Vorlage an EuGH: Pflicht des Arbeitgebers zur Erfüllung von Urlaubsansprüchen ohne Antrag

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Dem EuGH wurde durch das BAG die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob ein Arbeitgeber nach EU-Recht die Pflicht hat, Urlaub auch ohne entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers von sich aus zu gewähren, wenn der AN den Antrag nicht stellt und dadurch ein Verfall des Urlaubsanspruches zum Jahresende droht.

Der Sachverhalt:

Der als Wissenschaftler beschäftigte Kläger war 13 Jahre lang im Rahmen mehrerer befristeter Arbeitsverträge beim Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis sollte zum 31.12.2013 enden. Der Beklagte forderte im Oktober 2013 den Kläger auf, seinen Urlaub vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Auf diese Aufforderung hin nahm der Kläger im November und Dezember jeweils 1 Tag Urlaub und verlangte kurz vor Ende des Arbeitsverhältnisses erfolglos die Abgeltung von 51 nicht tatsächlich genommenen Urlaubstagen.

ArbG und LAG gaben der Klage auf Urlaubsabgeltung statt. Auf die Revision des Beklagten hin setzte das BAG das Verfahren aus und legte dem EuGH gem. Art. 267 AEUV folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor.

  1. Steht Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (…) über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (…) oder Art. 31 Abs. 2 (…) GRC einer nationalen Regelung wie der in § 7 (…) BUrlG entgegen, die als Modalität für die Wahrnehmung des Anspruchs auf Erholungsurlaub vorsieht, dass der Arbeitnehmer unter Angabe seiner Wünsche bezüglich der zeitlichen Festlegung des Urlaubs diesen beantragen muss, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht, und die den Arbeitgeber damit nicht verpflichtet, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen?
  2. Falls die Frage zu 1. bejaht wird: Gilt dies auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen bestand?

Gründe:

Das BAG begründete die Vorlage damit, dass noch nicht abschließend entschieden werden könne, ob die Urlaubsansprüche des Klägers mit Ablauf des Urlaubsjahres 2013 verfallen waren.

Bei alleinigem Blick auf das deutsche Recht wäre dies der Fall. Gem. § 7 III S.1 BUrlG verfällt der im Urlaubsjahr nicht genommene Urlaub des AN grds. am Ende des Urlaubsjahres, wenn – wie im vorliegenden Fall gegeben – keine Übertragungsgründe gem. § 7 III S2 BUrlG vorliegen. Nach deutschem Recht sind Arbeitgeber auch nicht verpflichtet, Urlaub ohne einen Antrag oder Wunsch des AN im Urlaubsjahr zu gewähren und somit quasi dem AN den Urlaub aufzuerlegen, damit er nicht verfällt.

Es stellt sich aber die Frage, ob sich nicht etwas anderes aus Art. 7 I der Richtlinie (RL) 2003/88/EG und Art. 31 II GRC ergibt. Dies hat der EuGH bislang noch nicht eindeutig entschieden.

Aus dem Urteil des EuGH vom 30.6.2016 (Rs. C-178/15 – „Sobczyszyn“) wird im Schrifttum teilweise abgeleitet, dass Arbeitgeber gem. Art. 7 Abs. 1 RL 2003/88/EG verpflichtet sind, den Erholungsurlaub von sich aus einseitig zeitlich festzulegen. Zudem versteht ein Teil der nationalen Rechtsprechung die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 12.6.2014 (Rs. C-118/13 – „Bollacke“, ArbRB 2014, 195 Schewiola) so, dass der Mindestjahresurlaub gem. Art. 7 RL 2003/88/EG auch dann nicht mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums verfallen darf, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen (vgl. LAG Köln, Urt. v. 22.4.2016 – 4 Sa 1095/15, ArbRB 2016, 266 [Gröne).

Quelle: BAG PM Nr. 63/16 vom 13.12.2016


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