Vorkaufsrecht des Mieters – fehlende Belastungsvollmacht im Kaufvertrag

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Bei Immobilientransaktionen werden die Mieter oft als störendes Beiwerk empfunden. Insbesondere dann, wenn ihnen ein Vorkaufsrecht zusteht und somit den reibungslosen Erwerb einer Wohnung oder gar eines ganzen Häuserblocks gefährden. Daher gibt es immer wieder Versuche, die Rechte der Mieter auszuhöhlen. Eines davon dürfte die fehlende Möglichkeit der Fremdfinanzierung sein. Um das Problem darzustellen, muss weiter ausgeholt werden:

I. Vorkaufsrecht des Mieters

Bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, erhalten Mieter in der Regel ein sogenanntes Vorkaufsrecht. Das bedeutet, dass wenn der Eigentümer die Wohnung verkaufen möchte, diese auch dem Mieter zum Kauf anbieten muss. Das läuft dann so ab, dass der Eigentümer mit einem Dritten einen Kaufvertrag schließt und im folgenden den Mieter über diesen Kaufvertrag unterrichtet. Der Mieter hat dann die Möglichkeit, diesen Kaufvertrag – wie er steht und fällt – zu übernehmen. Das heißt, er schließt mit dem Vermieter einen Vertrag, der in den wesentlichen Konditionen dem Kaufvertrag mit dem Dritten entspricht. Das betrifft insbesondere den Kaufpreis. 

II. Kaufvertrag "wie er steht und fällt"

Problematisch ist aber, wie es sich mit anderen Vertragsbestandteile verhält und inwieweit der Vermieter/Verkäufer hier auf seine Mieter und dessen Rechte Rücksicht nehmen muss. Das betrifft insbesondere die Frage, ob der Vermieter/Verkäufer dem Mieter eine Belastungsvollmacht einräumen muss, obwohl der eigentliche Kaufvertrag diese nicht vorsieht. Eine Belastungsvollmacht ist notwendig, damit der Kauf einer Immobilie von einer Bank vorab finanziert werden kann. Es ist eine absolute Standardklausel, die in einer ganz überwiegenden Zahl von Immobilienkaufverträgen zu finden ist. Andernfalls wäre der Immobilienerwerb für die Mehrzahl der Menschen nicht möglich, da gerade bei Privatpersonen quasi immer eine Finanzierung der Immobilie durch eine kreditgebende Bank erfolgt. Anders mag das nur bei größeren Immobilien- und Investmentgesellschaften sein, die oft über genug Eigenkapital verfügen, um eine Immobilie bar und en bloc zu erwerben. 

Was also, wenn der Mieter in einen solchen Kaufvertrag ohne Belastungsvollmacht einsteigen möchte? 

III. Eine rechtliche Wertungsfrage

Ausgehend von der Regelung des § 577 BGB könnte nun angenommen werden, dass in solchen Fällen der Mieter Pech hat. Der eigentliche Kaufvertrag sieht eine entsprechende Regelung nicht vor, also gilt das auch für den Kaufvertrag zwischen Mieter und Vermieter/Verkäufer. 

Bei genauerem Hinsehen, dürfte diese Ansicht aber schwierig zu halten sein. Die gesetzlichen Regelungen des §§ 577, 464 f. BGB sind hier nicht ganz eindeutig. Letztlich dürfte der Gesetzgeber diese Konstellation nicht mitgedacht haben. Und entspricht das oben skizzierte Szenario – Immobilieninvestor kauft Häuserblock – nicht genau dem, wovor der Gesetzgeber Mieter schützen wollte? Würde das Vorkaufsrecht dann bei solchen Immobilientransaktionen nicht faktisch leer laufen? Wäre eine entsprechende Vertragsgestaltung – höchstwahrscheinlich anwaltlich beraten! – dann nicht eine bewusstes Aushebeln des § 577 BGB und somit ein Verstoß gegen Treu und Glauben? Meines Erachtens sprechen sehr gute Argumente dafür, dass eine solche Vertragsgestaltung unbillig ist und ein Gericht dieser Ansicht folgen wird. 

IV. Konsequenz

Was also, wenn Ihnen ein Vorkaufsrecht angeboten wird? Zunächst sollten Sie prüfen, ob bei Ihnen eine Belastungsvollmacht in der ursprünglichen Kaufvertragsurkunde zu finden ist. Bereits an dieser Stelle empfiehlt es sich, einen versierten Anwalt zu beauftragen, der diese Frage in kurzer Zeit beantworten kann. Fehlt eine solche Klausel, sollte möglichst schnell Kontakt zum Vermieter/Verkäufer aufgenommen werden. Dieser kann, wenn er denn möchte, die Belastungsvollmacht noch immer in einer separaten Urkunde erteilen. Ob darauf indessen ein Rechtsanspruch besteht, ist noch nicht geklärt. 

Wohl aber besteht die Chance, dass dem Mieter in solchen Fällen ein Schadensersatzanspruch zusteht. Die Höhe des Anspruchs könnte sich zum Beispiel am Wert der Wohnung im vermieteten und unvermieteten Zustand bemessen. Bei gefragten Innenstadtlagen sind das oft 30 % des Kaufpreises oder mehr.

Wichtig ist auf jeden Fall, schnell zu sein, um Ihre Rechte einzufordern.



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