Videoüberwachung am Arbeitsplatz – hoher Schadensersatz für Arbeitnehmer möglich

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Wer als Arbeitgeber seine Arbeitnehmer am Arbeitsplatz permanent per Videoüberwachung aufnimmt, muss unter Umständen mit hohen Schadensersatzzahlungen rechnen. In einem aktuellen Fall hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern eine Arbeitgeberin dazu verurteilt, an einen von ihr überwachten Arbeitnehmer 2.000 Euro Schadensersatz zu leisten (Urteil v. 24.05.2019 – 2 Sa 214/18).

Installation einer Videokamera kam Arbeitgeber teuer zu stehen

Im beschriebenen Fall wurde ein Mitarbeiter einer Tankstelle heimlich überwacht. Hiergegen klagte er vor dem Arbeitsgericht. Der Mitarbeiter machte geltend, durch die Videoaufnahmen in seinen Persönlichkeitsrechten aus § 823 Abs. 1 BGB verletzt worden zu sein und forderte von der Arbeitgeberin Schadensersatz. Das erstinstanzliche Arbeitsgericht teilte die Auffassung des Klägers und sprach ihm Schadensersatz in Höhe von 1.500 Euro zu. Hiergegen legte die Arbeitgeberin Berufung zum LAG Mecklenburg-Vorpommern ein.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz bedarf besonderer Rechtfertigung

Eine heimliche Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist jedoch nicht per se unzulässig. Wenn schutzwürdige Interessen anderer Beteiligter es erfordern, in das Recht am eigenen Bild einzugreifen, kann eine Videoüberwachung rechtmäßig sein, wenn diese auf das Nötigste beschränkt ist, so das LAG.

Ist eine Videoüberwachung hingegen rechtswidrig ergangen, ist es nicht damit getan, die Kamera wieder abzubauen. Ob die Persönlichkeitsverletzung eine Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers auslöst, erfordert eine Gesamtabwägung der konkreten Umstände des Einzelfalls, die insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs nach Art und Schwere, ebenso der Anlass und die Beweggründe des Arbeitgebers, berücksichtigt. Innerhalb des vom LAG entschiedenen Verfahrens, versuchte die Arbeitgeberin den Kameraeinsatz damit zu rechtfertigen, dass die Kamera lediglich zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten eingesetzt wurde.

Das LAG sah die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmerin durch die heimliche Kameraüberwachung massiv beeinträchtigt und verurteilte die Arbeitgeberin zu 2.000 Euro Schadensersatz. Bemerkenswert ist, dass das Gericht nicht nur die Überwachung des unmittelbaren Arbeitsbereiches (Kassenbereich) für unzulässig erklärte, sondern auch die Überwachung an Orten, welche die Beschäftigten gezwungenermaßen auch bei Ankunft und Verlassen des Geländes sowie beim Aufsuchen der Toiletten durchqueren mussten.

Überwachung am Arbeitsplatz – ein schmaler Grat

Praxistipp:

Das Urteil bestätigt, dass die Videoüberwachung einer umfangreichen technischen Planung sowie einer rechtlich „wasserdichten“ Absicherung bedarf.

  • Wollen sich Arbeitgeber rechtskonform verhalten, sind Arbeitnehmer über den Einsatz der Videoüberwachung vollumfänglich zu informieren und es ist eine schriftliche Einwilligung einzuholen.
  • Arbeitgeber sollten beim Einrichten der Videokameras nicht übertreiben. Denn auch wenn der Betriebsrat einer Installation einer Videoüberwachung zustimmt, ist damit eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmer nicht ausgeschlossen.
  • Arbeitgeber sehen sich im Falle schwerwiegender Verstöße der Gefahr einer erheblichen Geldentschädigung ausgesetzt. Bereits 2010 hat das Hessische LAG zwei Arbeitnehmerinnen, deren Arbeitsplätze ohne ihre Einwilligung drei Monate lang mit einer Kamera überwacht worden waren, 7.000 Euro Schadensersatz zugesprochen (Hessisches LAG, Urt. v. 25.10.2010- 7 Sa 1586/09). Die jetzt vom LAG zugesprochenen 2.000 Euro sind so gesehen nicht übertrieben viel. Im Übrigen sind auch die durch eine rechtswidrige Überwachung erlangten Erkenntnisse nicht verwertbar.

Wie können Arbeitgeber und Arbeitnehmer zukünftig damit umgehen?

Was tatsächlich an Überwachung am Arbeitsplatz zulässig ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Jede Maßnahme ist einzelfallbezogen und bedarf dementsprechend auch einer einzelfallbezogenen Rechtfertigung, um juristisch wasserdicht zu sein. Wer sich nicht sicher ist, ob und in welchem Ausmaß er seine Mitarbeiter überwachen darf, oder ob die vom Arbeitgeber getroffene Maßnahme noch gerechtfertigt ist, sollte sich an eine auf Arbeitsrecht spezialisierte Kanzlei wenden.

Gerne ist MSH Rechtsanwälte Ihnen bei den rechtlichen Rahmenbedingungen behilflich und unterstützt Sie dabei.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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