Vorher-Nachher Bilder von ärztlichen Eingriffen - Welche Rechte habe ich?

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Immer mehr "Schönheitseingriffe"


Immer mehr Menschen lassen chirurgische oder minimalinvasive Eingriffe durchführen. Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie ist die Zahl der minimalinvasiven EIngriffe nochmals deutlich angestiegen. Ein Grund hierfür ist, dass sich die Personen häufig vermehrt selbst in „Videocalls“ sehen, sodass ihr Augenmerk auf ihrem eigenen Gesicht liegt und die Unzufriedenheit steigt. Durch das Maskentragen liegt der Blick zudem in der oberen Gesichtshälfte, wodurch die ein oder andere Falte auf der Stirn noch deutlicher wird. Der „Spiegel“ spricht sogar von einem durch die Corona-Pandemie ausgelösten „Boom“ bei Botox und Faltenspritzen.

Der Anstieg dieser ärztlichen (Schönheits-)Eingriffe wird zusätzlich durch die weit verbreitete Nutzung Sozial-Netzwerke wie Instagram gefördert. Auf Plattformen wie Instagram, Facebook oder TikTok nutzen fast alle Nutzer sogenannte „Filtern“. Durch diese „Filter“ werden kleinere Unreinheiten der Haut und/oder Falten „gefiltert“, so dass sie für andere Nutzer der Plattform nicht mehr sichtbar sind. Auch durch diese neuen Funktionen nimmt das Verlangen nach dem perfekten Aussehen immer weiter zu.

Viele (vor allem Junge) Nutzer könne nicht mehr zwischen der virtuellen und der realen Welt unterscheiden und möchten so aussehen, wie ihre (gefilterten) Vorbilder auf Instagram oder TikTok. Da es also immer mehr „Patienten“ für die minimalinvasive Ästhetik gibt eröffnen immer mehr Praxen. Viele dieser Praxen bieten ausschließlich minimalinvasive Eingriffe an. Hierunter verstehen sich keine Operationen, sondern kleine und „weniger schwerwiegende“ Eingriffe, wie eine Faltenbehandlung mit Botox oder eine Unterspritzung mit einem Filler (Hyaluronsäure). Die Überwindung einer derartigen (Schönheits-)Behandlung ist deutlich geringer, als zu einer schönheitschirurgische Praxis zu gehen.

Immer wieder unerlaubte Veröffentlichung von "Vorher-Nacher-Bildern"


Aufgrund der großen Konkurrenzsituation zwischen den einzelnen Praxen wird nicht nur noch über eine aggressive Preiswerbung (wie bspw.: „Botox in der Mittagspause für 99€) geworben. Mittlerweile nutzen viele Praxen die Sozialen-Netzwerke zur Kundenakquise. Dabei zeigen Ärzte und Heilpraktiker auf Plattformen wie Instagram die neusten Ergebnisse ihrer Patienten. 

Von 

  • volleren Lippen,
  • einer „geraden“ Nase,
  • weißen Zähnen oder
  • einem Wangenaufbau

 ist alles dabei. Hierbei wird stets ein „Vorher-Nachher-Bild“ gezeigt, um den Effekt zu verdeutlichen.  


Mein "Vorher-Nacher-Bild" wurde veröffentlicht - Was kann ich tun? 


Viele ehemalige Patienten fragen sich, ob sie akzeptieren müssen, dass die Bilder ihrer Behandlung und das „vorher-Nachher Ergebnis“ auf Plattformen wie Instagram, Facebook oder TikTok oder auf der Website der Praxis landen.

Sofern Sie der Praxis keine Erlaubnis zur Veröffentlichung der „Vorher-Nachher-Bilder“ erteilten und die Praxis Ihre Bilder also ungefragt auf Instagram, Facebook oder der eigenen Website „postete“, können Sie gleich mehrere Ansprüche gegen die Praxis geltend machen.

