Sperrfrist - Ermessensentscheidung

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Sperrfrist beim Jagdschein / Waffenbesitzkarte WBK – Ermessensentscheidung

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Stand: 22.8.2023

Es muss unterschieden werden zwischen der Festsetzung einer Sperrfrist bei Entzug des Jagdscheines und der Festsetzung einer Sperrfrist bei Beantragung des Jagdscheines bzw. der Wiedererteilung. Gleiches gilt für die WBK.

Eine Verurteilung von mindestens 60 Tagessätzen oder eine zweimalige Verurteilung zu einer geringeren Geldstrafe begründet die Vermutung der Regelunzuverlässigkeit sowohl nach dem BJagdG (§ 17 Abs. 4 BJagdG) als auch nach dem Waffengesetzt (§ 5 Abs. 2 WaffG), wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind.

Die Behörde ist verpflichtet, die WBK zu widerrufen (§ 45 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG) und den Jagdschein gemäß §§ 18 S. 1, 17 Abs. 1 BJG einzuziehen. Die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit führt zudem grundsätzlich dazu, dass gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 BJG die Neuerteilung eines Jagdscheines zu versagen ist.

1. Festsetzung der Sperrfrist bei Entzug des Jagdscheines / WBK

Die Behörde kann mit der Einziehung des Jagdscheines auch eine Sperrfrist für die Wiedererteilung des Jagdscheines festsetzen, § 18 S. 3 BJG. Diese festgesetzte Sperrfrist hat Bindungswirkung und stellt bei einer Neubeantragung des Jagdscheines einen eigenständigen Versagungsgrund dar; das bedeutet, dass die Jagdbehörde, während der laufenden Sperrfrist, keine Prüfung eines Antrags auf Jagdscheinerteilung der jagd- bzw. waffenrechtliche Zuverlässigkeit des von der Sperrfrist betroffenen Antragstellers vornehmen muss (VG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2010 Az.: 15 K 2917/10): „Ohne die behördlich festgesetzte Sperrfrist besteht lediglich eine tatsächliche, durch den Jagdscheinbewerber aber widerlegbare Vermutung dafür, dass dem strafgerichtlich Verurteilten für die Dauer von 5 Jahren die jagdrechtliche Zuverlässigkeit fehlt.“

Die Behörde hat bei der Frage, ob überhaupt die jagdrechtliche Zuverlässigkeit fehlt, ihr Ermessen auszuüben und zu begründen und darf nicht einfach so eine Sperrfrist entsprechend der Zeitspanne des § 5 WaffG oder § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG festsetzen. „Ob ein Jagdscheininhaber trotz einer rechtskräftig abgeurteilten und tatbestandlich von den §§ 17 Abs. 1 S. 2 BJagdG, 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG erfassten Straftat entgegen der gesetzgeberischen Wertung ausnahmsweise rechtlich nicht als unzuverlässig einzustufen ist, ist angesichts des typisierenden Charakters der Regeltatbestände nur anhand solcher Einzelfallumstände zu entscheiden, die entweder der abgeurteilten Tat zu Grunde liegen oder die Persönlichkeit des Straftäters betreffen und in seinem strafrechtlich relevanten Verhalten zum Ausdruck gekommen sind.“ (VG Düsseldorf, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.10.1978, Az.: III OVG A 254/77)

Will der Waffenbesitzer oder Jagdscheininhaber daher seine vermutete Unzuverlässigkeit widerlegen, spielen nur tatbezogene Umstände eine Rolle. Welche dann noch tatbezogen sind und welche nicht, ist sicherlich auch eine Ermessensentscheidung.

Demgegenüber sind in die Entscheidung der Behörde über die Bemessung der Länge der Sperrfrist als Ermessensgesichtspunkte sämtliche, auch außerhalb der abgeurteilten Tat liegende Umstände einzustellen (OVG NRW, Urteil vom 12.08.1981, Az.: 4 A 197/81). Im Ergebnis kann die Behörde damit mit der Entziehung des Jagdscheines eine Sperrfrist gemäß § 18 S. 3 BJG mit Bindungswirkung festsetzen, wobei die Dauer der Sperrfrist eine Ermessensentscheidung darstellt und sich nicht starr an der 5-Jahres-Grenze orientieren darf.

2. Sperrfrist bei Beantragung des Jagdscheines / WBK

In § 17 Abs. 1 BJG, der die Versagung des Jagdscheines regelt, ist im Gegensatz zu § 18 BJG, der die Einziehung des Jagdscheines regelt, ausdrücklich eine Sperrfrist nur für den Fall der Dauer der Entziehung oder einer Sperre (§§ 18, 41 Abs. 2 BJagdG) vorgesehen. Damit ist eine Versagung nur möglich, wenn bereits der Jagdschein entzogen oder gesperrt ist. Bei der Neubeantragung oder Verlängerung hatte der Gesetzgeber offensichtlich nicht die Vorstellung einer Sperrfristregelung.

