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Urlaubsabgeltungsanspruch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen möglich, Darlegungs- und Beweislast?

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Mit dieser Thematik befasst sich ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 20.10.2020.

LAG Mecklenburg-Vorpommern Urt. v. 20.10.2020 – 5 Sa 48/20, BeckRS 2020, 30285

Über folgenden Sachverhalt hatte das Gericht zu entscheiden:

Die Klägerin war bei der Beklagten innerhalb des Jahres 2018 von März bis Oktober als Kraftfahrerin beschäftigt. Die Parteien haben sich über zwei Instanzen sowohl über das Thema Überstundenabgeltung wie auch Urlaubsabgeltung gestritten. In diesem Rechtstipp wird nur das Thema Urlaubsabgeltung sowie die Aufrechnung dieses Anspruchs mit Schadensersatzansprüchen behandelt.

Die Klägerin hatte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Zahlungsanspruch auf Abgeltung des Resturlaubs von 15 Tagen eingeklagt. Dieser Urlaubsabgeltungsanspruch war zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte rechnete gegenüber diesem Zahlungsanspruch mit Schadensersatzansprüchen ihrerseits auf. Sie trug insoweit vor, die Klägerin habe das Fahrerhaus Ihres Lkw verunstaltet, indem sie die Seitenverkleidung der Türen in den Farben Schwarzrotgold besprüht habe. Hierbei handele es sich um eine vorsätzliche Sachbeschädigung. Auf Basis des Angebots einer Werkstatt stehe ihr gegenüber der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zu. Mit diesem rechnet sie gegenüber dem Urlaubsabgeltungsanspruch auf. Daher sei der Urlaubsabgeltungsanspruch durch die Aufrechnung erloschen.

Die Klägerin wendet insoweit ein, dass sie den Schaden nicht verursacht habe. Der Lkw sei während ihrer Erkrankung von mindestens vier anderen Personen genutzt worden. Die Verschmutzung an den Türen sei nicht vorhanden gewesen, als sie den Lkw zuletzt abgestellt habe.

Das Gericht hat folgendes entschieden:

Die Gerichte haben entschieden, dass der Klägerin der Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht und dieser nicht durch die Aufrechnung der Beklagten erloschen ist. Ein Schadensersatzanspruch, mit dem aufgerechnet werden kann, setzt voraus, dass der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Insoweit hat der Schuldner Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, sofern nicht eine strengere oder mildere Haftung gilt. Darlegungs- und beweislastpflichtig ist sowohl für die Pflichtverletzung als auch für den Vorsatz oder Fahrlässigkeit der Arbeitgeber. Es gilt die so genannte abgestufte Darlegungslast. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer sich substantiiert zu äußern hat, sofern der Arbeitgeber Indizien vorträgt, die auf ein Verschulden des Arbeitnehmers hinweisen.

Die Beklagte hat in diesem Fall keine ausreichenden Indizien vorgetragen, die auf eine vorsätzliche Sachbeschädigung der Türinnenseiten im Fahrerhaus schließen lassen. Nach Auffassung des Gerichts lassen die vorgelegten Fotos keine Sachbeschädigung erkennen. Es ist auch nicht erkennbar, ob die fotografierte Tür zu dem von der Klägerin gefahrenen Lkw gehört. Außerdem hat die Beklagte nicht dargelegt, wann die Klägerin den Lkw an wen zurückgegeben hat, wer wann den Schaden festgestellt hat und an welchem Tag die vorgelegten Fotos von wem aufgenommen wurden. Die Beklagte ist daher Ihrer Darlegungs- und Beweislast nicht ausreichend genug nachgekommen. Aus diesem Grunde hat das Gericht entschieden, dass kein Schadensersatzanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin besteht. Daher ging die von der Beklagten vorgenommene Aufrechnung ins Leere. Die Klägerin hat weiterhin den Urlaubsabgeltungsanspruch.

Fazit:

Schadensersatzansprüche innerhalb eines Arbeitsverhältnisses sind möglich. Dies gilt sowohl für Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer wie auch umgekehrt. Voraussetzung ist jeweils eine Pflichtverletzung von einer Seite sowie das Verschulden. Verschulden setzt entweder Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Innerhalb der Fahrlässigkeit sind, bezogen auf die Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit, verschiedene Haftungsstufen zu unterscheiden. Derjenige, der Schadensersatzansprüche geltend macht, trägt hierfür die Darlegungs- und Beweislast. Es gilt die abgestufte Darlegungslast. Wenn eine Seite Indizien vorträgt, die auf ein Verschulden der anderen Seite hinweisen, so hat die andere Seite sich zu diesen Indizien auch detailliert zu äußern.

Ob Schadensersatzansprüche bestehen, prüft ein Gericht immer in jedem Einzelfall. Im Ergebnis müssen sowohl eine Pflichtverletzung wie auch ein Verschulden dargelegt und – im Bestreitensfall - nachgewiesen werden.


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