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Totschlag – der Grundtatbestand der Tötungsdelikte

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Totschlag – der Grundtatbestand der Tötungsdelikte

Experten-Autorin dieses Themas

Wird ein Mensch durch einen anderen Menschen getötet, so wird meist im Sprachgebrauch von Mord gesprochen. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass es für die Qualifikation als Mord eines sog. Mordmerkmales bedarf. In der Folge macht sich derjenige, der vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, gemäß § 212 Strafgesetzbuch (StGB) wegen Totschlags strafbar.

Was ist Totschlag?

Totschlag ist quasi der Grundtatbestand der Tötungsdelikte. Er ist in § 212 StGB gesetzlich normiert. Das Gesetz sagt dazu: 

„1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. 

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.“

Damit ist der Begriff des Totschlags ein Sammelbegriff für die Fälle, in denen das sog. Mordmerkmal nicht verwirklicht ist.  

Unterschied zwischen Mord und Totschlag

Beide Delikte haben gemeinsam, dass vorsätzlich ein anderer Mensch getötet wurde. Beim Totschlag sind jedoch keine weiteren Mordmerkmale erforderlich.  

Die Mordmerkmale sind in § 211 StGB geregelt. Danach ist Mörder, wer 

  • aus Mordlust,  

  • zur Befriedigung des Geschlechtstriebs,  

  • aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, 

  • heimtückisch oder  

  • grausam oder  

  • mit gemeingefährlichen Mitteln, oder 

  • um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, 

einen Menschen tötet. Es kommt also für die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ganz besonders auf die verwerfliche Art der Tatbegehung und die Motive an. 

Beispiel Mord 

Um zu verdeutlichen, wann ein Mord und damit kein Totschlag vorliegt, sollen folgende Beispiele einen Überblick geben: 

  • Tötung des arglosen Opfers im Schlaf 

  • Freude an der Vernichtung eines Menschenlebens 

  • Messerstiche zur Ermöglichung des Geschlechtsverkehrs 

  • Tötung des Opfers, um an das Erbe zu gelangen. Dabei ist für die Habgier nicht die Höhe des Erlangten relevant. 

  • Tötung einer Frau, weil der Täter sie nicht haben kann und deshalb auch kein anderer sie haben soll 

  • Tötung wegen Verärgerung über fehlendes Kaufinteresse  

  • Tötung des Partners, um mit einem anderen zusammen sein zu können 

  • Tötung aus Rache, weil das Opfer eine den Täter belastende Aussage getätigt hat  

Verjährung Totschlag

Im Gegensatz zum Mord, der nie verjährt, gelten für Totschlag Verjährungsvorschriften. Totschlag verjährt nach 20 Jahren. Liegt ein besonders schwerer Fall des Totschlags vor, verjährt dieser erst nach 30 Jahren.

Vorsätzlicher Totschlag

Der Täter muss den Tod eines anderen Menschen mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich herbeigeführt haben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es verschiedene Formen des Vorsatzes gibt. Es ist bereits ein bedingter Vorsatz ausreichend. Beim bedingten Tötungsvorsatz ist jedoch eine umfassende Gesamtschau aller Tatumstände erforderlich. Kein bedingter Vorsatz liegt jedoch vor, wenn der Täter lediglich wusste, dass sein Verhalten für das Opfer Lebensgefahr birgt. 

Ein bedingter Tötungsvorsatz kann beispielsweise in folgenden Fällen angenommen werden: 

  • Täter sticht ins Herz 

  • kraftvolles Würgen bis zur Bewusstlosigkeit 

  • Messerstich in den Nacken 

  • Hammerschläge auf den Kopf 

  • kräftiges Schütteln eines Säuglings 

  • Täter flüchtet vor der Polizei und fährt mit hoher Geschwindigkeit in den Gegenverkehr. 

In der Rechtsprechung wird die sog. Hemmschwellentheorie vertreten. Dies besagt, dass an die Annahme eines Tötungsvorsatzes höhere Voraussetzungen zu stellen sind als bzgl. der Verletzung anderer Rechtsgüter. Begründet wird dies, dass es beim Menschen eine natürliche Hemmschwelle gibt, einen anderen Menschen zu töten. 

Tötung eines Menschen in Notwehr

Gerechtfertigt kann die Tötung eines Menschen durch Notwehr oder Nothilfe sein. Dazu bedarf es allerdings einer genauen Prüfung, ob Rechtfertigungsgründe vorliegen. Die §§ 32 und 34 StGB sind eng auszulegen. Mord durch Notwehr ist allerdings nie möglich!

Besonders schwerer Fall des Totschlages

In § 212 StGB ist der besonders schwere Fall des Totschlages geregelt. Dieser kann auch mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet werden. Ein solcher Fall wird vorliegen, wenn das Unrecht der Tat so schwer wiegt, dass das Nichtvorhandensein eines Mordmerkmales nur formaler Natur ist.

Totschlag durch Unterlassen

Ein weiteres Beispiel für Totschlag stellt Totschlag durch Unterlassen dar. Voraussetzung dazu ist, dass der Täter durch die Vornahme der gebotenen Handlung das Leben des Opfers verlängert hätte. 

