Statt zu arbeiten privat telefoniert und Zeitung gelesen: fristlose Kündigung erhalten

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Dieses war die Quittung für ein einigermaßen dreistes Verhalten einer Reinigungsfrau, welche seit 23 Jahren für ihren Arbeitgeber tätig und tariflich ordentlich unkündbar war. Die Reinigungsfrau hatte auch schon diverse Abmahnungen erhalten, so wegen wiederholter Unpünktlichkeit und Manipulationen des Zeiterfassungssystems. Ihr Arbeitseifer hielt sich trotz der Abmahnungen und der darin angekündigten fristlosen Kündigung im Wiederholungsfalle weiterhin in Grenzen.

Zur Kündigung führte dann folgender Sachverhalt: privates Telefonieren für die Dauer von 31:38 Minuten sowie zwei kürzere Telefonate mit einer Dauer von 1:41 Minuten. Am Folgetag beim Lesen einer Zeitschrift am Schreibtisch beobachtet, zwei Wochen später wieder privates Telefonieren von einem Firmenanschluss für die Dauer von 31:41 Minuten. Wenige Wochen später wieder beim Lesen einer Zeitschrift beobachtet. Die Reinigungsfrau stand also unter Beobachtung.

Man wertete dann das Zeiterfassungssystem akribisch aus und stellte fest, dass die Reinigungsfrau sich zu den genannten Zeiten und Daten nicht ausgestempelt hatte, also Arbeit vorgaukelte, jedoch stattdessen privaten Aktivitäten nachging. Es kam dann zu einem Personalgespräch. Selbst der Personalrat wollte sich nicht mehr vor die Reinigungsfrau stellen und stimmte der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde zu.

In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht fand die Reinigungsfrau noch Gnade. Die Richter befanden, im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung sei angesichts der Langjährigkeit des Arbeitsverhältnisses doch noch mal eine Abmahnung auszusprechen. Im Hinblick auf das bei einer verhaltensbedingten Kündigung zu berücksichtigende Prognoseprinzip sei zu erwarten, dass die Reinigungsfrau den Ernst der Lage nunmehr erkennen würde.

Die Reinigungsfirma legte gegen dieses Urteil postwendend Berufung ein. Ebenso postwendend wurde das erstinstanzliche Urteil auch wieder einkassiert. Das Zeitunglesen und das ausführliche private Telefonieren während der Arbeitszeit würden schon an sich einen wichtigen Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung darstellen. Abmahnungen habe die Klägerin auch erhalten, und zwar einschlägige, als ihr eine Manipulation der Zeiterfassung nachgewiesen werden konnte.

Trotzdem habe die Reinigungsfrau in nicht hinzunehmender Disziplinlosigkeit wieder ihre Verpflichtungen nicht erfüllt und vorsätzlich das Vertrauensverhältnis zu ihrem langjährigen Arbeitgeber endgültig zerstört, denn dieser habe wegen der eingeschränkten Kontrollmöglichkeiten ein besonderes Vertrauen in die Ehrlichkeit der Reinigungsfrau verdient.

Die Richter sprachen dann auch weiterhin Klartext und hielten der Reinigungsfrau beharrliche Pflichtverletzungen vor und prognostizierten eine erhebliche Wiederholungsgefahr. Derartige eingeschliffene Verhaltensweisen habe der Arbeitgeber nicht mehr zu tolerieren. Selbst eine ordentliche Kündigung mit einer tariflichen Frist von sechs Monaten wollten die Richter der Klägerin nicht mehr zugestehen, da während dieses Zeitraums nicht mehr mit einer Besserung der Reinigungsfrau zu rechnen sei.

Ihr vorsätzliches pflichtwidriges Verhalten habe gezeigt, dass sie jederzeit bereit gewesen sei, ihr langjähriges Arbeitsverhältnis aufs Spiel zu setzen. So hat sie nun nach einer Beschäftigungsdauer von 23 Jahren im Alter von 53 Lebensjahren genug Zeit, Zeitschriften zu lesen und privat zu telefonieren.

Landesarbeitsgericht Nürnberg: Urteil vom 20.02.2019 – 4 Sa 349/18

RA Bernd Schmitt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

(Der Autor ist Mitglied der Anwaltssozietät Rechtsanwälte Köther und Schmitt)


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