Strafbarkeit rassistischer Chats als Volksverhetzung im Social Media und per Messenger wie WhatsApp

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Die Berliner Staatanwaltschaft ermittelt seit wenigen Tagen gegen Berliner Polizei-Studierende. In einer Chatgruppe mit 26 Mitglieder sollen die Beschuldigten Nachrichten mit rassistischem und menschenverachtendem Inhalt gesendet haben. Zum Teil sollen sich diese gegen Asylsuchende gerichtet haben, andere verharmlosten den Völkermord im Dritten Reich. Die Ermittlungen wurden nach Angaben der Polizei eingeleitet, nachdem eine polizeiliche Dienstkraft selbst den Fall anzeigte. Bei Amtseintritt ist jede Polizeibeamtinnen und -beamte verpflichtet, einen Eid auf das Grundgesetz abzugeben. Es steht außer Frage, dass Beamte, die sich nicht grundrechtskonform verhalten mit Disziplinarverfahren und beruflichen Konsequenzen rechnen müssen. Allerdings darf dabei nicht außer Acht gelassen werden, dass mit dem Versenden derartigen Hassnachrichten womöglich auch strafrechtliche Folgen drohen, die bei einer Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht zu unterschätzen sind.

Als Strafverteidiger im Bereich des Cyberstrafrechts vertreten wir viele Mandanten mit dem Vowurf der Volksverhetzung. Das Gesetz hinkt den technischen Entwicklungen dabei stets hinterher, so dass sich dort enorme Strafbarkeitslücken ergeben, die zur Einstellung vieler Verfahren geführt haben.

 

Was ist eine Volksverhetzung gem. § 130 StGB?

Hetzen im politisch-gesellschaftlichen Sinne ist eng mit dem Wort Hass verwandt und meint „Antreiben“. Volksverhetzung nach § 130 StGB ist ein Äußerungsdelikt und stellt unter Strafe, den öffentlichen Frieden zu stören.

 

Durch welche Äußerungen mache ich mich der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 1 StGB strafbar?

Strafbar macht sich, wer gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen einen Einzelnen oder Teile der Bevölkerung zum Hass anstachelt. Gleiches gilt für die Aufforderung zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen. Weiter wird bestraft, wer die Menschenwürde einer Einzelperson oder vorbezeichneten Gruppe angreift. Angreifen meint hier einen anderen Menschen zu beschimpfen, böswillig verächtlich zu machen oder zu verleumden. Eine Strafbarkeit kommt auch durch schriftliche Verbreitungen derartigen Gedankengutes in Betracht.

 

Welche Strafe steht auf Volksverletzung gem. § 130 Abs. 1 StGB?

Solche hasserfüllten Äußerungen werden mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

 

Wie mache ich mich der Volksverhetzung gem. § 130 Abs. 2 StGB strafbar?

Besonders relevant im Zusammenhang mit Hass im Netz und unbedachter Kommunikation via Facebook, WhatsApp, Instagram und Co ist der zweite Absatz der Strafgesetznorm. Hiernach wird unter anderem bestraft, wer volksverhetzende Schriften verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder wer einer Person unter achtzehn Jahren eine Schrift anbietet, überlasst oder zugänglich macht.

 

Was ist eine Schrift nach § 130 Abs. 2 StGB?

Gemäß § 11 Abs. 3 stehen den Schriften Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen gleich. Auch WhatsApp-Nachrichten, Gifs, Memes, Videos usw. sind demnach Schriften und können der Strafbarkeit des § 130 Abs. 2 StGB unterfallen.

 

Wie kann ich mich beim Versenden einer WhatsApp-Nachricht strafbar machen?

Bei der Strafbarkeit gem. § 139 StGB und dem Versenden von Nachrichten muss differenziert werden, auf welche Art und Weise die volksverhetzenden Inhalte weitergegeben werden. In der Regel wird nicht bestraft, wer derartige Hassreden in Privatchats sendet. Gleiches gilt derzeit noch für geschlossene WhatsApp-Gruppen mit dem Nutzer bekannte Personen, die eine bestimmte Personenanzahl nicht überschreitet. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass der Versender nicht davon ausgehen muss, dass die gesendeten Inhalte unkontrolliert weiterverbreitet werden.

 

Wann verbreite ich etwas nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB?

