Tierhalterhaftung und wann diese ausgeschlossen ist

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Grundsätzlich ergibt sich aus § 833 BGB die Haftung des Tierhalters. Wird durch ein Tier ein Mensch verletzt oder eine Sache beschädigt, ist der Tierhalter verpflichtet für den entstandenen Schaden aufzukommen. Tierhalter ist nach der Vorschrift, wer hinsichtlich der Betreuung, Pflege, Verwendung oder Beaufsichtigung die tatsächliche Bestimmungsmacht über ein Tier hat. Entscheidend ist danach also nicht die rechtliche Beziehung zum Tier, sondern die tatsächliche Verfügungsgewalt.

Der Tierhalter muss grundsätzlich für alle Schäden einstehen, die sein Tier verursacht hat. Dies gilt unabhängig davon, ob er das Tier ordnungsgemäß gehalten oder beaufsichtigt hat. Auch muss der Tierhalter in den Fällen haften, in denen das Tier unberechenbar reagiert (Beispiel: Hund sieht eine Katze, reißt sich los und verursacht so einen Verkehrsunfall).  

Ein für die Verletzung mitursächliches Fehlverhalten des Geschädigten kann allerdings als Mitverschulden berücksichtigt werden und kann sich in diesen Fällen anspruchsmindernd auswirken.

Ausnahmsweise kann eine Ersatzpflicht entfallen, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wurde, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dient und der Tierhalter bei der Beaufsichtigung seines Tieres keine Aufsichtspflichtverletzung begangen hat, § 833 S. 2 BGB.

Muss der Tierhalter für entstandene Schäden haften, ist er grundsätzlich verpflichtet Schadensersatz oder Schmerzensgeld bei Körperverletzungen zu leisten.

Da es sich um eine verschuldensunabhängige Haftung handelt und die Risiken für den Halter immens hoch sein können, ist es regelmäßig sinnvoll und in vielen Bundesländern verpflichtend eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Die Haftpflichtversicherung übernimmt dann grundsätzlich die sich aus der Tierhalterhaftung ergebenden Schäden.

Dahingehend entschied der BGH ( BGH, Urteil vom 15. Dezember 2020 – VI ZR 224/ 20) kürzlich über die Frage, ob eine Tierhalterhaftpflichtversicherung eines Vaters sein eigenes Kind im Schadensfall entschädigen muss.

Die 3-Jährige Tochter war mit ihrem Vater und dessen Hund spazieren. Der Hund wechselte unvorhersehbar die Gehrichtung, woraufhin die Leine spannte, die Tochter stolperte und hinfiel. Da der Vater zu diesem Zeitpunkt eine Tierhalterhaftpflichtversicherung unterhielt und er sämtliche Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis an die Tochter abgetreten hat, begehrte die Tochter Schadensersatz von der Versicherung.

Einen etwaigen Schadensersatzanspruch lehnte der BGH jedoch aus dem Grund ab, da § 1664 Abs. 1 BGB eine Gefährdungshaftung aus § 833 S. 1 BGB ausschließe.

Nach § 1664 I BGB haben die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Insofern wird durch die Vorschrift geregelt, in welchem Umfang die Eltern bei der Ausübung der elterlichen Sorge gegenüber dem Kind haften. § 1664 BGB ist nicht nur eine eigenständige Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch des Kindes gegen die Eltern, sondern die Norm bestimmt auch den Haftungsmaßstab in Bezug auf deliktische Verhaltenspflichten der Eltern zum Schutz der Gesundheit des Kindes.
 § 1664 Abs. 1 BGB bestimmt, dass Eltern gegenüber ihrem Kind nur für Verstöße gegen die eigenübliche Sorgfalt, grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz einstehen müssen.

Da sich der Unfall bei einem gemeinsamen Spaziergang ereignete, ist ein „innerer Zusammenhang“ zwischen der elterlichen Sorge und den verletzten deliktischen Pflichten anzunehmen. Dies entspricht den Wirkungen einer gesetzlichen Beschränkung der Vertragshaftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, die sich auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung durchschlagen. Daraus folgt, dass nicht nur die Haftung für leichte Fahrlässigkeit entfällt, sondern auch die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB.


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