Steuervorteile durch Verschiebung der Auszahlung der Abfindung - Vergleichsmehrwert

  • 4 Minuten Lesezeit

Bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen wird Arbeitnehmern häufig in einem Sozialplan eine Abfindung zugebilligt. Die Sozialpläne sehen hierbei in aller Regel vor, dass die Abfindung zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt wird.

Dies ist häufig steuerschädlich.

Hohe Steuermehrbelastung durch ungünstigen Auszahlungszeitpunkt

Beispielsweise im Zusammenhang mit der Schließung des des Werkes der Firma Schaeffler in Wuppertal hat unsere Kanzlei kürzlich mehr als 30 Arbeitnehmer im Hinblick auf eine optimale steuerliche Gestaltung der Ausscheidensregelung beraten und vertreten. Hierbei hat sich erneut gezeigt, dass durch eine Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes auf ein Folgejahr, in dem geringere steuerpflichtige Einkünfte als in dem ursprünglich vorgesehenen Jahr der Auszahlung der Abfindung zu erwarten sind, erhebliche Steuerentlastungen erzielen lassen. Bei Abfindungen von teilweise mehr als 200.000,00 € betrug die Steuerersparnis in etlichen Fällen mehr als 20.000,00 €.

Derartige Regelungen über die Festlegung des Zeitpunktes der Auszahlung einer Abfindung haben bei der Bemessung der Gebühren des Rechtsanwaltes in der Regel keine Bedeutung. Wird beispielsweise in einem Kündigungsrechtsstreit eine Abfindung vereinbart, hat dies keinen Vergleichsmehrwert zur Folge. Gleiches gilt, wenn im Vergleich vereinbart wird, dass die Abfindung erst im Folgejahr ausgezahlt werden darf, weil dies für den Arbeitnehmer mit steuerlichen Vorteilen verbunden ist.

Anders ist dies jedoch dann, wenn dem Arbeitnehmer ein Abfindungsanspruch unstreitig zusteht, beispielsweise weil dieser in einem Sozialplan festgelegt worden ist, und der Arbeitnehmer von dem Arbeitgeber verlangt, dass dieser den Auszahlungszeitpunkt verschiebt. Besteht hierüber ein Streit, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Wunsch auf Verschiebung des Auszahlungszeitpunkt des nachzukommen, und kommt hierüber später eine Einigung zustande, führt dies zu einem Vergleichsmehrwert, der eine entsprechende Erhöhung der Rechtsanwaltsgebühren zur Folge hat.

Diese Rechtsgrundsätze sind aktuell in einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf bestätigt worden.

In einem von uns geführten Kündigungsschutzprozess gegen einen großen Automobilzulieferer stand dem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Abfindungsplans unstreitig einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zum Beendigungszeitpunkt am 31.12.2021 in Höhe von rund 73.000,00 € zu. Außergerichtlich verlangte der Arbeitnehmer, dass die Abfindung, falls die Kündigungsschutzklage keinen Erfolg haben sollte, jedenfalls erst im Januar 2022 ausgezahlt werden dürfe, da dies für ihn eine Reduzierung der auf die Abfindung entfallenden Steuerlast in Höhe von rund 12.000,00 € zur Folge hatte. Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Im Rechtsstreit kam es dann schließlich zu einem Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage der streitigen Kündigung zum 31.12.2021 aufgelöst wurde und der Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von rund 73.000,00 € erhielt. Zusätzlich wurde im Vergleich vereinbart, dass die Abfindung erst im Januar 2022 zur Zahlung fällig ist und dem Arbeitgeber eine Zahlung vor Fälligkeit nicht gestattet ist.

Das Arbeitsgericht setzte auf der Grundlage dieses Vergleichs auf unseren Antrag einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 12.000,00 € fest. Die Rechtsschutzversicherung des Arbeitnehmers war hiermit nicht einverstanden und wies uns an, gegen die Festsetzung des Vergleichsmehrwertes Streitwertbeschwerde zu erheben. Diese Streitwertbeschwerde wurde sowohl vom Arbeitsgericht Krefeld als auch vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurückgewiesen.

In seinem Beschluss vom 25.07.2022 führt das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hierzu zutreffend aus, dass ein Vergleichsmehrwert anfällt, wenn durch den Vergleichsabschluss ein weiterer Rechtsstreit vermieden wird, ein außergerichtlicher Streit erledigt wird oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird. Es muss also in Bezug auf die jeweilige Regelung Streit oder Ungewissheit bestanden haben. Keine Werterhöhung tritt demgegenüber ein, wenn es sich bei der streitigen Regelung lediglich um eine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits handelt. Abzustellen ist hierbei auf die Umstände zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses.

Mit Blick auf die vergleichsweise Regelung des Auszahlungszeitpunkt des stellt das Landesarbeitsgericht zutreffend fest, dass dies keine Gegenleistung zur Beilegung des Rechtsstreits darstellt. Vielmehr stand dem Kläger die Abfindungszahlung im Falle der Wirksamkeit der Kündigung nach dem bei dem Arbeitgeber bestehenden Abfindungsplan unstreitig zu. Demgegenüber war es zwischen den Parteien streitig, ob der Kläger vom Arbeitgeber aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verlangen konnte, dass die Abfindung nicht zum 31.12.2021 bezahlt wird, wie es im Abfindungsbilanz vorgesehen ist, sondern ob er eine Auszahlung im Januar des Folgejahres verlangen kann, die für ihn steuerliche Vorteile bot. Hierüber bestanden zwischen den Parteien unstreitig unterschiedliche Auffassungen.

Die vergleichsweise Regelung, wonach die Abfindung erst im Januar 2022 gezahlt werden darf, hat diesen Streit zwischen den Parteien nach den zutreffenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beseitigt. Hierbei handelt es sich um einen Streit, der unabhängig von der Kündigungsschutzklage des Klägers zwischen den Parteien bestanden hat. Die Höhe des Vergleichsmehrwerts von 12.000,00 €, dessen Festsetzung wir beantragt hatten, bestätigt das Landesarbeitsgericht mit der Erwägung, dass die begehrte Auszahlung der Abfindung erst im Folgejahr zu einer um 12.000,00 € niedrigeren Steuerlast führt und dies den wirtschaftlichen Wert der Regelung zum Zahlungszeitpunkt ausdrückt.

Dieses Verfahren bestätigt erneut, dass Arbeitnehmer bei der Zahlung von Abfindungen sehr genau prüfen sollten, ob eine Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes nicht möglicherweise steuerliche Vorteile hat. Die Höhe dieser steuerlichen Vorteile wird häufig unterschätzt. Im günstigsten Fall ist die Abfindung im Folgejahr aufgrund der steuerlichen Begünstigung von Abfindungszahlungen durch die Fünftelungsregelung gemäß § 34 EStG vollständig steuerfrei, während die Abfindung im Jahr der Beendigung der Tätigkeit bei einem höheren Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers durchaus einem Steuersatz in Höhe von mehr als 40 % unterfallen kann. Bei einer Abfindung in Höhe von 100.000,00 € kann dies dann im günstigsten Fall zu einer Steuerentlastung in Höhe von mehr als 40.000,00 € führen.

Wir empfehlen unseren Mandanten deshalb dringend, diese steuerlichen Fragen nicht zu unterschätzen und sorgfältig prüfen zu lassen.

Dr. Stefan Jansen
Rechtsanwalt


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Stefan Jansen

Beiträge zum Thema