Zu den Ansprüchen bei unerlaubter Verbreitung von „Vorher-Nachher-Bildern“ gehören insbesondere:

  1. Unterlassung der ungefragten Veröffentlichung und Verbreitung der „Vorher-Nachher-Bilder“ via Instagram, Facebook oder der eigenen Website;
  2. Löschung dieser „Vorher-Nachher-Bilder“
  3. Auskunft, an welchen Stellen die „Vorher-Nachher-Bilder“ noch ohne Erlaubnis veröffentlicht und/oder verbreitet wurden.
  4. Schadenersatzanspruch
  5. Erstattung der Rechtsanwaltskosten

Die Höhe des Schadenersatzanspruches ist Einzelfallabhängig. Wir konnten bereits bis zu 5.000,00 € Schadenersatz für unsere Mandanten geltend machen.


Mein Mitbewerber postet "Vorher-Nachher-Bilder" seiner Patienten - Darf er das?

Neben diesen Ansprüchen der Betroffenen Patienten, können aber auch „Mitbewerber“ Ansprüche geltend machen.

Grundsätzlich dürfen Ärzte und Heilpraktiker nämlich keine Werbung von Eingriffen zeigen. Dies regelt § 11 Abs. 1 S. 3 HWG:

„Ferner darf für die […] operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe nicht wie folgt geworben werden:1.    mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff“

§ 11 Abs. 1 S. 3 HWG nennt hierbei nur die „operativen plastischen-chirurgischen Eingriffe“, d.h. nur größere Eingriffe. Demnach würde nur ein Verbot der Werbung für Operationen wie Brust-Ops gelten, nicht hingegen für kleine Eingriffe mit einer Spritze, die mit Botox oder Hyaluronsäure gefüllt ist. 

Dieser Auffassung folgte das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 03.08.2021, Az. 3-06 O 16/21) nicht.

Die Beklagte zeigte hier Vorher-Nachher-Bilder ihrer Patienten. Hierbei handelte es sich nicht um einen operativen Eingriff, sondern um die sog. minimalinvasiven Eingriffe. Das Landgericht bejahte dennoch einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG und damit einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Die Beklagte habe durch die Veröffentlichung des Vorher-Nachher-Bildes gegen die Marktverhaltensregelung des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG verstoßen. Hiernach ist es Verboten eine Vorher-Nachher-Darstellung zu zeigen.

Die Richter nahmen an, dass ein operativer plastisch-chirurgischer Eingriff bereits dann vorliege, wenn durch die eingesetzten Instrumente die Form- und Gestalt an den Orangen bzw. den Körperoberflächen verändert wird. Demnach setzt der Eingriff gerade kein Skalpell oder ähnliches voraus.

Es genügt daher bereits eine Spritze mit Hyaluronsäure, die anschließend in die Lippen oder Wangen indiziert wird. Durch diese Unterspritzung wird das Gesicht der Patienten verändert, da das Material unter die Haut gelangt - anders als eine Kosmetikbehandlung, die nur oberflächlich stattfindet.

Durch § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG soll verhindert werden, dass sich Patienten überstürzt einer solchen, medizinisch vielleicht nicht notwendigen oder sinnvollen, Operation unterziehen.

Diese Entscheidung des Gerichts macht deutlich, dass das HWG auch für minimalinvasive Eingriffe gilt. Der Begriff des operativ plastisch-chirurgischen Eingriffs soll somit jegliche instrumentellen Eingriffe am bzw. im Körper des Patienten, mit dem Form- und Gestaltveränderungen an den Organen oder der Körperoberfläche vorgenommen werden, erfassen.

Auch das Landgericht Köln entschied in ähnlicher Weise (LG Köln, Urteil vom 05.04.2021 - 81 O 106/20) und sprach dem klagenden Mitbewerber einen Unterlassungsanspruch zu.

In diesen Fällen kommt es auch nicht darauf an, ob die jeweiligen Patienten der Schönheitsbehandlung der Veröffentlichung der "Vorher-Nachher-Bilder" zugestimmt haben.

Daraus folgt, dass Sie nicht schutzlos bei einer (ungewollten) Veröffentlichung von Vorher-Nachher-Bildern sind und neben Unterlassungs-, Löschungs- und Auskunftsansprüchen auch einen hohen Schadenersatzanspruch haben können. Sollten Sie mitbekommen, dass ein Mitbewerber „Vorher-Nachher-Bilder“ auf Instagram, Facebook oder seiner Website veröffentlicht, können Sie sich zur Wehr setzen und Unterlassungsansprüche geltend machen.



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