Tipps zum Widerspruch gegen Eigenbedarfskündigung, Gründe

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Wenn das Mietverhältnis aufgrund Eigenbedarfs gekündigt wird, trifft das den Mieter oft hart und der Mieter weiß oft keinen Ausweg aus dieser Situation, zumal Ersatzwohnraum in den Ballungsgebieten oft überhaupt nicht zur Verfügung steht.

Widerspruch bei Eigenbedarfskündigung gemäß § 574 BGB

Auch der Gesetzgeber hat diese Misere erkannt und daher dem Mieter ein Widerspruchsrecht gegen eine Kündigung durch den Vermieter ausgesprochene Kündigung an die Hand gegeben. Danach kann der Mieter gemäß § 574 BGB der Kündigung widersprechen, wenn die Kündigung für den Mieter selbst, seine Familie oder andere Angehörige seines Haushalts eine Härte bedeutet. 

Räumungsunfähigkeit aufgrund des Gesundheitszustands des Mieters als Grund für besondere Härte

Im Falle einer gesundheitsbedingten Räumungsunfähigkeit des Mieters kann dieser ebenfalls erfolgreich mit einem Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung vorgehen. Dies führt bei einer Prognose einer Verschlechterung des Gesundheitszustands sogar soweit, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortgesetzt wird. So entschied das Landgericht Heilbronn:

LG Heilbronn, Urteil vom 07.04.2022 - 3 S 22/21

"Liegt eine Räumungsunfähigkeit des Mieters vor und ist in der Zukunft eher eine Verschlechterung als eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation zu erwarten, kann das Mietverhältnis ausnahmsweise gem. § 574a Abs. 2 Satz 2 BGB auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden."

Auch im Falle einer gesundheitsbedingten Räumungsunfähigkeit hat der Mieter darzulegen, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen dazu führen, dass eine Räumung nicht möglich ist und sich der Gesundheitszustand auch in absehbarer Zeit nicht verbessert oder sogar verschlechtern wird. Sollte dies wiederum bestritten werden, so müsste wohl ein mit einem Sachverständigengutachten nachgewiesen werden, dass dies der Fall ist. 

Sollte der Sachverständige feststellen, dass bei einem Umzug in eine geeignete Ersatzwohnung eine Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht zu erwarten ist, müsste der Mieter die Wohnung räumen.

Auch der BGH führt in seinem Beschluss (30.11.2021 - VIII ZR 81/20)  zum Härtegrund Gesundheitszustand wie folgt aus:

"Eine Erkrankungen des Mieters in Verbindung mit weiteren Umständen - und in bestimmten Fällen auch allein die im Fall eines Wohnungswechsels bestehende ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des (schwer) erkrankten Mieters - einen Härtegrund im Sinne des § 574 BGB darstellen können (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2019 - VIII ZR 180/18, aaO Rn. 31; vom 3. Februar 2021 - VIII ZR 68/19, aaO Rn. 29)"

Härtegrund aufgrund schwerer Behinderung des Mieters oder eines angehörigen des Haushalts

Wenn in der von einer Eigenbedarfskündigung betroffenen Mietwohnung ein schwerbehinderter Mieter oder ein schwerbehinderter Haushaltsangehöriger  (Kind, Partner) lebt, kann dies auch ein erheblicher Grund für die Fortsetzung des Mietverhältnis sein.

Gerade in diesem Fall kann dann auch ein Widerspruch gemäß § 574 BGB erfolgreich sein. Liegt nämlich eine besondere Härte vor, wäre die Kündigung wegen Eigenbedarfs unmöglich und es kommt nach § 574 a BGB zu einer unbefristeten Fortsetzung des Mietverhältnisses.

Wie wird feststellt, ob eine besondere Härte aufgrund einer Behinderung vorliegt?

Das Vorliegen einer besonderen Härte hat der Mieter vorzutragen und im Streitfalle zu beweisen. Bei Vorliegen einer Behinderung wird das Gericht nur selten ohne Sachverständigengutachten ein Urteil treffen und entscheiden können, ob eine unzumutbare Härte im Falle eines Umzugs vorhanden ist. Wegen eines solchen Sachverständigengutachtens fallen hohe Gutachterkosten an, die die ohnehin sehr hohen Prozesskosten nochmals deutlich erhöhen.

Sollte sich aus dem Sachverständigengutachten ergeben, dass ein Umzug für das Mieter-Kind sehr wahrscheinlich schwere psychische Schäden zur Folge hat, wenn es aus der gewohnten Wohnung und dem bekannten Umfeld herausgerissen wird, hat der Widerspruch Erfolg und das Gericht wird das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit fortsetzen und den Räumungsanspruch abweisen.

So urteilte das LG Lübeck (Urteil vom 21. November 2014 – 1 S 43/14) sowohl der dortige Mieter, sowie sein mehrfach körperlich und geistig behindertes Kind mussten nicht umziehen.

Begründung des Gerichts

„Die Verschlechterung seines Gesundheitszustands durch den Wohnungswechsel wird weiter mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Sterblichkeitsrisiko erhöhen. Hinter diesem durch Art. 13 GG sowie durch Art. 2 GG (Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit) geschützten Bestandsinteresse der Beklagten müssen die durch Art. 14 GG geschützten Erlangungsinteressen der Kläger, die in ihrem Kündigungsschreiben angeführt werden, zurücktreten.“

Fehlen von geeignetem Ersatzwohnraum, insbesondere im Hinblick auf finanzielle Verhältnisse als besondere Härte

Das Gesetz nennt als Härtegrund bereits in § 574 Abs. 2 BGB, fehlender angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen. Voraussetzung, dass dieser Härtegrund auch bei einem Widerspruch berücksichtigt wird ist  jedoch, dass der Mieter ein Bemühen auch vorträgt und nachweisen kann. So wird der Mieter regelmäßig ab Erhalt einer Eigenbedarfskündigung nach einer Wohnung zu suchen haben. Allein der Verweis auf eine angespannte Wohnungslage oder fehlende passende Wohnungen genügt dabei jedoch für sich genommen noch nicht. Ein Mieter muss vielmehr zu konkret ergriffenen Maßnahmen zum Auffinden von geeignetem und bezahlbarem Wohnraum vortragen und seine (konkreten) Bemühungen vortragen. Maklerbeauftragungen, fehlende Internetangebote (Ausdrucke mit Datum aus Immobilienportal), Suchanzeige, Ablehnungen von Großvermieter etc.

Sie haben weitere Fragen oder möchten sich zu einer Eigenbedarfskündigung als Mieter oder auch Vermieter beraten oder gerichtlich vertreten lassen ? Wir stehen Ihnen hierfür mit unserer Erfahrung im Mietrecht und mit Eigenbedarfskündigungen gern zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns !


Daniel Baumgärtner

Rechtsanwalt 

www.rechtsanwalt-baumgaertner.de/mietrecht-leipzig/

Terminvereinbarung Rechtsberatung Eigenbedarfskündigung

oder Telefon +49 (0)341-22 5 22 780



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