Nochmals: § 5 Abs. 2 Nr.1 WaffG sieht eine Sperrfrist von fünf Jahren vor. Anders ist es im Sinne § 18 S. 3 BJagdG, die Behörde befugt, auf das Fehlen der erforderlichen Zuverlässigkeit i.S.d. § 17 Abs. 1 S.1 Nr.2, S.3 BJagdG eine Sperrfrist für die Wiedererteilung festzusetzen, unter Berücksichtigung sämtlicher auch außerhalb einer abgeurteilten Tat liegender Umstände. Ohne eine bestandskräftig festgesetzte Sperrfrist besteht lediglich eine widerlegbare Vermutung, dass dem Verurteilten für die Dauer von fünf Jahren die jagdrechtliche Zuverlässigkeit fehlt; siehe im Weiteren dazu auch: Heller Soschinka Rabe, Waffenrecht, 4.Auflage, Verlag C.H.Beck, ISBN 978 3 406 72486 2.

Zur Ermessensentscheidung: Bei der Ausübung des Ermessens ist eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls unter Gesamtwürdigung des bisherigen jagdrechtlichen und sicherheitsrelevanten Verhaltens des Betroffenen anzustellen. D.h. die Behörde hat sich ausführlich mit den Umständen des Einzelfalls und der Person des Betroffenen auseinanderzusetzen.  Bei einem für die Zuverlässigkeit relevanten Fehlverhalten im Bereich Jagd oder Umgang mit Waffen ist bei Verurteilungen zu weniger als 60 Tagessätzen, Ordnungswidrigkeiten oder Verfahrenseinstellungen davon auszugehen, dass allenfalls eine Sperrfrist von 2 Jahren angemessen ist; je nach Art des Verstoßes, der Persönlichkeit des Betroffenen oder in Fällen wiederholten Fehlverhaltes auch länger.

Es sollte Rechtsmittel gegen den entsprechenden Verwaltungsakt eingelegt werden. Häufig verpflichtet sich die Behörde im Wege eines gerichtlichen Vergleichs, eine kürzere Sperrfrist zu verhängen.

Wer sich nicht wehrt, hat schon verloren!

Weitere Quellen zum Thema:

https://ljv-rlp.de/wp-content/uploads/2018/02/BJ_Jagdscheinentzug.pdf


https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2021-N-42484?hl=true


https://hieke-recht.de/wp-content/uploads/Teil_2.pdf


https://www.juraforum.de/urteile/begriffe/waffenrechtliche-zuverlaessigkeit


https://www.juraforum.de/urteile/begriffe/waffenrecht

Aus einem Urteil:

VG Würzburg – Az.: W 9 K 19.1489 – Urteil vom 23.10.2020

Da das Bundesjagdgesetz keine Vorschriften enthält, nach welchen Kriterien die Festsetzung einer Sperrfrist für die Wiedererteilung eines Jagdscheins zu erfolgen hat und welche Höchstdauer dabei in den Blick zu nehmen ist, ist die Entscheidung über die Verhängung einer Sperrfrist und ihre Dauer grundsätzlich in das Ermessen der Behörde gestellt. Nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur sowie den gesetzlichen Regelungen in einigen Landesjagdgesetzen soll diese Frist jedoch den Zeitraum von fünf Jahren nicht überschreiten (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.1990 – 19 B 89.2125 – BayVBl. 1991, 179 f.; Schuck, Bundesjagdgesetz, 3. Aufl. 2019, § 18 Rn. 21), wobei der Bayerische Verwaltungsgerichtshof diese Höchstdauer für den Regelfall aus der Fünfjahresfrist des § 17 Abs. 4 Nr. 1 BJagdG ableitet (vgl. BayVGH, U.v. 25.1.1990 a.a.O.). Diese Zeit wird für ausreichend angesehen, um dem Betroffenen hinreichend die Gelegenheit zu geben, die Voraussetzungen für die Erteilung wiederherzustellen (Schuck, Bundesjagdgesetz, 3. Aufl. 2019, § 18 Rn. 21). Der Zweck des § 18 Satz 3 BJagdG besteht nämlich darin, unter Würdigung der Person des Betroffenen und seines bisherigen Verhaltens als Jäger und der Umstände der Tat zu prüfen, ob und inwieweit die Versagungsgründe längerfristige Wirkung haben sollen, so dass bei kurzfristigen Neuanträgen nicht immer wieder der Versagungsgrund erneut zu prüfen und darzulegen ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.4.1982, Buchholz, 451.16, § 17 BJagdG Nr. 2). Zwingende Voraussetzung für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist deshalb, dass die Behörde zunächst den Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt, das festgestellte Fehlverhalten gewichtet und in ihren Überlegungen auch die Persönlichkeit des Betroffenen würdigt.

Im Ergebnis ist vorliegend kein Fehler bei der Ausübung des Ermessens, soweit dieses im Rahmen des § 114 VwGO vom Verwaltungsgericht überprüft wird, zu erkennen.

Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich, wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 114 Rn. 12 ff.; Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 114 Rn. 114a ff.; Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 114 Rn. 16 ff.).

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Josef Mühlenbein

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht


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Rechtsanwalt Mühlenbein verbindet als Jäger und Jagdpächter und als Eigentümer und Redakteur der Seiten www.jagdrecht.de und www.waffenrecht.de seinen Beruf mit seinem Hobby.

Text – und Data Mining auf den Seiten www.jagdrecht.de und www.waffenrecht.de nach § 44 b Absatz 2 Satz 1 UrhG behält sich der Rechtsinhaber gem. § 44 b Absatz 3 vor und ist vom Rechtsinhaber untersagt.


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