Strafen bzw. Reaktionsmöglichkeiten im Jugendstrafrecht

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§ 5 JGG sieht ein abgestuftes System von Reaktionsmöglichkeiten vor, das vom vollständigen Sanktionsverzicht über Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel bis hin zur Jugendstrafe reicht.

Erziehungsmaßregeln nach § 5 Abs. 1 JGG sind dabei noch keine Sanktionen im engeren Sinne, sondern dienen allein dem Erziehungsgedanken. Zuchtmittel haben darüber hinaus auch ahndenden Charakter, während die Jugendstrafe am ehesten Raum für Schuldausgleich lässt.

Diese Abstufung kommt in § 5 JGG klar zum Ausdruck:

  • Abs. 1 erlaubt die Anordnung von Erziehungsmaßregeln "aus Anlass" der Straftat
  • Abs. 2 sieht Zuchtmittel oder Jugendstrafe vor, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen
  • Abs. 3 stellt klar, dass Zuchtmittel und Jugendstrafe entbehrlich sind, wenn der Täter in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt untergebracht wird

Subsidiarität der "ahndenden" Rechtsfolgen

Im Zusammenspiel mit § 2 Abs. 1 JGG wird deutlich, dass die erzieherisch ausgerichteten Maßnahmen stets Vorrang vor Sanktionen wie Zuchtmitteln oder Jugendstrafe haben. Eine Tendenz, die Unterschiede zwischen den Reaktionsformen zu verwischen, ist daher abzulehnen. Auch wenn § 8 JGG die Kombination von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln erlaubt, sollte dies die Ausnahme bleiben.

Registrierung jugendstrafrechtlicher Entscheidungen

Bin ich ist mein Kind jetzt eventuell demnächst vorbestraft? Jeder, der in einem Verfahren rechtskräftig verurteilt wurde, ist laut Definition vorbestraft. Allerdings gilt nach allgemeinem Sprachgebrauch nur jemand als vorbestraft, wenn eine Eintragung im Führungszeugnis vorliegt. Doch was bedeutet das genau für Personen mit Vorstrafen? Der folgende Artikel soll darüber Aufschluss geben.

Über die Eintragungen im Bundeszentralregister hinaus werden bestimmte jugendrichterliche Entscheidungen im Erziehungsregister erfasst (§ 60 BZRG). Dazu zählen:

  • Einstellungen nach §§ 45, 47 JGG
  • Erziehungsmaßregeln und Zuchtmittel
  • Anordnungen nach § 3 S. 2 JGG

Anders als Registrierungen im BZR werden diese Eintragungen aber nicht in Führungszeugnisse aufgenommen. Mit dem Erziehungsregister soll eine stigmatisierende Wirkung vermieden, zugleich aber der Informationsbedarf der Strafverfolgungsbehörden gedeckt werden.

Problematisch ist, dass allein aus Art und Höhe der Rechtsfolge gewisse Schlüsse auf die Tatschwere gezogen werden, was durchaus fehleranfällig ist. Insgesamt begünstigt das Registerwesen im Jugendstrafrecht eine bedenkliche Tendenz zur Sanktionseskalation.


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Entfernung der Eintragungen

Nach § 63 BZRG sind die Eintragungen im Erziehungsregister mit Vollendung des 24. Lebensjahrs zu entfernen. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Verwertung zum Nachteil des Betroffenen unzulässig.

Eine Ausnahme gilt nur, wenn zugleich eine schwere Rechtsfolge wie eine Jugendstrafe von mindestens 1 Jahr im BZR registriert ist. Dann bleiben auch die Erziehungsregister-Einträge bis zur Tilgungsreife der BZR-Eintragung erhalten.

Sonstige Datenspeicherungen

Für verfahrensbezogene Zwecke können personenbezogene Daten in Dateien der Strafverfolgungsbehörden gespeichert werden (§§ 483 ff. StPO iVm § 2 Abs. 2 JGG). Bei zur Tatzeit Jugendlichen ist spätestens nach 5 Jahren die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung zu prüfen (§ 489 Abs. 3 StPO).

Darüber hinaus erfasst das zentrale staatsanwaltliche Verfahrensregister (§§ 492 ff. StPO) auch Freisprüche und Verfahrenseinstellungen. Dies konterkariert die bewusste Nichteintragung bestimmter Erledigungsarten im Erziehungsregister und wird den schutzwürdigen Interessen junger Beschuldigter oft nicht gerecht.

Fazit

Das Jugendstrafrecht hält ein differenziertes, am Erziehungsgedanken orientiertes Rechtsfolgensystem bereit. Die gesetzliche Abstufung in § 5 JGG ist bei der Rechtsanwendung unbedingt zu beachten, um einer übermäßigen Sanktionierung junger Täter vorzubeugen.

Die Registrierung und Datenspeicherung im Jugendstrafrecht birgt Gefahren der Stigmatisierung und Sanktionseskalation. Hier ist kritisch zu hinterfragen, ob die geltenden Regelungen einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Informationsinteressen der Behörden und dem Schutzbedarf junger Menschen herstellen.

Foto(s): johannes von Rüden

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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