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Verlängerter Eigentumsvorbehalt beim Kauf: Was bringt das?

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Verlängerter Eigentumsvorbehalt beim Kauf: Was bringt das?

Experten-Autorin dieses Themas

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ist ein juristisches Gestaltungsmittel, um unternehmerischen Geschäftsverkehr zu ermöglich. In vielen Kaufverträgen wird der Eigentumsvorbehalt vereinbart, ohne dass Käufern dies tatsächlich bewusst ist. Viele haben also bereits unter verlängertem Eigentumsvorbehalt einen Kaufgegenstand erworben. 

Dieser Artikel erklärt zum einen, was ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ist, zum anderen gibt er zum Verständnis konkrete Beispiele an die Hand und erläutert die Vorteile des verlängerten Eigentumsvorbehalts. 

Zur Abgrenzung: Was ist ein einfacher Eigentumsvorbehalt?

Um verstehen zu können, was ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ist, muss man zunächst den einfachen Eigentumsvorbehalt verstanden haben. Einfacher und verlängerter Eigentumsvorbehalt spielen grundsätzlich eine Rolle bei Kaufverträgen und der Übertragung von Eigentum. Juristisch sind beim Eigentumsvorbehalt zwei Bereiche betroffen, einmal der Kaufvertrag und einmal die dingliche Übereignung. 

Grundsätzlich ist man beim Abschluss eines Kaufvertrags verpflichtet, den vereinbarten Kaufpreis sofort und vollständig zu begleichen. Im Gegenzug ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen (§ 433 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). 

Wird Eigentumsvorbehalt – egal ob einfach oder verlängert – zwischen Verkäufer und Käufer vereinbart, werden diese gesetzlichen Verpflichtungen modifiziert, und zwar wie folgt: Der Käufer ist nicht verpflichtet, unmittelbar den vollständigen Kaufpreis zu entrichten. Dafür bleibt das Eigentum an der gekauften Sache bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung noch im Eigentum des Verkäufers (§ 449 Abs. 1 BGB). Das Eigentum geht mithin zunächst nicht über, sondern erst, wenn der Kaufpreis vollständig bezahlt ist. Vorher ist der Käufer nur Besitzer der gekauften Sache und hat nur ein sogenanntes Anwartschaftsrecht. 

Was ist verlängerter Eigentumsvorbehalt?

Die Besonderheit beim verlängerten Eigentumsvorbehalt ist, dass die gekaufte Sache, die ja noch nicht im Eigentum des Vorbehaltskäufers steht, trotzdem weiterverarbeitet oder sogar weiterverkauft werden kann. Der sich aus der Veräußerung gegenüber dem Geschäftspartner beziehungsweise Kunden ergebende Anspruch wird vom Vorbehaltskäufer als Ersatzsicherheit an den Verkäufer abgetreten. 

Beispiel: Autohändler A kauft Autos bei Verkäufer B. Im Kaufvertrag wird verlängerter Eigentumsvorbehalt vereinbart, damit der Händler A die Autos – trotz der Tatsache, dass er mangels vollständiger Kaufpreiszahlung noch nicht Eigentümer ist – an Kunden weiterveräußern kann. 

Ohne den verlängerten Eigentumsvorbehalt wäre A zur Eigentumsübertragung an Kunden nicht berechtigt, sodass die Kunden die Autos nur gutgläubig erwerben könnten. Würden Kunden von A das Auto gutgläubig erwerben, wäre B hingegen schutzlos, da er in diesem Falle das Eigentum tatsächlich an Kunden von A verlieren würde, ohne dass er den vollständigen Kaufpreis erhalten hat. Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ist also ein rechtliches Mittel, um den unternehmerischen Geschäftsverkehr zu ermöglichen und anzukurbeln und dem Vorbehaltsverkäufer trotzdem Sicherheit zu bieten. 

Neben dem Eigentumsvorbehalt als solchem wird beim verlängerten Eigentumsvorbehalt mithin 

  • eine Weiterveräußerungsermächtigung des Vorbehaltskäufers im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, 

  • eine Vorausabtretung der Ansprüche des Vorbehaltskäufers aus der Weiterveräußerung an den Verkäufer und 

  • eine Einzugsermächtigung des Vorbehaltskäufers, die den Vorbehaltskäufer trotz der Vorausabtretung berechtigt, den Kaufpreis beim Weiterverkauf einzufordern, 

ausdrücklich vereinbart. 

Die Weiterveräußerung ist beim verlängerten Eigentumsvorbehalt also unproblematisch möglich. Der einfache Eigentumsvorbehalt macht einen Weiterverkauf hingegen nicht möglich – dies ist im Einzelfall anhand des Vertrages zu prüfen. 

Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel

Problematisch wird es für den Verkäufer ohne vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalt neben dem gutgläubigen Erwerb, wenn der Vorbehaltskäufer die gekaufte Sache zu einer anderen Sache weiterverarbeitet. Durch die Weiterverarbeitung wird der Vorbehaltskäufer grundsätzlich Eigentümer. 

Beispiel: Ein Schreiner (= Vorbehaltskäufer) kauft Holz von einem Holzlieferanten (= Vorbehaltsverkäufer) und produziert mit diesem Holz eigene, neue Möbelstücke. Der Kaufpreis wird in Raten entrichtet. 

