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Unfallflucht: Muss Haftpflicht zahlen?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Wer an einem Verkehrsunfall beteiligt war und danach einfach davonfährt, macht sich wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort – umgangssprachlich auch Unfall- bzw. Fahrerflucht genannt – nach § 142 StGB (Strafgesetzbuch) strafbar. Vor allem den Unfallfahrer erwartet dann nicht nur ein Strafverfahren – auch seine Haftpflicht könnte Probleme machen. Die wird zwar zunächst den Schaden regulieren, jedoch – zumindest teilweise – vom Versicherungsnehmer Regress nehmen. Aber ist das wirklich rechtens?

Fahrerflucht aus Angst vor Hohn und Spott

Ein Aston-Martin-Fahrer kam von der Fahrbahn ab und kollidierte mit der Außenwand eines U-Bahn-Aufgangs sowie eines Einkaufszentrums. Den dort entstandenen Schaden an der Blechbrüstung in Höhe von über 21.000 Euro bemerkte er offensichtlich nicht. Er fuhr einfach davon und meldete sich erst am nächsten Tag bei der Polizei. Nach eigenen Angaben hatte sich der Fahrer nur Gedanken um sein Kfz gemacht und somit die Brüstung nicht auf eventuelle Schäden untersucht. Im Übrigen sei er nur deshalb so schnell „geflüchtet“, weil er nicht zum Gespött der Leute werden wollte, die den Unfall mitbekommen hatten. Außerdem wollte er vermeiden, dass er fotografiert wird und die Bilder seiner Unglücksfahrt im Internet veröffentlicht werden. Er wurde daher wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt.

Seine Haftpflicht ersetzte dem Einkaufszentrum den entstandenen Schaden, verlangte jedoch vom Versicherungsnehmer Rückzahlung von 5000 Euro. Laut den Versicherungsbedingungen kann die Versicherung nämlich höchstens 5000 Euro vom Versicherten zurückverlangen, wenn dieser unerlaubt den Unfallort verlässt und seine Anzeigepflicht bei der Polizei schwerwiegend verletzt. Außerdem hatte die Versicherung den Verdacht, dass der Fahrer zum Unfallzeitpunkt alkoholisiert gewesen ist und deshalb die Polizei erst am nächsten Tag aufgesucht hat. Als sich der Unglücksfahrer weigerte, den Betrag zu zahlen, zog die Haftpflicht vor Gericht.

Unfallfahrer muss 5000 Euro zahlen

Das AG (Amtsgericht) München verpflichtete den Unglücksfahrer zur Zahlung.

Denn im Versicherungsvertrag war klar und deutlich zu lesen, dass der Versicherungsnehmer die Unfallstelle nicht verlassen darf und vielmehr Feststellungen – zu seiner Person etc. – ermöglichen muss. Als er vom Unfallort flüchtete, machte er sich daher nicht nur wegen Unfallflucht strafbar – er verletzte auch seine versicherungsvertraglichen Pflichten in erheblichem Maß. Die rechtliche Konsequenz war ebenfalls dem Vertrag zu entnehmen: In Höhe von höchstens 5000 Euro wird die Haftpflicht von ihrer Leistungspflicht frei.

Der Höchstbetrag war übrigens nicht nur wegen der schwerwiegenden Pflichtverletzung zu zahlen, sondern auch, weil nicht mehr geklärt werden konnte, ob er zum Unfallzeitpunkt betrunken oder nüchtern war. Als der Fahrer den Unfall nämlich erst am darauffolgenden Tag bei der Polizei anzeigte, wäre ein Alkoholtest mangels Blutalkoholwerten sinnlos gewesen. Es bestand daher durchaus die Möglichkeit, dass der Fahrer mit dieser Vorgehensweise eine Fahrt unter Alkoholeinfluss „vertuschen“ wollte. Dabei hätte er beweisen müssen, dass er zum Unfallzeitpunkt nüchtern gewesen ist. Das konnte er jedoch nicht, was das Gericht zu seinen Lasten wertete.

Übrigens: Baut ein Versicherungsnehmer betrunken einen Unfall, schließen die meisten Versicherungen ihre Einstandspflicht – zumindest teilweise – aus. Zwar regulieren sie den Schaden – danach nehmen sie jedoch bei ihrem Versicherungsnehmer Regress, d. h. er muss den Schaden (teilweise) auf eigene Kosten ersetzen. Im Übrigen hat das Fahren trotz Alkoholgenusses regelmäßig negative Auswirkungen auf die Strafe in einem Strafverfahren wegen Unfallflucht.

(AG München, Urteil v. 06.03.2015, Az.: 343 C 9528/14, n. rkr.)

(VOI)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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