Stellen Operationsnarben eine schwere Körperverletzung dar?

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Die dauernde Entstellung im Sinne einer schweren Körperverletzung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB

Die dauernde Entstellung gemäß § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB ist eine Fallgruppe der schweren Körperverletzung gemäß § 226 StGB. Die schwere Körperverletzung ist ein erfolgsqualifiziertes Delikt, was bedeutet, dass die Körperverletzung vorsätzlich verursacht wurde und die schwere Folge lediglich fahrlässig. Die Freiheitsstrafe beträgt mindestens ein Jahr und maximal zehn Jahre.

Die dauernde Entstellung ist eine gravierende Veränderung der äußeren Gesamterscheinung des Verletzten, die dem Gewicht der geringsten Fälle nach § 226 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB gleichkommt und endgültig oder für einen unbestimmt langen Zeitraum starke psychische Nachteile im Verkehr mit der Umwelt erwarten lässt.

Die Entstellung muss dabei aber nicht immer sichtbar sein. Es genügt, dass sie im sozialen Leben in Erscheinung tritt, wie z.B. beim Baden. Dass sich die Entstellung an Körperstellen befindet, die normalerweise durch Kleidung verdeckt sind, ist unschädlich. Ist die Verletzung sichtbar, muss sie zudem erheblich sein. Ob eine Verletzung erheblich ist, wird nicht nach dem subjektiven Empfinden des Betroffenen, sondern stets nach objektiven Maßstäben bestimmt.

Des Weiteren muss die Entstellung auch dauerhaft sein. Wenn dem Opfer eine Beseitigung oder Abmilderung zumutbar gewesen wäre, entfällt das Merkmal der Dauerhaftigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedoch nicht.

Eine dauernde erhebliche Entstellung ist beispielsweise bei dem Verlust mehrerer Vorderzähne, eines Teils der Nase, der Brustwarzen, oder bei großflächigen Verbrennungen angenommen worden.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs bezüglich Operationsnarben

Der Bundesgerichtshof musste sich in seiner Entscheidung vom 20. April 2011 (2 StR 29/11) mit der Frage auseinandersetzen, ob eine verletzte Person auch durch Operationsnarben im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB in erheblicher Weise dauernd entstellt werden kann.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall waren der Angeklagte und der Betroffene in eine Schlägerei verwickelt. Als der Betroffene zu fliehen versuchte, stach der Angeklagte dem Betroffenen mit einem Springmesser zweimal in den linken Arm und siebenmal auf der linken Seite in den Oberarm. Da der Zeuge daraufhin intensivmedizinisch behandelt werden musste und ihm auch die Milz entfernt wurde, entstanden eine Vielzahl markant bleibender Narben und überdauernde große Narben im Oberkörperbereich.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs können grundsätzlich auch besonders große oder markante Operationsnarben oder eine Vielzahl von Operationsnarben in derselben Körperregion, das Merkmal der dauernden Entstellung im Sinne des § 226 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklichen. Bei einer Einzelfallbetrachtung sei dann stets zu prüfen, ob die Qualifikation der Tat auf das äußere Verletzungsbild des Betroffenen mitsamt den Operationsnarben tatsächlich zutrifft. Hierbei ist auch eine Bezugnahme auf Lichtbilder gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zur Ergänzung der textlichen Tatsachenfeststellung zulässig.

Hilfe durch einen Fachanwalt für Strafrecht 

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen eines schwerer Körperverletzung strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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