Überobligationmäßige Tätigkeit und Renteneinkünfte

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Oftmals kommt es in Familiensachen vor, dass Rentner, die eine Unterhaltsverpflichtung haben, eine Zusatztätigkeit ausüben. Vielfach wird vertreten, dass dies keine unterhaltsrechtliche Auswirkung habe, obwohl hierzu obergerichtliche Rechtsprechung vorliegt.

Bei einem Unterhaltspflichtigen liegt eine überobligationsmäßige Tätigkeit in der Regel vor, wenn er seine Berufstätigkeit nach Erreichen der Altersgrenze für eine Verrentung fortsetzt oder als Rentner einer Zusatztätigkeit nachgeht. Die zeitliche Begrenzung einer Erwerbsobliegenheit folgt schon daraus, dass das Gesetz mit § 1571 BGB einen Unterhaltsanspruch wegen Alters anerkennt. Obwohl § 1571 BGB selbst keine Altersgrenze nennt, entspricht es der Rechtsprechung des BGH, dass nach dem Erreichen der Regelaltersgrenze die Ausübung einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht mehr erwartet werden kann (vgl. BGH, FamRZ 2006, 683).

Gleichwohl können entsprechende Einkünfte in die Unterhaltsberechnung einbezogen werden (so OLG Düsseldorf, FamRZ 2007, 1817), wenn auch nicht in voller Höhe (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2009, 699).

Nach der BGH-Rechtsprechung ist ein daraus erzieltes Einkommen unter Heranziehung von § 242 BGB tatrichterlich zu bewerten und im Einzelfall festzulegen, ob und in welcher Höhe das Einkommen zu berücksichtigen ist

Im Rahmen des Abwägungsvorgangs nach § 242 BGB insbesondere bei Trennungsunterhaltsansprüchen ist zu berücksichtigen, ob die überobligatorische Tätigkeit bereits vor der Trennung ausgeübt wurde und für den Familienunterhalt zur Verfügung stand.

Im Übrigen ist es Aufgabe des Tatrichters eine Bewertung sachgerecht, unter Berücksichtigung des Einzelfalles, vorzunehmen. Eine pauschale Quote, etwa 1/3 dieser Einkünfte, wird in der Praxis oftmals angesetzt, muss jedoch nachvollziehbar begründet werden. Die Bewertung kann vom Revisionsgericht nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gegen Denkgesetzte oder Erfahrungssätze verstößt oder ob sie sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (vgl. BGH, FamRZ 2011,187; BGH, FamRZ 2005, 1974).

Fazit:

Die Zusatzeinkünfte eines Rentners sind eine überobligationsmäßige Tätigkeit, die einer unterhaltsrechtlichen Bewertung unterliegt. Die Bewertung des anzurechnenden Einkommens erfolgt durch tatrichterliches Ermessen über § 242 BGB, wobei eine schematische Quote nicht zulässig ist. An dieser Stelle ist auch anwaltlicher Sachvortrag über Lebensumstände, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse beider Parteien etc. erforderlich.

Es muss auch darauf hingewiesen werden, dass der Unterhaltsverpflichtete jederzeit diese überobligationsmäßige Tätigkeit einstellen kann. Bis zu dieser Schnittstelle muss jedoch obige Bewertung erfolgen.


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