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Telekom-Beamtenbeurteilung: Ehemalige Führungskräfte können Beurteilungsbeiträge abgeben

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Grundlage von Beförderungsentscheidungen sind in erster Linie die letzten dienstlichen Beurteilungen der Konkurrenten, die miteinander verglichen werden. Diese Beurteilungen müssen hinreichend aktuell sein und zudem auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage beruhen. In großen Verwaltungseinheiten liegt es nahe, dass ein Beurteiler die Beamten und ihre dienstlichen Leistungsgen nicht alle aus eigener Anschauung kennt. Er ist deshalb auf ergänzende Informationen von unmittelbar vorgesetzten Führungskräften angewiesen. Diese müssen in Umfang und Tiefe so ausgestaltet sein, dass sie die Erstellung der dienstlichen Beurteilung in der erforderlichen Differenzierung ermöglichen.

Bundesverwaltungsgericht - Urteil vom 27.11.2014 – 2 A 10.13

Problematisch und aufwändig wird die Informationsbeschaffung, wenn die Führungskraft, die dem Beamten im Beurteilungszeitraum unmittelbar vorgesetzt war, aus dem Dienst ausgeschieden oder an eine entfernte Organisationseinheit versetzt worden ist und deshalb nicht ohne zusätzlichen Aufwand erreicht werden kann. Dieser Aufwand muss aber betrieben werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 28.01.2016 entschieden, dass sich der Dienstherr zur Erlangung einer ausreichenden tatsächlichen Grundlage für die Erstellung der dienstlichen Beurteilung, sofern nicht der Beurteiler die Leistungen des Beamten hinreichend sicher aus eigener Anschauung bewerten kann, grundsätzlich um Beurteilungsbeiträge früherer Vorgesetzter bemühen muss. Von dieser Verpflichtung ist der Dienstherr nur dann befreit, wenn der frühere Vorgesetzte nicht erreichbar oder diesem die Erstellung eines Beurteilungsbeitrags aus gesundheitlichen oder Altersgründen nicht möglich ist.

Bundesverwaltungsgericht – Urteil vom 28.01.2016 – 2 A 1.14

Diese Verpflichtung gilt auch im Beurteilungssystem der Deutschen Telekom AG. Dieses System ist dadurch gekennzeichnet, dass die Beurteilungen zentralisiert erstellt werden, wobei die Erst- und Zweitbeurteiler die Leistungen der einzelnen Beamten nicht aus eigener Anschauung kennen. Sie sind daher auf Stellungnahmen von Führungskräften angewiesen. Für diese Stellungnahmen gibt es ein Formularsystem, in dem die einzelnen Leistungen, gegliedert nach Einzelmerkmalen, notenmäßig bewertet werden. Dieses System ist im Grundsatz rechtmäßig. Es gibt allerdings Fälle, in denen die unmittelbare Führungskraft nicht mehr direkt erreichbar ist (z.B. wegen Altersruhestand, Dienstunfähigkeit, örtlicher Versetzung oder Ausscheiden aus dem Unternehmen). Das entbindet die Telekom aber nicht von der Pflicht, Kontakt zu diesen Führungskräften aufzunehmen, um an Informationen zu gelangen. Dies wurde zuletzt von den Verwaltungsgerichten Hannover und Stuttgart explizit bestätigt.

In dem vom VG Hannover entschiedenen Fall war die Führungskraft kurz vor Ende des Beurteilungszeitraums aus gesundheitlichen Gründen aus dem Dienst ausgeschieden. Die Stellungnahme wurde von der nächsthöheren Vorgesetzten abgegeben und fiel schlechter aus, als von der Beamtin erhofft. Folgerichtig erhielt sie eine schlechtere Beurteilung und wurde in der Beförderungsauswahl nicht berücksichtigt. Die Beamtin war der Überzeugung, dass ihre ausgeschiedene Führungskraft, wäre sie befragt worden, eine deutlich bessere Einschätzung abgegeben hätte, die wiederum zu einer besseren Beurteilung und damit Beförderungschance geführt hätte. Das VG folgte dieser Argumentation.

VG Hannover – Beschluss vom 13.06.2019 – 2 B 7664/18

Die Telekom setzte die gerichtlichen Vorgaben um. Nachdem die Stellungnahme der ausgeschiedenen Führungskraft vorlag, wurde die dienstliche Beurteilung mit deutlich besserem Ergebnis neu erstellt und die Beamtin daraufhin befördert.

Auch das VG Stuttgart hat in gleicher Weise entschieden, dass die Telekom als Dienstherr dafür Sorge tragen muss, dass ein Vorgesetzter, dessen Ausscheiden aus dem Dienst sich abzeichnet, ggf. rechtzeitig vor seinem Ausscheiden eine Stellungnahme abgibt oder diesen nach dessen Eintritt in den Ruhestand kontaktiert, um eine Stellungnahme zu erhalten.

VG Stuttgart – Beschluss vom 11.02.2020 – 15 K 7346/19

Beide Beschlüsse sind rechtskäftig.

Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


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