Schriftliche Beschlussfassung in der GmbH

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Mit dem Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschaft-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie hat der Gesetzgeber für die Rechtsform der GmbH die Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren erleichtert, um die Anzahl der in Pandemie-Zeiten unerwünschten Präsenzversammlungen zu verringern. Wohl eher unbeabsichtigt hat er dabei auch Minderheitsgesellschaftern einer zerstrittenen GmbH neue Möglichkeiten der Streitführung eröffnet.

Schon zuvor war es gemäß § 48 Abs. 2 GmbHG möglich, Gesellschafterbeschlüsse in Textform oder durch schriftliche Abgabe der Stimmen zu fassen. Eine solche Beschlussfassung setzte allerdings voraus, dass alle Gesellschafter Ihr Einverständnis zu diesem Vorgehen erklärten.

§ 48 Abs. 2 GmbHG enthält jedoch keine Regelung der Frage, wer eine solche schriftliche Beschlussfassung einleiten kann. Bei der „klassischen“ Gesellschafterversammlung sind dies die Geschäftsführer (§ 49 Abs. 1 GmbHG). Gesellschafter können eine Gesellschafterversammlung nur ausnahmsweise einberufen, wenn sie mindestens 10% des Stammkapitals auf sich vereinen und den Geschäftsführer ergebnislos zur Einberufung der Gesellschafterversammlung aufgefordert haben. Ein Minderheitsgesellschafter mit einer Beteiligung von weniger als 10% des Stammkapitals kann dagegen eine Gesellschafterversammlung nicht einberufen und auch die Einberufung durch den Geschäftsführer nicht erzwingen.

Für den Fall der schriftlichen Beschlussfassung geht zumindest die überwiegende rechtswissenschaftliche Literatur bisher davon aus, dass jeder Gesellschafter unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung einen solchen Beschluss initiieren kann. Begründet wird dies damit, dass es im weiteren Verlauf ohnehin des Einverständnisses aller Gesellschafter bedarf. Dieses Erfordernis aber ist nunmehr - zumindest bis zum Auslaufen der Sonderregelung am 31.12.2021 -  aufgehoben.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass auch ein Gesellschafter mit einer Beteiligung von weniger als 10 % des Stammkapitals das Verfahren zur schriftlichen Abstimmung in Gang setzen kann. Wollen die anderen Gesellschafter die beantragten Beschlüsse verhindern, müssen Sie innerhalb einer angemessenen Frist, die der die schriftliche Beschlussfassung initiierende Gesellschafter gesetzt hat, an der schriftlichen Beschlussfassung teilnehmen und gegen die Beschlüsse stimmen. Für die Frage der Angemessenheit der gesetzten Frist wird in der Literatur auf § 51 Abs. 4 GmbHG abgestellt, sodass eine Frist von 3 Tagen genügt.

Im Ergebnis kann unter der derzeitigen Regelung jeder Gesellschafter versuchen, eine ihm genehme Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren herbeizuführen, wenn er berechtigte Aussichten sieht, dass der oder die Mitgesellschafter verhindert sind, innerhalb der Dreitagesfrist gegen die Beschlussvorlage zu stimmen. Scheitert dieser Versuch, eröffnet die Abstimmungsniederlage zumindest den Klageweg auf Zustimmung, sofern dargetan werden kann, dass der beantragte Beschluss im essenziellen Interesse der Gesellschaft liegt und seine Ablehnung daher treuwidrig ist.

 

Foto(s): Kaunzer


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