Verfall von Urlaubsansprüchen langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer

  • 3 Minuten Lesezeit

Urteil des LAG Hamm vom 12.01.2012, Aktenzeichen 16 SA 1352/11

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in der zuvor zitierten Entscheidung entschieden, dass Urlaubsansprüche langjährig arbeitsunfähiger Arbeitnehmer spätestens 18 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfallen, wenn sie bis dahin nicht genommen werden können. Dies folge aus der richtlinienkonform Rechtsfortbildung des § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz, wonach an die Stelle des dreimonatigen Übertragungszeitraumes unter Berücksichtigung von Artikel 9. Abs. 1 der Übereinkommensnummer 132 ILO, ein 18-monatiger Übertragungszeitraum tritt. Zudem enthalte § 15 Manteltarifvertrag Einzelhandel Nordrhein-Westfalen keine eigenständige Regelung für den Verfall übergesetzlichen Urlaubs.

In der zuvor zitierten Entscheidung stritten die Parteien sowohl um Urlaubsabgeltung, als auch um Weihnachtsgeld. Die Klägerin war seit dem 01.03.2000 in einem Supermarkt der Beklagten als Leiterin der Fleischwarenabteilung zu einem Bruttomonatsverdienst von 2.626,00 DM beschäftigt. Es galt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 14.01.2000. In § 1 Abs. 3 dieses Vertrages war zwischen den Parteien vereinbart, dass die Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel des Landes Nordrhein-Westphalen in der jeweils gültigen Fassung sowie deren Nachfolgeverträge Vertragsbestandteil sein sollen. Das vereinbarte Gehalt sollten 4.500,00 DM brutto monatlich inklusive Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld betragen. In § 7 wurden Urlaub sowie entsprechendes Urlaubsgeld unter Verweis auf tarifliche Bestimmungen geregelt. Tatsächlich wurden der Klägerin sowohl das Urlaubs- als auch das Weihnachtsgeld als jeweils Einmalbetrag ausgezahlt. Das Urlaubsgeld im Juni des jeweiligen Kalenderjahres und das Weihnachtsgeld mit dem Novembergehalt.

Im März 2007 war die Klägerin ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Bis zur Erkrankung war der Klägerin für dieses Jahr kein Urlaub gewährt worden. Ab dem 09.10.2008 bezog die Klägerin sodann Rente wegen voller Erwerbsminderung, welche mit Bescheid vom 29.12.2010 unbefristet bis zur Erreichung der Regelaltersrente gewährt wurde. Per Schreiben vom 06.01.2010 teilte sodann die Beklagte der Klägerin mit, dass gemäß § 11 Abs. 5 des Manteltarifvertrages das Arbeitsverhältnis mit dem 31.01.2011 ende. Hiergegen wandte sich zunächst die Klägerin mit ihrer Klage. Darüber hinaus begehrte sie die Zahlung von Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Zudem begehrte sie weiterhin Urlaubsabgeltung für die Jahre 2007 bis 2011.

Das Arbeitsgericht Herfuhrt hatte in erster Instanz der Klägerin den gesetzlichen Urlaubsanspruch der Jahre 2007-2011 zuerkannt. Diesbezüglich hat das Berufungsgericht die eingelegte Berufung als unzulässig zurückgewiesen. Dies insbesondere mit der Begründung, dass eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung bezüglich des gesetzlichen Urlaubsanspruches der Jahre 2007 und 2011 gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht erfolgt sei. Das Landesarbeitsgericht rügte insoweit, dass die Angriffe der Berufung, soweit nicht gerügt werde, dass das Arbeitsgericht eine Begrenzung der Ansprüche auf 18 Monate hätte vornehmen müssen, auf Ausführung dazu beschränkt gewesen seien, dass ein übergesetzlicher Urlaubsanspruch nicht bestehe. Damit sei jedoch die Begründung der Berufung nicht in vollem Umfang erfasst.

Ähnliches galt für den Vortrag der Beklagten zum Urlaubsgeld 2010. Auch diesbezüglich hat sich die Berufung nicht mit der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt.

Nach Auffassung des LAG Hamm ist die Berufung begründet, soweit das Arbeitsgericht der Klägerin Urlaubsabgeltungsansprüche zuerkannt hat, die auf Urlaubsansprüche der Jahre 2007 und 2008 gestützt werden. Diese Ansprüche der Klägerin seien entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 3 Bundesurlaubsgesetz verfallen. Es ist zwar richtig, dass der Urlaub der Klägerin aus den Jahren 2007 und 2009 zunächst auf das Folgejahr übertragen worden sei, weil die Klägerin diesen Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Dieser Urlaub war auch nicht in den ersten drei Monaten des Folgejahres zu nehmen, entsprechend der geänderten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Anschluss an die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 20.01.2009 in der Sache Scholtz ./. Hoff. Allerdings trete an die Stelle der dreimonatigen üblichen oder alten Frist nunmehr eine 18-monatige Frist. Somit verfielen die Urlaubsansprüche der Klägerin aus dem Jahre 2007 per 30.06.2009. Die aus dem Jahre 2008 wiederum verfielen per 30.06.2010. Dies gelte sowohl für den gesetzlichen, als auch den tariflichen Anspruch. Insoweit entspricht der § 15 Abs. 8 MTV nicht den europarechtlichen Anforderungen.

Mitgeteilt von
RA Karsten Klug


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Beiträge zum Thema