Nach § 950 Abs. 1 BGB erwirbt der Schreiner mit der Verarbeitung und Erschaffung des neuen Möbelstücks grundsätzlich das Eigentum daran. Das Eigentum des Vorbehaltsverkäufers an dem Holz erlischt, ohne dass der Kaufpreis vollständig entrichtet wurde. 

Um mit dem noch nicht vollständig bezahlten Holz zu produzieren, zu verkaufen und Einnahmen zu generieren, ohne dass der Vorbehaltsverkäufer das Eigentum verliert, kann ein verlängerter Eigentumsvorbehalt mit einer Verarbeitungsklausel verbunden werden. In diesem Zusammenhang wird vereinbart, dass der Vorbehaltsverkäufer – d. h., der Holzlieferant – als Hersteller im Sinne des § 950 Abs. 1 BGB gilt und somit Eigentümer der verarbeiteten Sache wird. 

Verlängerter Eigentumsvorbehalt: Was sind die Vorteile?

Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ermöglicht sowohl Flexibilität für den Käufer als auch Sicherheit für den Verkäufer. Viele Geschäfte könnten ohne verlängerten Eigentumsvorbehalt nicht funktionieren beziehungsweise keinen Umsatz generieren. In den seltensten Fällen sind Autohändler in der Lage, beim Hersteller 50 neue Fahrzeuge zu erwerben und den Kaufpreis zu entrichten. Durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt wird der Hersteller seine Fahrzeuge los, der Händler kann diese auf seinem Hof präsentieren und an Kunden verkaufen. 

Viele Geschäftsmodelle sind mithin von der Vereinbarung eines verlängerten Eigentumsvorbehalts abhängig. Auch Verkäufer steigern so ihren Verkauf. Ohne den verlängerten Eigentumsvorbehalt ergibt sich für den Vorbehaltsverkäufer folgendes Risiko: Wenn der Vorbehaltskäufer die gekaufte Sache weiterverkauft und der neue Käufer diese Sache wiederum gutgläubig erwirbt, würde der Vorbehaltskäufer sein Eigentum an der Sache verlieren. 

Verlängerter Eigentumsvorbehalt und Globalzession

Denkbar ist, dass ein verlängerter Eigentumsvorbehalt mit einer Globalzession kollidiert. Beispielsweise weil der Vorbehaltskäufer vor dem Kaufvertrag und vor Vereinbarung des verlängerten Eigentumsvorbehalts bereits eine Globalzession mit der Bank vereinbart hat, weil er im Rahmen eines Kredits alle Forderungen aus dem Verkauf an die Bank abgetreten hat. 

In diesem Fall könnten die Forderungen, die der Vorbehaltskäufer aus einem Verkauf der beweglichen Sache hätte, nicht (mehr) wirksam an den Vorbehaltsverkäufer abgetreten werden (Prioritätsprinzip). Dies hätte zur Folge, dass der Vorbehaltskäufer bei einem Weiterverkauf gegen seine vertragliche Pflicht – Abtretung an den Vorbehaltsverkäufer – verstoßen würde. 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat insofern entschieden, dass die Bank im Rahmen der Globalzession auf Forderungen verzichten muss, die der Absicherung von beweglichen Sachen im Rahmen von verlängerten Eigentumsvorbehalten dienen. Insofern sollte mit der Bank eine dingliche Teilverzichtserklärung vereinbart werden, dass Forderungen aus einem branchenüblichen Eigentumsvorbehalt Vorrang haben. Andernfalls, so der BGH, ist die Globalzession unter Umständen sittenwidrig, d. h., nichtig. 

Fazit zum verlängerten Eigentumsvorbehalt

  • Durch den vereinbarten Eigentumsvorbehalt zwischen Verkäufer und Käufer werden die gesetzlichen Verpflichtungen aus einem Kaufvertrag modifiziert. Der Käufer ist nicht verpflichtet, unmittelbar den vollständigen Kaufpreis zu entrichten. Dafür bleibt das Eigentum an der gekauften Sache bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung noch im Eigentum des Verkäufers. 

  • Beim verlängerten Eigentumsvorbehalt wird zusätzlich vereinbart: eine Weiterveräußerungsermächtigung des Vorbehaltskäufers, eine Vorausabtretung der Ansprüche des Vorbehaltskäufers aus der Weiterveräußerung an den Verkäufer und eine Einzugsermächtigung des Vorbehaltskäufers, die den Vorbehaltskäufer trotz der Vorausabtretung berechtigt, den Kaufpreis beim Weiterverkauf einzufordern. 

  • Durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt kann die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Ware weiterverkauft und – bei Vereinbarung einer Verarbeitungsklausel – auch weiterverarbeitet werden, ohne dass der Vorbehaltsverkäufer die Sicherheit verliert. 

  • Der verlängerte Eigentumsvorbehalt ermöglicht sowohl Flexibilität für den Käufer als auch Sicherheit für den Verkäufer. 

  • Denkbar ist, dass ein verlängerter Eigentumsvorbehalt mit einer Globalzession kollidiert. Ist die Globalzession zuerst vereinbart worden, ist diese vorrangig (Prioritätsprinzip). Eine Abtretung der Forderungen aus dem Weiterverkauf an den Vorbehaltsverkäufer wäre nicht (mehr) wirksam. Daher sollte mit der Bank eine dingliche Teilverzichtserklärung vereinbart werden, dass Forderungen aus einem branchenüblichen Eigentumsvorbehalt Vorrang haben. 

Foto(s): ©Adobe Stock/rh2010

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