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Sozialrecht – können Anhörungsfehler zur Aufhebung des Bescheides führen?

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Im sozialrechtlichen Verfahren ist der Grundsatz des rechtlichen Gehörs stark ausgeprägt. Nach § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) X ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Vorschrift beinhaltet, dass auch bei jeder weiteren Änderung des Bescheides eine Anhörung erforderlich sein kann.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 26.07.2016, – B 4 AS 47/15 – die Anforderungen in der Praxis weiter konkretisiert:

„(…) Nach der Rechtsprechung des Senats, zu deren Aufgabe kein Anlass besteht, setzt die Nachholung der fehlenden Anhörung während des Gerichtsverfahrens aber voraus, dass die Behörde dem Betroffenen in einem mehr oder minder förmlichen Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und im Anschluss zu erkennen gibt, ob sie nach erneuter Prüfung dieser Tatsachen am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält. Dieses formalisierte Verfahren erfordert regelmäßig ein gesondertes Anhörungsschreiben, eine angemessene Äußerungsfrist, die Kenntnisnahme des Vorbringens durch die Behörde und deren abschließende Äußerung zum Ergebnis der Überprüfung (…)“

Ergänzungen des Anwalts für Sozialrecht

Die Klägerin hatte die erste Instanz noch komplett verloren. Das Landessozialgericht als Berufungsgericht erteilte einen richterlichen Hinweis, wonach die Änderung der Rechtsgrundlage erst im Widerspruchsbescheid problematisch sei. Daraufhin versuchte die Behörde, die bislang unzureichende Anhörung zu heilen. Es wurde von der Behörde in der Berufungsinstanz eine Frist zur Anhörung gesetzt.

Dieses Vorgehen ist nicht untypisch. Die Gerichte haben dies bislang auch weitestgehend akzeptiert.

Nach der neuen Entscheidung des Bundessozialgerichts dürfte dies nicht mehr möglich sein. Es muss die Behörde die Entscheidungsfindung praktisch wiederholen. Eine bloße Übermittlung eines Anhörungsschreibens genügt keinesfalls. Dies dürfte in der Praxis eine erhebliche Quelle für rechtswidrige Bescheide darstellen.

Es sollte in jedem Falle die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung deutlich intensiver als bisher geprüft werden. Damit können eventuell auch solche Bescheide angriffen werden, die eigentlich inhaltlich zutreffend sind.

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