Unzulässige Umgehung von Verbraucherschutzvorschriften im Onlinehandel

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Der Vertrieb von Waren über das Internet nimmt an Bedeutung jedes Jahr zu, weshalb die meisten Handelsunternehmen den Onlinevertrieb zwischenzeitlich in ihr Vertriebskonzept integriert haben. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen richten dabei keinen eigenen Webshop ein, sondern betreiben den Versandhandel über Verkaufsportale und Social Media Plattformen. Die rechtliche Ausgestaltung der Auftritte ist dabei - so zeigt die Praxis - häufig fehleranfällig, da neben den gesetzlichen Regelungen des TMG, des Handelsrechts und des Kaufrechts auch die Allgemeinen Nutzungsbedingungen des jeweiligen Portals berücksichtigt werden müssen. Besonders detailliert werden die Vertragsbedingungen, wenn sie sich auch an Verbraucher richten, da dann zusätzlich die verbraucherschützenden Normen zu beachten sind und der Anbieter diversen zusätzlichen Hinweis- und Informationspflichten unterliegt, weitergehende Sachmängelgewährleistungsrechte einräumen muss und der Verbraucher ein Widerrufsrecht hat. Die damit verbundenen rechtlichen Unsicherheiten erklären die Motivation von Unternehmern, deren Angebot sich vorrangig an gewerbliche Endkonsumenten richtet, Verbraucher von ihrem Angebot auszuschließen. Dass dies jedoch nur in engen Grenzen möglich ist und der Versuch selbst rechtlich nachteilige Folgen haben kann, zeigt der nunmehr vom OLG Hamm in seinem Urteil vom 20.09.2011 (I-4 U 73/11) - abgedruckt in ZVertriebsR 2012, 318 - entschiedene Sachverhalt:

Die Antragsgegnerin des Verfahrens betreibt über ein nicht näher bezeichnetes Verkaufsportal den Versandhandel von gebrauchten Laserdruckern und Kopierern. Die Antragstellerin vertreibt im Internet neue Computer und Zubehör inklusive Drucker u.a. über das gleiche Verkaufsportal. Nach den Nutzungsbedingungen des Portals richten sich die Angebote an Gewerbetreibende und Verbraucher. Die Antragsgegnerin stellte am 25.1.2011 ein Angebot für einen gebrauchten Drucker zum Preis von 129 EUR in das Portal ein. Nach den Rubriken „Verpackung und Versand" und „Bearbeitungszeit für den Inlandsversand" findet sich unter der Überschrift „Widerrufs- und Rückgabebelehrung" der folgende Hinweis:

„Dieses Angebot richtet sich ausschließlich an Unternehmer, Händler oder Gewerbetreibende, die bei Abschluss dieses Kaufs in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit handeln. Dies stellt eine ausdrückliche Bedingung für den Vertragsschluss dar. Vom Verkauf ausgeschlossen sind Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, da es dem Verbraucher (Anmerkung: gemeint ist wohl „Unternehmer") freisteht, ein Angebot nur an Gewerbetreibende zu unterbreiten. Das Angebot kann grundsätzlich nur zu den Bedingungen angenommen werden."

Im Weiteren findet sich unter der Überschrift „Vertragsbedingungen" in roter Schrift der folgende Hinweis:

„Dieses Angebot richtet sich ausschließlich an Unternehmer (gewerbliche Nutzer) bzw. Händler. Kein Verkauf an Verbraucher/Endkunden, sprich Privatpersonen im Sinne des § 13 BGB. Das heißt nicht, dass Sie schlechte Ware erhalten, sondern hat den Hintergrund, dass wir keine einjährige Gewährleistung auf Gebrauchtgeräte (...) für gewerbliche Nutzer (Händler/Unternehmer) sowie kein Rücktritts-/Widerrufsrecht gewähren müssen (...). Mit der Abgabe eines Angebots erklären Sie rechtsverbindlich, diesen Kauf zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken zu tätigen."

Dieser Hinweis wurde im Weiteren an anderer Stelle noch wiederholt.

Die Antragstellerin mahnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 04.02.2011 wegen Nichtgewährung des gesetzlichen Widerrufsrechts und Umgehung der verbraucherschützenden unabdingbaren gesetzlichen Gewährleistungsverpflichtungen ab, die Antragsgegnerin gab jedoch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Das Landgericht hat die nachfolgende Klage mit der Begründung abgewiesen, dass zum einen kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, zum anderen auch kein materiellrechtlicher Verstoß vorläge, da die Antragsgegnerin wirksam den Abschluss mit Verbrauchern ausgeschlossen habe. Die dagegen eingelegte Berufung hatte Erfolg.

Der Senat begründete seine Entscheidung damit, dass man davon ausgehen musste, dass das Angebot sich - entgegen des Angebotstextes - auch an Verbraucher richtet und die Antragsgegnerin daher über das Widerrufsrecht hätte aufklären müssen und die in den Bedingungen enthalten Gewährleistungsausschlüsse rechtswidrig sind. Denn eine interne Sicherstellung, dass nicht an Verbraucher im Sinne des § 13 BGB verkauft werde, fand unstreitig im Hause der Antragsgegnerin nicht statt. Da sich die Verkaufsplattform insbesondere auch an Verbraucher richtet und das Angebot der Antragsgegnerin auch für Verbraucher interessant ist, hätte sie durch geeignete Maßnahmen sicherstellen müssen, dass keine Vertragsschlüsse mit Verbrauchern erfolgen. Denn es sei unbeachtlich, an wen der Unternehmer sein Angebot richten möchte, entscheidend sei allein, ob Vertragsschlüsse mit Verbrauchern ausgeschlossen werden können. Dem hat die Antragsgegnerin nicht genügt.

Die Entscheidung zeigt, dass Unternehmen gut beraten sind, in ihren Vertragsbedingungen und Vertragsunterlagen auch die verbraucherschützenden Normen mit zu berücksichtigen. Ungeachtet der Tatsache, dass dem Verbraucher nach einem Vertragsabschluss die weitergehende Rechte zustehen, folgt aus dem Verstoß gegen das Gebot außerdem die Gefahr, von Wettbewerbern abgemahnt zu werden und die damit verbundenen Rechtsanwaltskosten tragen zu müssen. 

Heiko Effelsberg, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Versicherungsrecht


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