur nachrangig erfolgen.

4. Gewährleistungsausschluss

Privatpersonen, die einen Gebrauchtwagen verkaufen, schließen regelmäßig die Gewährleistung vollständig aus. Fast alle im Internet erhältlichen Kaufvertragsmuster sehen einen solchen Gewährleistungsausschluss vor. Zwischen Privatpersonen ist eine solche Regelung in der Regel auch wirksam, während gewerbliche Gebrauchtwagenhändler einen Gewährleistungsausschluss gegenüber einem Verbraucher nicht vereinbaren können. Dies gilt beispielsweise auch dann, wenn der Gebrauchtwagenhändler ein Fahrzeug als Agenturgeschäft vorgeblich im Namen eines Verbrauchers verkauft, obwohl er alleine das wirtschaftliche Risiko trägt.

Allerdings greift auch der grundsätzlich wirksame Gewährleistungsausschluss einer Privatperson in zwei Fällen nicht. Zunächst gilt der Ausschluss dann nicht, wenn der Verkäufer einen ihn bekannten Mangel arglistig verschwiegen hat. Hier muss aber die Kenntnis des Verkäufers vom Mangel nachgewiesen werden. Darüber hinaus gilt der Gewährleistungsausschluss nicht für ausdrücklich zugesicherte Eigenschaften. Sichert der Verkäufer also das Vorhandensein neuer Bremsen zu, kann er sich nicht auf den Gewährleistungsausschluss berufen, wenn das Fahrzeug später doch keine neuen Bremsen hat.

5. Inhalt der Gewährleistungsansprüche

Wenn auf dieser Basis nun ein Sachmangel vorliegt und ein Gewährleistungsausschluss nicht eingreift, kann der Käufer seine Gewährleistungsansprüche geltend machen. Dies sind gem. § 437 BGB

  1. Nacherfüllung gem. § 439 BGB
  2. Rücktritt und Minderung gem. § 440 BGB
  3. Schadensersatz und Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. 440 BGB

Was sich aus dem Gesetz hierbei nicht unmittelbar ergibt, ist das Stufenverhältnis der Gewährleistungsansprüche: der Käufer ist verpflichtet (!), dem Verkäufer bei einem Mangel zunächst die Möglichkeit zur Nacherfüllung einzuräumen.

Achtung: Wer diesen Schritt übergeht und den Mangel anderweitig beheben lässt, verliert seine Gewährleistungsansprüche und kann vom Verkäufer auch keine Kostenerstattung verlangen!

Demnach muss der Käufer dem Verkäufer zunächst eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels setzen. Da ein zweiter, typgleicher Gebrauchtwagen mit gleicher Laufleistung und gleicher Ausstattung nicht zur Verfügung steht, kann der Käufer in der Regel nur die Nachbesserung seines Fahrzeuges in Form einer Reparatur verlangen. Alle hiermit verbundenen Kosten und Aufwendungen (Fahrt- und Transportkosten) hat der Verkäufer zu tragen, wenn das Nachbesserungsverlangen berechtigt ist.

Erst wenn der Verkäufer die Nacherfüllung ablehnt oder wenn die Nacherfüllung fehlschlägt, weil die Reparatur z. B. zweimal erfolglos versucht wurde, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern und/oder Schadensersatz verlangen.

Beim Rücktritt wird der Kaufvertrag rückabgewickelt, d. h. der Verkäufer muss den Kaufpreis erstatten und der Käufer das Fahrzeug herausgeben. Zusätzlich schulden die Parteien einander noch unter Umständen die Herausgabe bzw. die Erstattung für Nutzungen und Aufwendungen. So muss sich der Käufer in der Regel seinem Rückzahlungsanspruch einen Geldbetrag für die mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer entgegenhalten lassen. Der Rücktritt setzt allerdings einen erheblichen Mangel voraus.

Bei der Minderung erhält der Käufer vom Verkäufer den sog. Minderwert des Fahrzeuges ausgezahlt. Dies der Unterschied zwischen dem Wert des mangelhaften Fahrzeugs zu dem eines mangelfreien.

Beim Schadensersatz kann Käufer wählen: wenn er das Fahrzeug behält, kann er nun – also nach erfolglosem Nacherfüllungsverlangen – die Reparatur des Mangels vornehmen lassen und die hierfür entstehenden Kosten vom Verkäufer verlangen. Gibt er das Fahrzeug infolge eines Rücktritts zurück, kann er demgegenüber die Differenzkosten für die Anschaffung eines vergleichbaren Ersatzwagens geltend machen. Auch sonstige finanzielle Nachteile müssen im Rahmen des Schadensersatzes ausgeglichen werden, wie etwa der Nutzungsausfall und entstehende Rechtsanwaltskosten. Allerdings bestehen die Schadensersatzansprüche nur, wenn der Verkäufer schuldhaft handelt, wenn er also z. B. den Mangel kennt oder dem berechtigten Nacherfüllungsverlangen des Verkäufers nicht nachkommt.

6. Fazit

Ob bei einem Defekt an einem Gebrauchtwagen erfolgreich Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können, ist von einer Vielzahl von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Auf keinen Fall sollte ein Käufer einen Mangel auf eigene Kosten beheben lassen. In der Regel ist es zunächst angezeigt, dem Verkäufer eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Wer eine Rechtsschutzversicherung hat, kann auch direkt einen Rechtsanwalt konsultieren. Die Rechtsschutzversicherung bietet bei grundsätzlicher Deckung zudem den Vorteil, dass sie die Kosten für ein Privatgutachten eines Kfz-Sachverständigen übernimmt. Mit diesem lassen sich die Erfolgsaussichten in technischer Hinsicht frühzeitig abschätzen.



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