Urteil des BGH vom 16.11.2022 wegen wucherähnlichen Geschäfts gegen Pfando,VIII ZR. 436/21

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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.11.2022,  VIII ZR 436/21 über eine Revision der Firma Pfando´s Cash & Drive GmbH entschieden. 

Das Urteil betrifft zwar vordergründig nur die alten sale-and-rent-back Verträge der Firma Pfando Cash & Drive GmbH, welche bis September 2020 von der Firma Pfandos Cash & Drive GmbH verwendet wurden. Die eigentliche Bedeutung des Urteils liegt allerdings darin, dass der BGH die Kriterien für das Vorliegen eines wucherähnlichen Geschäftes für die ganz besondere Konstellation eines Verkaufs des Fahrzeugs und der Rückanmietung klar gestellt hat. Dies betrifft daher gerade auch die neuen Cash & Drive bzw. sale-and-rent-back Verträge der Firmen Pfando Gmbh und  Pfando Cash & Drive GmbH.

Zur Frage des Vorliegens eines wucherähnlichen Geschäftes geht der Bundesgerichtshof von folgenden Grundsätzen aus:

Ist das Missverhältnis zwischen Leistung Gegenleistung besonders grob, so kann dies ohne weiteren Sachvortrag des Geschädigten den Schluss auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Vertragspartner in seiner Entscheidung beeinträchtigenden Umstandes rechtfertigen ( ständige Rechtsprechung, vergleiche nur BGH, Urteile vom 26.11.1997 -VIII ZR 322 / 96, NJW-RR 1998,1065 unter IV a, vom 19.01.2001 - V ZR 437/99 ). Dann kommt es nicht mehr darauf an, ob der Geschädigte zu seiner finanziellen Notlage vorgetragen hat ( vergleiche § 138 Abs. 2 BGB ). Das Ausnutzen des den Kunden in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes kann ohne weiteres angenommen werden.

Ein auffälliges, grobes Missverhältnis, das den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung zulässt, kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angenommen werden, wenn der Wert der Leistung annähernd doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung ( BGH VIII ZR 436/21, Rz. 33 ).

Besondere Bedeutung haben diese Grundsätze für die Betroffenen des sog. cash & Drive Modells, welches Pfando seit Oktober 2020 verwendete.

Im neuen Vertragsmodell Cash & Drive kauft die Firma Pfando GmbH die Fahrzeuge an und die Firma Pfandos Cash & Drive GmbH vermietet die Fahrzeuge an die Kunden zurück. Der Kaufpreis liegt regelmäßig bei etwa 50 % des Verkehrswertes.

Maßgeblich für die Bewertung des Wuchertatbestandes ist zwar der Händlereinkaufswert und nicht der Verkehrswert, sodass man ausgehend von den Konditionen des Kaufvertrages häufig nicht zu einem groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung käme. Allerdings hat der Bundesgerichtshof zu den Besonderheiten der Vertragskonstruktion Verkauf und Rückanmietung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mietvertrages mit der Firma Pfandos Cash & Drive GmbH eine richtungsweisende Bewertung vorgenommen.

Der Mietvertrag weist regelmäßig die Besonderheit auf, dass entgegen der gesetzlichen Regelung zum Mietvertrag in § 535 Abs. 1 S. 2,3 BGB nicht die Firma Pfandos Cash & Drive GmbH als Vermieterin, sondern der Kunde als Mieter sämtliche mit der Nutzung des Kraftfahrzeugs verbundenen Unterhaltungskosten, wie Versicherungen, Steuern, Wartung und Reparaturen zu tragen hat. 

Der Bundesgerichtshof kam daher n dieser besonderen Konstellation zu der Bewertung, dass die zu zahlende sogenannte Miete nicht allein die Gegenleistung für die Überlassung der Nutzungsmöglichkeit an dem Fahrzeug des Kunden darstellt, sondern unter Beachtung der erheblichen Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Fahrzeugs der Sache nach auch eine Vergütung für die Überlassung des dem Kunden durch die Kaufpreiszahlung zur Verfügung gestellten Kapitals, jedenfalls, wenn während der Laufzeit des Mietvertrages von 6 Monaten mehr als die Hälfte des als Kaufpreis erhaltenen Kapitals wieder zurück gezahlt wird.

Da die monatlichen auf eine feste Laufzeit von 6 Monaten zu zahlenden Mieten in allen cash & Drive bzw. sale-and-rent-back Verträgen, die die Firma Pfando GmbH und Pfandos Cash & Drive GmbH in den letzten Jahren geschlossen hat zwischen 8,8 % und 11,1 % monatlich des von Pfando GmbH als Käuferin ( früher Pfandos Cash & Drive GmbH ) bezahlten Kaufpreises liegen, bedeutet dies bei normalen marktgängigen PKW, dass sehr häufig eine groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung feststellbar ist.

Nach Ansicht des Unterzeichners spielt es keine Rolle, dass der Bundesgerichtshof einen Fall zu entscheiden hatte, bei dem Käufer das Fahrzeug und Vermieters Fahrzeugs einheitlich noch die Firma Pfandos Cash & Drive GmbH war, während bei dem neuen Cash & Drive Modell eine Aufteilung in zwei Schwesterunternehmen stattgefunden hat. Beide Unternehmen treten einheitlich auf, haben den gleichen Geschäftsführer und die Verträge sind einheitlich. Für die Bewertung des wucherähnlichen Tatbestandes spielt daher die Aufteilung in eine Käufer GmbH - Pfando GmbH - und eine Vermieter GmbH - Pfandos Cash & Drive GmbH keine Rolle.

Dies bedeutet rechtlich, dass bei der Prüfung, ob es sich um ein wucherähnliches Geschäft handelt und damit der Vertrag und auch die Übereignung des Fahrzeugs nichtig ist zu vermuten ist, dass die Geschäftsführung der Firma Pfandos Cash & Drive GmbH bzw. bei dem Nachfolgemodell unter Einbeziehung der Firma Pfando GmbH die Geschäftsführung der Firma Pfando GmbH mit verwerflicher Gesinnung gehandelt hat.

Auch die übrigen Umstände des Geschäftes sprechen im Regelfall für eine verwerfliche Gesinnung der Firma Pfando GmbH bzw. Pfandos Cash & Drive GmbH. Die Unternehmen Pfando sind auf die Bewertung von Fahrzeugen spezialisiert. Daher ist für die Firmen Pfando zu unterstellen, dass sie den wirklichen Wert der Fahrzeuge kennen und Ihnen daher das grobe Missverhältnis zwischen Leistung Gegenleistung bewusst ist. Der Bundesgerichtshof lässt es genügen, wenn Pfando die Diskrepanz grob fahrlässig nicht bewusst wurde.

Hinzu kommen einige Besonderheiten der Vertragsgestaltung, die die Verträge für die Kunden besonders nachteilig erscheinen lassen. Auch die Umstände, wie die Werbung, die sich an Personen richtet, die normalerweise keinen Bankkredit mehr erhalten sprechen für die Sittenwidrigkeit des Geschäftsmodells.

Die Firmen Pfando wenden sich mit ihrem Geschäftsmodell gerade an solche Kunden, die sich in einer finanziellen Notlage befinden und anderweitig keinen Kredit erhalten. Die Firmen Pfando bezeichnen ihr Geschäftsmodell selbst als Kreditalternative.

Daher ist für den Regelfall davon auszugehen, dass dem Kunden der Nachweis gelingen wird, dass die Verträge sittenwidrig sind, besonders dann wenn sich der Kunde sich in einer finanziellen Notlage befand.


Stephan Lengnick

Rechtsanwalt


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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