Verbreiten bedeutet zunächst eine Weitergabe, mit der Absicht, die Schrift einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen, die nach Zahl und Individualität für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Bei einem Urteil, das Anfang des Jahres aufgrund des Sendens eines potentiell antisemitischen Videos in einem privaten Chat erging, wurde die Rechtsauffassung bestätigt, dass das Tatbestandmerkmal des Verbreitens in den sozialen Netzwerken schneller erfüllt sein kann, als vielleicht zunächst angenommen. Allein die Weiterleitung eines Videos kann ausreichen, die Verfügungsgewalt über solches derart aus der Hand geben, dass die Weiterverbreitung an einen unbestimmten Personenkreis nicht mehr verhindert werden kann.

Gem. § 130 Abs. 2 Nr. 3 ist außerdem strafbar, wer eine volksverhetzende Schrift unter anderem herstellt, verwendet oder einer anderen Person die Verwendung ermöglicht. Auch diese Strafvariante kann durch eine Nachricht in eine WhatsApp-Gruppe verwirklicht werden.

 

Wie steht Volksverhetzung im Zusammenhang mit Nationalsozialismus?

Volksverhetzung durch antisemitische Äußerung und die Verharmlosung des Holocaust

Der § 130 StGB enthält zusätzlich zu den obigen aufgeführten strafbaren Tathandlungen weitere Absätze, die sich explizit auf nationalsozialistisches Gedankengut beziehen. Bestraft wird hiernach, wer unter der Herrschaft der Nationalsozialismus begangene Handlungen in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost, § 130 Abs. 3 StGB. Gleiches gilt für Personen, die die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigen, verherrlichen oder rechtfertigen, § 130 Abs. 4 StGB. Im Fokus steht dabei vor allem die Würde der Opfer des Holocaust zu schützen.

 

Hakenkreuz-Memes als volksverhetzende Schrift?

Gerade in privaten Chats oder WhatsApp-Gruppen wird immer wieder beobachtet, dass vermeintlich scherzhafte Memes von Hitler oder Hakenkreuzen versendet werden. Auch wenn nicht hinter jeder solchen Nachricht antisemitisches Gedankengut oder eine Leugnung des Holocausts verborgen liegt, sollte auf keinen Fall außer Acht gelassen werden, dass mit derartigen Nachrichten nicht zu spaßen ist.

So zeigt auch der oben angeführte Fall aus Dillingen, dass die Rechtsprechung durchaus eine ernsthafte Gefahr von vermeintlich scherzhaften, aber dennoch potentiell volksverhetzenden Chatinhalten ausgehen sieht. Im obigen Fall war die streitgegenwärtige Schrift ein Video, das ein vermutlich jüdisches Kind an einem Keyboard zeigte, wobei statt musikalischen Klängen, die Geräusche einer Kasse zu hören waren. Im Chat folgte darauf lachende Smileys. Es wurde sich nicht explizit antisemitisch geäußert und trotzdem wurde dieser Fall vor Gericht entschieden. Es kam zwar nicht zu einer Verurteilung, aber dennoch zeigt der Austausch dieser vom Versender als „harmlos“ betrachteten Nachrichten, dass wer unbedachte und auf den ersten Blick nur politisch unkorrekte oder geschmacklose Inhalte versendet, sich dafür in Zukunft vor Strafgerichten behaupten werden muss.

 

Ihre Fachanwälte für Strafrecht in Berlin beim Vorwurf der Volksverhetzung

Die Strafverfolgung durch Handlungen in sozialen Netzwerken hat gerade im letzten Jahr noch einmal zugenommen. Das Internet, sowie seine Kommunikationskanäle sind kein rechtsfreier Raum. Gerade mögliche strafrechtlichen Konsequenzen für Fehlverhalten im Internet sollten nicht unterschätzt werden.  Leichtfertige Fehltritte in diesem Zusammenhang können durch eine kompetente Beratung durch einen Fachanwalt für Strafrecht vermieden werden. Unsere Kanzlei in Berlin, insbesondere das Strafrechtdezernat, steht Ihnen deshalb bundesweit bei Ihren Anliegen zur Seite. Kontaktieren Sie uns jetzt und vereinbaren sie möglichst zeitnah einen ersten telefonischen Beratungstermin oder einen persönlichen Termin in einem unserer Standorte in Berlin Köpenick oder Charlottenburg, um erste Schritte zu besprechen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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