Problematisch ist jedoch die Frage, ob derjenige sich eines Totschlags durch Unterlassen strafbar macht, der einen Suizidenten nicht rettet. Sofern der sich selbst Tötungswillige nicht mehr einen freien Willen bilden kann, ist man zum Eingreifen bzw. Hilfeholen verpflichtet. 

Hierbei wird es jedoch maßgeblich auf den konkreten Einzelfall ankommen. Daneben kann auch der Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung gemäß § 323 c StGB erfüllt sein. 

Minder schwerer Fall des Totschlags  

Beim minder schweren Fall des Totschlags gemäß § 213 StGB handelt es sich um eine Strafzumessungsregel. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen beispielsweise der Täter selbst oder dessen Angehörige vom später getöteten Menschen misshandelt oder sonst wie schwer zum Zorn gereizt wurden. 

Ein klassischer Fall ist hier beispielsweise die Mutter, die den Mörder ihres Kindes tötet. Ausschlaggebend ist letztlich, ob der normale Strafrahmen des § 212 als unangemessen hart erscheint. 

Fahrlässige Tötung

Fahrlässiger Totschlag ist als sog. fahrlässige Tötung in § 222 StGB geregelt. Dabei droht demjenigen, der jemand anders ohne Vorsatz, aber durch Fahrlässigkeit tötet, entweder eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. 

Die objektiv zu bestimmende Sorgfaltspflicht, die verletzt sein muss, kann sich aus verschiedenen Gründen ergeben. Dabei können allgemeine Regeln in Betracht kommen, aber auch Rechtsnormen und berufliche oder vertragliche Pflichten. Ebenso kann sich diese auch aus gefährlichem Vorverhalten ergeben. 

Der anzuwendende Sorgfaltsmaßstab ist, dass man sich so verhält, dass Rechtsgüter Dritter nicht verletzt werden. Konkret bestimmt er sich danach, was von einem besonnenen und gewissenhaften Menschen in der konkreten Situation und sozialen Rolle des Täters erwartet wird. 

Ein Sorgfaltspflichtverstoß kann schon darin zu sehen sein, dass der Täter Handlungen vornimmt, deren Gefahren er nicht beherrschen kann. Darüber hinaus muss der Sorgfaltsverstoß vorhersehbar gewesen sein. 

Ferner erfordert es einen sog. Pflichtwidrigkeitszusammenhang. Dieser fehlt beispielsweise dann, wenn kein unerlaubtes Risiko geschaffen wurde oder wenn der Erfolg einem Dritten zuzurechnen ist, und vor allem dann, wenn das Opfer sich eigenverantwortlich selbst gefährdet.  

Totschlag im Affekt

Der Begriff des Totschlags im Affekt wird häufig falsch verwendet. Weitverbreitet ist hierbei der Irrglaube, dass eine Affekttat einen Freispruch oder eine sehr geringe Strafe nach sich zieht. 

Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Totschlag im Affekt besondere Voraussetzungen hat. 

Ein Affekt ist ein zeitlich begrenzter starker Gefühlsausbruch, der meist eine Reaktion auf ein Vorverhalten ist und in einer spontanen Handlung mündet. 

Ob ein Affekt vorliegt, kann mithilfe der vom BGH anerkennten „Saß-Kriterien“ ermittelt werden. Danach spricht beispielsweise für eine Affekttat: 

  • Enger Zusammenhang zwischen Provokation, Erregung und Tat  

  • Abrupter Tatablauf ohne Sicherungstendenzen 

  • Einengung des Wahrnehmungsfeldes des Täters und der seelischen Abläufe  

  • Folgeverhalten mit schwerer Erschütterung 

Gegen eine Affekttat spricht beispielsweise: 

  • Vorbereitungshandlungen für die Tat 

  • Komplexer Handlungsablauf über einen längeren Zeitraum in unterschiedlichen Etappen  

  • Detailreiche Erinnerung des Täters 

Um eine Affekttat zu bejahen, ist eine umfangreiche Gesamtschau des Tatgeschehens erforderlich. Dabei muss genau betrachtet werden, ob es hinreichende Anhaltpunkte für eine Beeinträchtigung oder gar Aufhebung der Fähigkeit zur Vergegenwärtigung des intellektuellen und emotionalen Erlebens gibt. Die Folge wäre dann eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung gemäß § 20 StGB, welche die Schuldfähigkeit aufhebt. 

Fazit

Tötungsdelikte sind komplex und ziehen erheblich unterschiedliche Rechtsfolgen nach sich. Hierbei ist es wichtig, genau den Sachverhalt zu ermitteln, um den zutreffenden Tatbestand anwenden zu können. Sich hierbei nur auf die Staatsanwaltschaft und Gerichte zu verlassen, kann schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Insofern ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht nur von Gesetzes wegen vorgeschrieben, sondern auch sehr ratsam. Bei der Auswahl des Rechtsanwaltes sollte jedoch dessen Spezialisierung auf Strafrecht im Vordergrund stehen.

Foto(s): ©Adobe Stock/U. J. Alexander

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