Unternehmenskauf in der Krise – Chancen und Risiken

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In einer wirtschaftlichen Krise bieten sich für Kaufinteressenten oftmals günstige Gelegenheiten, andere Unternehmen oder Teile davon zu „Schnäppchenpreisen“ zu übernehmen. Bei der Strukturierung einer solchen Übernahme sind allerdings einige rechtliche und steuerliche Besonderheiten zu beachten und Fallstricke zu vermeiden.

Zunächst dürfte es im Regelfall nicht vorteilhaft sein, die Gesellschaftsanteile des in die Krise geratenen Unternehmens zu erwerben (sog. Share Deal). Denn hierdurch wird die finanzielle Schieflage nicht beseitigt, so dass der jeweilige Investor die bestehende Liquiditätslücke mit eigenen Mitteln vollständig und nachhaltig schließen müsste, was im Regelfall nicht gewünscht ist. Oftmals ist es daher besser – und in der Praxis auch üblich – nur einzelne (oder alle) Vermögensgegenstände des jeweiligen Krisen-Unternehmens im Wege eines sog. Asset Deals zu erwerben.

Soll durch einen solchen Asset-Deal das Geschäft (oder Teile hiervon) übernommen werden, werden die betriebsnotwendigen Vermögenswerte des Krisen-Unternehmens regelmäßig von einer gesonderten Auffanggesellschaft übernommen und dies grundsätzlich ohne finanzielle Altlasten wie Bankverbindlichkeiten oder Pensionsverpflichtungen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass der jeweilige Erwerber im Falle einer Geschäfts- und Firmenfortführung ggf. gemäß § 25 HGB für Verbindlichkeiten des früheren Betriebsinhabers und im Fall einer Übernahme eines Geschäfts- oder Teilbetriebs gemäß § 75 AO auch für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Zudem gehen in einem solchen Fall nach Maßgabe von § 613a BGB regelmäßig auch die Arbeitsverhältnisse über. So kann aus dem zunächst vermuteten „Schnäppchen” sehr schnell eine Haftungsfalle werden. Durch eine sorgfältige vorherige Überprüfung des Krisen-Unternehmens (sog. Due Diligence) bzw. entsprechende vertragliche Gestaltungen (bspw. Kaufpreiseinbehalte) lassen sich diese Risiken teilweise zumindest reduzieren.

Selbst wenn nur einzelne Vermögensgegenstände erworben werden, die nicht zu derartigen Haftungsrisiken führen, so ist darauf zu achten und zu dokumentieren, dass die gezahlten Kaufpreise angemessen sind. Andernfalls könnte im Falle einer (teilweise) unentgeltlichen Leistung im Rahmen eines etwaigen späteren Insolvenzverfahrens innerhalb von vier Jahren nach Übertragung gemäß § 134 InsO eine Insolvenzanfechtung drohen, die für den jeweiligen Erwerber mit der Pflicht zur Rückübertragung der erworbenen Vermögensgegenstände oder zur Zahlung eines Wertersatzes verbunden sein könnte.

Aus taktischen Gründen kann es im Einzelfall vorteilhaft sein, für den Erwerb des Krisen-Unternehmen (oder Teilen hiervon) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abzuwarten und die jeweiligen Vermögenswerte dann aus der Insolvenzmasse herauszukaufen. Ggf. lässt sich mit dem jeweiligen Insolvenzverwalter ein günstiger Kaufpreis aushandeln, allerdings wird dieser für die von ihm veräußerten Vermögensgegenstände in der Praxis auch so gut wie keine Garantien übernehmen. Vorteilhaft an einem solchen Vorgehen ist darüber hinaus, dass sich bei einem Erwerb von Vermögensgegenständen aus der Insolvenzmasse die oben bezeichneten Haftungsrisiken gemäß § 25 HGB und § 75 AO ggf. vermeiden lassen. Zwar kann auch der Kauf aus der Insolvenzmasse einen Betriebsübergang und damit den etwaigen Übergang von Arbeitsverhältnissen nicht verhindern, jedoch lassen sich die oft notwendigen arbeitsrechtlichen Maßnahmen mit Unterstützung des Insolvenzverwalters erfahrungsgemäß leichter, schneller und kostengünstiger vollziehen.

Zu beachten ist, dass bestehende Vertragsbeziehungen zwischen dem Krisen-Unternehmen und dessen Vertragspartnern nicht automatisch auf den Erwerber übergehen. Das hat den positiven Effekt, dass nicht benötigte bzw. unwirtschaftliche Verträge beim Krisen-Unternehmen belassen werden können. Von diesen kann sich der Insolvenzverwalter durch insolvenzrechtliche Sondervorschriften i.d.R. leicht lösen. Nachteilhaft kann das hingegen für betriebsnotwendige oder aus sonstigen Gründen wichtige Verträge sein, wenn der Erwerber keine Sicherheit hat, dass der jeweilige Vertragspartner einer Übernahme zustimmt; ggf. müssen neue Konditionen ausverhandelt werden. Das sollte auf jeden Fall vor Vertragsschluss mit den wesentlichen Vertragspartnern abgestimmt werden.

Weiterhin müssen ggf. (bspw. behördliche) Genehmigungen, Zulassungen oder Erlaubnisse des Krisen-Unternehmens neu beantragt werden, soweit sie inhaberbezogen und nicht produktbezogen erteilt wurden. Kann dazu mit den jeweiligen Vertragspartnern/Behörden keine Einigung erzielt werden, so kann alternativ die Möglichkeit bestehen, die Gesellschaft als Rechtsträger über einen Insolvenzplan zu sanieren, an dem sich der Investor mit seiner Einlage beteiligt. Ein Insolvenzplan bedarf allerdings der Bestätigung durch die Gläubiger; er muss daher für sie vorteilhafter sein als ein Asset Deal.

Die Interessen der Gläubiger werden im Insolvenzverfahren durch die Gläubigerversammlung wahrgenommen, die wesentlichen Maßnahmen des Insolvenzverwalters (wie dem Verkauf des Unternehmens im Ganzen) zustimmen muss. In der Praxis wird der Insolvenzverwalter daher darauf bestehen, den Vertragsschluss unter die aufschiebende Bedingung zu stellen, dass die Gläubigerversammlung zustimmt. Der Schwebezeitraum bis zur Zustimmung birgt jedoch für den Erwerber Unsicherheiten, wenn unverzüglich Investitionen getätigt werden müssen, um den Geschäftsbetrieb aufrecht zu erhalten. Zwar ist i.d.R. mit Zustimmung zu rechnen, wenn die Gläubiger durch den Verkauf auf eine höhere Quote hoffen können. Sollte jedoch die Zeit drängen und Zweifel an der Zustimmungserteilung bestehen, besteht die Möglichkeit zur Einrichtung eines (vorläufigen) Gläubigerausschusses, der unmittelbar nach Insolvenzeröffnung der Transaktion zustimmen kann. In manchen Fällen kann es auch ratsam sein, wesentliche Gläubiger vorab an den Verhandlungstisch zu holen.

Der Erwerb eines Krisen-Unternehmens oder Teilen hiervon ist somit gegenüber einem "normalen" Unternehmenskauf mit zusätzlichen (und teilweise komplexen) Aspekten verbunden. Eine sorgfältige Prüfung und Planung sind zwingend erforderlich, damit sich der (günstige) Zukauf tatsächlich auch als wirtschaftlich kluger Schachzug erweist.  


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