Videoüberwachung am Arbeitsplatz – inwieweit darf der Arbeitgeber tätig werden?

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Die Überwachung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist heute technisch einfacher und kostengünstiger denn je.  

Auch besitzen Arbeitgeber grundsätzlich ein schützenswertes Interesse an der Kontrolle von Verhalten und Leistung ihrer Arbeitnehmer, das sich aus dem Eigentums- und Berufsausübungsrecht gemäß Art. 12 und Art. 14 des Grundgesetzes ableitet. Unternehmen sehen sich zudem mit hohen Compliance-Anforderungen konfrontiert, die insbesondere die Verfolgung strafbarer Handlungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreffen.  Mit der Videoüberwachung können Arbeitsrechtsverstöße einfach festgestellt und in einem gerichtlichen Verfahren -soweit zulässig- als Beweismittel eingebracht werden.  

Diesen Arbeitgeberinteressen stehen auf der anderen Seite das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer und vor allem ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 1 Abs. 1 GG sowie das Recht auf private Datensphäre und Datenhoheit entgegen.  

Ist eine Videoüberwachung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern grundsätzlich verboten? 

Es ist nicht grundsätzlich untersagt, Arbeitnehmer zu filmen. Da die Videoüberwachung einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers darstellt, ist die Zulässigkeit indes an einige Voraussetzungen geknüpft und anhand des Einzelfalls zu prüfen. Eine Verletzung dieser Voraussetzungen kann im gerichtlichen Verfahren neben einem Beweisverwertungsverbot wegen Unzulässigkeit der Maßnahme auch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche auslösen.  

Zwar sind Videoaufnahmen von Arbeitnehmern im Einzelfall zulässig; Tonaufnahmen sind es hingegen nicht. Dies ergibt sich aus § 201 StGB. Denn im Gegensatz zur Videoaufnahme ist es unter Strafandrohung verboten, das nicht öffentlich gesprochene Wort aufzuzeichnen oder abzuhören. Des Weiteren sind Videoaufnahmen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in ihren Wohnungen oder höchstpersönlichen Lebensräume gemäß § 201 a StGB unzulässig und strafbewehrt.   

Es muss zwischen der Videoüberwachung im nicht-öffentlichen und öffentlichen Bereich unterschieden werden. 

Videoüberwachung im nicht-öffentlichen Bereich 

Gemäß dem Bundesdatenschutzgesetz ist bei einer Videoüberwachung in nicht-öffentlichen Bereichen grundsätzlich die Vorlage einer Einverständniserklärung aller von der Videoüberwachung betroffenen Personen vorgesehen. Es sind grundsätzlich folgende Datenschutzgrundsätze zu wahren:

  • Zweckgebundenheit, 
  • Freiwilligkeit, 
  • Informiertheit, 
  • Widerrufbarkeit

Dies gilt gleichermaßen für den Arbeitsplatz. Demnach muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern den Zweck der Überwachung mitteilen. Sie müssen daraufhin der Videoüberwachung freiwillig mittels Einverständniserklärung zustimmen und haben jederzeit das Recht, die Zustimmung zu widerrufen. 

Wann ist eine heimliche Videoüberwachung zulässig? 

Eine zulässige heimliche Videoüberwachung setzt voraus, dass berechtigte Interessen des Unternehmens an einer Überwachung vorliegen. Sie darf nur in nicht öffentlich zugänglichen Räumen stattfinden. Ein möglicher Grund, der eine heimliche Videoüberwachung rechtfertigt, ist die Verfolgung und Aufklärung einer Straftat. Besonders praxisrelevant ist die Einsetzung einer heimlichen Videoüberwachung zur Aufdeckung von Diebstahl. 

Vor dem Einsatz einer solchen Überwachungsmaßnahme muss das Aufklärungsinteresse des Arbeitgebers mit dem Eingriff in Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers abgewogen werden. Die Videoüberwachung muss verhältnismäßig sein und das Interesse des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung überwiegen. Besonders relevant ist, ob die heimliche Videoüberwachung das einzig geeignete Mittel ist, die Interessen des Arbeitgebers zu schützen. Nur wenn der Arbeitgeber keine Alternative hat, kann die Videoüberwachung erforderlich sein und letztlich verhältnismäßig. 

Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen 

Einige Arbeitsplätze, die besonders einschneidend von Videoüberwachung betroffen sind, sind öffentlichen Plätzen zuzuordnen. Sie sind häufig einem besonders hohen Diebstahlrisiko ausgesetzt. U.a. deshalb gelten für sie besondere Regeln. 

Gemäß § 6d Bundesdatenschutzgesetz ist eine Videoüberwachung an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen erlaubt, wenn sie für die Wahrung des Hausrechts erforderlich ist. Des Weiteren ist eine Videoüberwachung zulässig, wenn sie dem öffentlichen Zweck dienen, berechtigte Interessen zu wahren. Auch der Erhalt der öffentlichen Sicherheit oder die Gefahrenabwehr begründen Ausnahmen der Videoüberwachung.                                                                                                              

Wenn an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen Videokameras aufgestellt werden, müssen sie klar als solche erkennbar sein. 

Aufbewahrung der Aufzeichnungen

Gemäß § 6b Abs. 5 BSDG sind Daten grundsätzlich nach Ablauf des Zwecks der Videoüberwachung zu vernichten. Dies kann etwa der Fall sein, wenn keine Belege zur Strafverfolgung mehr erforderlich sind. Wenn eine Straftat aufgeklärt oder ein Verfahren eingestellt wurde, müssen die Aufzeichnungen der Videoüberwachung unverzüglich gelöscht werden. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg urteilte, dass die bei erlaubter Videoüberwachung am Arbeitsplatz gewonnenen Daten spätestens nach Ablauf von zehn Tagen zu löschen sind (Az. 11 LC 114/13). 

Fazit

Eine Überwachung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ohne Einverständniserklärung oder ohne begründeten Anlass, kann schwerwiegende Folgen haben. Dies folgt bereits aus dem Urteil des BAG vom 19.02.2015 Az. 8 AZR 1011/13: Gegenstand der Entscheidung war die unzulässige Anfertigung und Nutzung von Foto- und Videoaufnahmen einer Arbeitnehmerin, die während ihrer angezeigten Arbeitsunfähigkeit von einem von der Arbeitgeberin beauftragten Detektiv bei der Verrichtung privater Tätigkeiten gefilmt worden war. 

In seiner Entscheidung kam das BAG unter Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung nicht nur zur Unzulässigkeit der Überwachung wegen eines erheblichen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmerin, sondern sprach der Arbeitnehmerin auch ein moderates Schmerzensgeld wegen der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu. Kündigungen, die sich nur auf arbeitgeberseitige Überwachungsmaßnahmen stützen, sollten daher immer anwaltlich geprüft werden. 

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