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Sozialversicherung: Säumniszuschläge auch bei versehentlichen Fehlern?

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Die Rentenversicherungsträger prüfen bei den Arbeitgebern mindestens alle vier Jahre die Richtigkeit der Beitragszahlungen (§ 28p SGB IV). Auf zu Unrecht nicht gezahlte Beiträge fallen Säumniszuschläge an. Säumniszuschläge betragen ein Prozent für jeden angefangenen Monat der Säumnis (§ 24 Abs. 1 SGB IV), also 12 Prozent pro Jahr. Dies kann bei hohen Beitragsnachforderungen zu extrem hohen Säumniszuschlägen führen. 

Kein Ermessen 

Ein Ermessen haben die Prüfdienste bei der Festsetzung der Säumniszuschläge grundsätzlich nicht, d. h. sie müssen diese zwingend festsetzen. Das Gesetz kennt nur eine Ausnahme: Der Beitragsschuldner muss glaubhaft machen, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV).

Echte Unkenntnis oder bloßes Versehen?

Die Frage, wann im Einzelnen eine echte und unverschuldete Unkenntnis von der Beitragspflicht vorliegt, ist in vielen Fällen umstritten und Gegenstand zahlreicher Prozesse vor den Sozialgerichten. Häufig lässt sich das fehlende Verschulden nicht nachweisen. Was geschieht, wenn die Beitragszahlung oder zumindest die Zahlung eines Beitragsbestandteils lediglich aus Versehen unterblieben ist, weil z. B. einer grundsätzlich sorgfältig arbeitenden Lohnbuchhaltung bei der Erstellung der Lohnabrechnungen lediglich ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen ist? 

In einem solchen Fall kann jedenfalls eine unverschuldete Unkenntnis nicht ins Feld geführt werden, denn die notwendige Kenntnis ist vorhanden. Da die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht im Ermessen der Versicherungsträger steht, diese also nicht frei verzichten dürfen, bietet das Gesetz an sich wenig Spielraum, die Säumniszuschläge zu umgehen. Ehrliche und pünktliche Beitragszahler werden in solchen Fällen besonders hart getroffen.

Einzugsstelle darf Beiträge wegen Unbilligkeit erlassen

Der Versicherungsträger darf Ansprüche allerdings erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre (§ 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB IV). Die sog. „Gemeinsamen Verlautbarungen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 09.11.1994 zur Erhebung von Säumniszuschlägen“ enthalten hierzu Regelungen, in welchen Fällen die Einzugsstelle (das ist die Krankenkasse, an die der Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen ist), von der Erhebung von Säumniszuschlägen absehen darf, wenn deren Geltendmachung unbillig wäre. 

Ziff. 7 b der Verlautbarung bestimmt hierzu u. a., dass bei einem bisher pünktlichen Beitragszahler die Einziehung von Säumniszuschlägen unbillig sein kann, wenn dem Zahlungspflichtigen ein offenbares Versehen unterlaufen ist, die Beiträge bis zum Ablauf des Fälligkeitstages nicht zu zahlen. Als pünktlicher Beitragszahler ist derjenige anzusehen, der in den letzten 12 Monaten die Beiträge nicht mehr als einmal nach Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat.

Sofern ein Einzelfall ein echtes Versehen vorliegt, liegt es nahe, sich auf diese Bestimmung zu berufen. Der Antrag auf Erlass ist bei der Einzugsstelle zu stellen.

Eine Veröffentlichung der „Gemeinsamen Verlautbarung“ finden Sie auf www.aok-business.de: http://www.aok-business.de/niedersachsen/fachthemen/pro-personalrecht-online/datenbank/grundlagen/poc/oid/0001213/sid/0001213.4534426/#subNode_009532271d242e614c3931a0f087e267

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