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Sind Anzeigenportale Prostitutionsvermittler im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes?

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Seit dem 01.07.2017 ist das Prostituiertenschutzgesetz in Kraft. Danach benötigen Betreiber eines Prostitutionsgewerbes eine Erlaubnis, Prostituierte müssen sich anmelden.

§ 2 Abs. 3 ProstSchG bestimmt, wer als Betreiber eines Prostitutionsgewerbes anzusehen ist. Ein Prostitutionsgewerbe betreibt danach, wer gewerbsmäßig Leistungen im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person anbietet oder Räumlichkeiten hierfür bereitstellt, indem er eine Prostitutionsstätte betreibt, ein Prostitutionsfahrzeug bereitstellt, eine Prostitutionsveranstaltung organisiert oder durchführt oder eine Prostitutionsvermittlung betreibt.

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass hierbei alle Tätigkeiten, die darauf ausgerichtet sind, aus der Prostitution anderer einen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen, erfasst sein sollen. Auch Tätigkeiten im organisatorischen Umfeld und im Bereich der Anbahnung der Prostitution, wie die Vermittlung sexueller Dienstleistungen, Tätigkeiten im Bereich der Kundenakquise, Veranstaltertätigkeiten, Fahr- und Begleitdienste sowie das Bereitstellen einer räumlichen Infrastruktur einschließlich von Nebenleistungen werden von dem Begriff des Prostitutionsgewerbes eingeschlossen.

Wie verhält es sich aber mit Anzeigenportalen, also Websites, auf denen Prostituierte entgeltliche oder unentgeltliche Inserate schalten können, um ihre sexuellen Dienstleistungen zu bewerben? Können diese als Prostitutionsvermittler im Sinne des ProstSchG angesehen werden, obwohl eigentlich keine aktive Vermittlungstätigkeit erfolgt, sondern lediglich eine Internet-Plattform für Anzeigen bereitgestellt wird?

Weder das Gesetz selbst noch die Gesetzesbegründung benennen Anzeigenportale explizit als Betreiber eines Prostitutionsgewerbes. Die Gesetzesbegründung selbst ist unklar. Einerseits sollen, wie oben dargestellt, alle Tätigkeiten, bei denen ein wirtschaftlicher Nutzen aus der Prostitution anderer gezogen wird, erfasst sein. Dies könnte dafür sprechen, dass auch zumindest entgeltliche Anzeigenportale als Prostitutionsvermittler anzusehen sind. Denn diese verdienen durch die Schaltung der Inserate durch Prostituierte Geld und haben damit durchaus einen wirtschaftlichen Nutzen.

Andererseits wird in der Gesetzesbegründung zu der Frage, wer eine Prostitutionsvermittlung betreibt, wörtlich ausgeführt:

„Eine Prostitutionsvermittlung betreibt, wer in gewerblicher Form gezielt Personen mit dem Ziel der Erbringung sexueller Dienstleistungen vermittelt; darunter fällt gegenwärtig beispielsweise der Betrieb eines Escortservice“.

Aus dieser ausdrücklichen Benennung eines Escortservice bzw. einer Escort-Agentur als Prostitutionsvermittler wurde vielfach – auch von dem Autor selbst – der Schluss gezogen, dass Anzeigenportale dann wohl nicht als Prostitutionsvermittler anzusehen sind.

Denn im Unterschied zu einer Escort-Agentur fehlt es bei Anzeigenportalen an einer „gezielten“ Vermittlung von Prostituierten an einzelne Kunden. Escort-Agenturen sind das Bindeglied zwischen Kunden und Prostituierten. Sie betreiben eine Agentur-Website und kümmern sich unter Umständen um das Fotoshooting mit dem Modell. Die Kontaktaufnahme des Kunden erfolgt in der Regel telefonisch oder per Mail mit der Agentur, die dann die Anfrage an die Prostituierte weitergibt und die terminliche Vereinbarung regelt. Hierfür erhalten Escort-Agenturen eine Provision in Bezug auf die von der Prostituierten bei dem Date erzielten Einnahmen, üblich sind um die 30 %.

Im Gegensatz dazu „vermitteln“ Anzeigenportale nicht aktiv. Sie stellen lediglich eine Website bereit, auf der Inserate geschaltet werden können. Kunden setzen sich direkt mit den Prostituierten in Verbindung, da Telefonnummern veröffentlicht werden. Anzeigenportale sind nicht an den erzielten Einnahmen der Prostituierten beteiligt, sondern erhalten eine fixe Vergütung für das Inserat.

Im Ergebnis sind Anzeigenportale relativ weit entfernt von der eigentlichen Prostitution. Zudem passen viele Regelungen des ProstSchG schlicht nicht zum Betrieb eine Anzeigenportale. Andere Regelungen könnten einschneidende Folgen auch für Anzeigenportale haben. Wäre es in Zukunft etwa eine Ordnungswidrigkeit, Anzeigen von Prostituierten, die nicht über eine Anmeldebestätigung verfügen, zu veröffentlichen? Müssen sich Anzeigenportale Anmeldebestätigungen der Prostituierten vor Veröffentlichung der Inserate hochladen lassen?

Trotz der erheblichen Unterschiede dieser beiden Geschäftsmodelle und der oben genannten Bedenken sieht die zuständige Behörde der Stadt Hamburg (Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration – BASFI) allerdings auch Anzeigenportale als Prostitutionsvermittler im Sinne des ProstSchG an. Dementsprechend wird seitens der Behörde erwartet, dass Anzeigenportale den Betrieb einer Prostitutionsvermittlung anzeigen und bis zum Ende des Jahres einen Erlaubnisantrag einreichen. Dies wurde dem Autor persönlich auf Nachfrage per Mail bestätigt.

Also brauchen, zumindest nach derzeitigem Stand, Anzeigenportale für Prostituierte mit Sitz in Hamburg eine Erlaubnis nach dem ProstSchG, um ihren Betrieb weiterhin legal fortführen zu können. Ob auch Zeitungen wie „Bild“ oder „MOPO“ betroffen sind – schließlich werden in diesen Printprodukten ebenfalls Anzeigen von Prostituierten veröffentlicht – ist nicht bekannt. Ebenfalls unbekannt ist, ob die Behördenansicht sich verfestigt und sich ein „Hamburger Weg“ bundesweit durchsetzen kann, also weitere Länder diesem Beispiel folgen werden.

Auf telefonische Nachfrage wollten sich vom Autor kontaktierte Behörden in anderen Bundesländern bislang nicht festlegen. Dies lässt sich auch damit erklären, dass häufig noch nicht feststeht, welche Behörde letztendlich für die Bearbeitung der Antrage zuständig sein wird.

Gegebenenfalls wird die Frage, ob Anzeigenportale Prostitutionsvermittler sind oder nicht, einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden müssen. Dies könnte beispielsweise im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, wenn denn Bußgelder gegen Anzeigenportale ohne Erlaubnis ausgesprochen werden, erfolgen.


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