Unfallversicherung: Bewertung der Invalidität prüfen

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Zahlt Ihnen Ihre private Unfallversicherung Leistungen aus dem Versicherungsvertrag, müssen Sie besonders darauf achten, ob eine richtige Abrechnung erfolgt ist. Maßstab für die Invaliditätsbemessung ist der Sitz der unfallbedingten Schädigung. Das heißt: Brechen Sie sich bei einem Sturz die Speichenbasis nahe des Handgelenkes, erfolgt die Schädigung bei natürlicher Betrachtung im Bereich am Ende des Unterarmes. Nach der Gliedertaxe ist somit gemäß § 7 I Abs. 2 a AUB88 auf den Arm „unterhalb des Ellenbogengelenkes“ abzustellen.

Die VN hatte sich bei einem Fahrradsturz eine distale Radiustrümmerfraktur links zugezogen, welche zu einer vollständigen Funktionsunfähigkeit der linken Hand führte. Die private Unfallversicherung hatte nach Einholung eines Gutachtens eine dauerhafte Gebrauchsbeeinträchtigung der linken Hand von 5/20 angenommen. Sie rechnete die Invaliditätssumme nach einem Invaliditätsgrad von 15 % (25 % von 60 % Invaliditätsgrad bei voller Funktionsfähigkeit bzw. Verlust der Hand) bei einer Invaliditätssumme von 102.259,00 € ab. Die Klägerin war der Ansicht, aufgrund der distalen Radiustrümmerfraktur links sei eine vollständige Funktionsunfähigkeit der linken Hand anzunehmen, so dass die Versicherung nach einem Invaliditätsgrad von 60 % hätte abrechnen müssen.

Das Landgericht Berlin hat die Klage abgewiesen: Maßstab für die Invaliditätsbemessung sei der Sitz der unfallbedingten Schädigung. Diese sitze bei der VN nahe des linken Handgelenkes in der Speichenbasis. Bei natürlicher Betrachtung also am Ende des Unterarmes. Das bedeute, dass nach der in § 7 I Abs. 2 a AUB 88 geregelten Gliedertaxe auf den Arm unterhalb des Ellenbogengelenkes abzustellen sei, bei dessen Verlust oder vollständiger Funktionsunfähigkeit ein fester Invaliditätsgrad von   60 % anzusetzen sei.

Der Sachverständige habe ausgeführt, dass die Drehfähigkeit des linken Unterarmes nicht eingeschränkt sei. Beeinträchtigungen bestünden nur im Bereich des Handgelenkes. Diese Beeinträchtigungen bezogen auf den Arm unterhalb des Ellenbogens bewertete der Sachverständige mit einer Einschränkung von weniger als 5/20.

Bezogen auf das Handgelenk habe sich eine Bewegungseinschränkung der Hand und des Handgelenkes von 5/20 ergeben. Es sei keine vollständige Reposition der Fragmente nach dem unfallbedingten Trümmerbruch erfolgt. Eine Stufenbildung wäre zurückgeblieben. Dadurch sei nur eine Minderbelastbarkeit der linken Hand infolge einer Bewegungseinschränkung und auch eine Funktionsminderung als Folge von Schmerzen verblieben.

Diese Funktionseinschränkungen seien – bezogen auf die Hand – mit 5/20 zu bewerten. Auswirkungen auf den Unterarm lägen nicht vor.

Vor einer Klage sollten Sie deshalb – anwaltlich beraten – durch einen Sachverständigen klären, ob tatsächlich ein höherer Wert in der Gliedertaxe zu erreichen ist. Nur so können Sie das nicht unerhebliche Kostenrisiko eines Prozesses richtig einschätzen.

(Landgericht Berlin, Urteil vom 19.06.2013, AZ: 23 O 236/11)

Christian Koch, Fachanwalt für Medizinrecht


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